Zum Heiraten verfuehrt
womöglich geliebt hatte, trotz der Verachtung, die ihm von seiner Frau entgegengebracht worden war. Vielleicht hatte er ihr ja deshalb jeden Wunsch so bereitwillig erfüllt … aus Liebe. Während sie seine Verletzlichkeit schamlos ausnutzte. Schon damals hatte sich Sander geschworen, um jeden Preis zu verhindern, dass ihm etwas Ähnliches passierte.
Trotzdem war er jetzt verheiratet und zu allem Überfluss auch noch mit einer Frau, der nicht zu trauen war. Mit einer Frau, die sich ihm so rückhaltlos hingegeben hatte, dass er sogar nach all den Jahren immer noch nicht fähig war, die Bilder aus seiner Erinnerung zu löschen. Es war idiotisch gewesen, sie so nah an sich heranzulassen. Aber er würde dafür sorgen, dass sich das nicht wiederholte.
Nur die Zwillinge plapperten unentwegt in dem Taxi, das sie vom Standesamt zurück zum Hotel brachte. Sander hatte bereits angekündigt, dass er am Nachmittag Termine hatte. Ruby war dankbar für die Ruhepause, in der sie versuchen konnte, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass sie verheiratet war.
Sander bestand darauf, sie alle drei in die Suite zu begleiten, wo er sich mit einem Kuss von den Zwillingen verabschiedete, während er ihr nicht einmal einen Blick gönnte. Das tat weh, aber was hatte sie erwartet? Immerhin hatte er sie ja nicht aus freien Stücken geheiratet.
Die Zwillinge waren erschöpft von der ganzen Aufregung, und Ruby selbst fühlte sich ebenfalls ausgelaugt. Deshalb beschloss sie, die Kinder von einer Mittagspause zu überzeugen und sich dann ebenfalls für eine Weile hinzulegen. Und wenn sie viel Glück hatte, konnte sie vielleicht sogar schlafen und war hinterher ihre Übelkeit und ihre Kopfschmerzen los.
Nachdem sie ihr Hochzeitskleid aus- und ihren alten Morgenmantel angezogen hatte, bereitete sie den Zwillingen eine Kleinigkeit zu essen vor und schickte sie ins Bett. Dann nahm sie zur Entspannung ein kurzes Bad und schlüpfte anschließend, ohne sich richtig abgetrocknet zu haben, nackt zwischen die Laken. Ihr Kopf hatte kaum das Kissen berührt, da war sie auch schon eingeschlafen.
Ruby erwachte widerwillig, geweckt von einem Gefühl nagender Unruhe. Doch es war nur eine Sache von Sekunden, bis sie erkannte, wodurch dieses Gefühl hervorgerufen wurde. In der Suite war es mucksmäuschenstill. Von den Zwillingen war kein Laut zu hören. Wie spät war es? Wie lange hatte sie geschlafen? Ihr Herz hämmerte. Nach einem Blick auf die Uhr wurde ihr klar, dass es mehr als drei Stunden her war, seit sie die Zwillinge ins Bett gebracht hatte. Warum hörte sie nichts von ihnen?
Zitternd vor Angst, schwang sie die Beine über die Bettkante und hob das Handtuch vom Fußboden auf, das sie vorhin einfach fallen gelassen hatte, um sich darin einzuwickeln. Dann rannte sie barfuß ins Zimmer der Zwillinge.
Niemand da . Ihr blieb das Herz stehen, gleich darauf begann es zu rasen.
Im Sturmschritt lief Ruby durch die Suite, riss Türen und Schränke auf und rief nach ihren Söhnen. Sie überprüfte sogar das Sicherheitsschloss an der Eingangstür, für den mehr als unwahrscheinlichen Fall, dass die beiden es irgendwie geschafft haben sollten, die Tür zu öffnen. Und die ganze Zeit über lauerte in ihrem Hinterkopf die grässliche Angst, dass irgendetwas passiert sein könnte.
Die Stille war so erdrückend, dass Ruby das Gefühl hatte zu ersticken. Nach Atem ringend sank sie auf eine Couch. Nur jemand, der selbst Kinder hatte, konnte ermessen, wie grauenerregend ein vollkommen geräuschloser Raum war, der eigentlich von fröhlichen Kinderstimmen erfüllt sein sollte.
Sander … das konnte nur Sander gewesen sein. Sander musste die Kinder mitgenommen haben, deshalb waren sie nicht hier. Eine andere Erklärung gab es nicht. Er musste zurückgekehrt sein, während sie geschlafen hatte. Und hatte seine Chance genutzt. Sein Jawort auf dem Standesamt war genauso unfreiwillig gewesen wie ihres. Er wollte nur die Zwillinge. Seine Söhne. Jetzt hatte er sie.
Ob sie bereits im Flugzeug in Richtung Insel saßen? In Richtung seiner Insel, wo seine Gesetze galten und wo er für sie, Ruby, unerreichbar war? Immerhin hatte er die Pässe von ihr und den Kindern an sich genommen. Aus rechtlichen Gründen, war seine wenig nachvollziehbare Begründung dafür gewesen.
Entsetzen, Panik, Wut, all das ging in ihr wild durcheinander, aber über allem schwebte die Sorge um ihre Söhne. Allein der Gedanke, dass Sander ihnen so etwas angetan haben könnte, brachte sie fast um den
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