Zum Heiraten verfuehrt
Verstand.
Wenig später hörte sie an der Eingangstür zur Suite ein Geräusch. Sie erstarrte. Der Schlüssel drehte sich im Schloss, gleich darauf hörte sie fröhliche Kinderstimmen.
Die Zwillinge!
Sie sprang auf, immer noch unsicher, ob sie sich die Stimmen nicht vielleicht nur einbildete. Doch einen Moment später sah sie, wie ihre Söhne auf sie zustürmten, und Freddie rief atemlos: „Mummy, Mummy! Du hast noch geschlafen, da ist Daddy zurückgekommen und gesagt, dass wir uns anziehen sollen, weil wir ins Café gehen.“
Ruby ging in die Knie und schloss, überflutet von einer riesigen Welle der Erleichterung, ihre Söhne in die Arme. Sie drückte die kleinen warmen Körper ganz fest an sich, unfähig, auch nur ein einziges Wort zu sagen. Die Zwillinge waren ihr Leben. Und so dauerte es eine ganze Weile, bis sie es schaffte sie loszulassen.
Sander stand da und beobachtete die Szene schweigend. Erst als Ruby sich wieder aufrichtete und seinen Blick auffing, wurde ihr bewusst, dass ihre einzige Bekleidung das Badelaken war.
Ohne etwas zu sagen, lief sie eilig ins Schlafzimmer zurück, wo sie das Frotteehandtuch aufs Bett warf und in einen frischen Slip schlüpfte, bevor sie sich in ihren alten Morgenrock wickelte. Ihr war egal, wie sie aussah, und erst recht war ihr egal, was Sander wohl von ihrem abgetragenen Bademantel halten mochte. Sie wollte nur so schnell wie möglich wieder zu ihren Söhnen. Was er von ihr dachte, interessierte sie nicht. Die Tatsache, dass Sander die Zwillinge am Ende doch nicht wie befürchtet entführt hatte, trat jetzt hinter der Erkenntnis zurück, dass es problemlos möglich gewesen wäre. Nachdem sie eine Kostprobe davon erhalten hatte, wie es sich anfühlte, wenn man seine Kinder verlor, wusste sie mit untrüglicher Sicherheit, dass sie zu allem, aber auch wirklich zu allem bereit war, um die Zwillinge zu behalten.
Mit zitternden Fingern verknotete sie den Gürtel ihres Morgenrocks. Aus dem Wohnzimmer drangen Comicstimmen, und bei ihrer Rückkehr sah sie, dass die Zwillinge vor dem Fernseher auf der Couch saßen und sich einen Zeichentrickfilm ansahen. Sander hatte am Schreibtisch vor seinem Laptop Stellung bezogen.
Weder Ruby noch Sander sagten irgendetwas, als sie sich zu den Kindern setzten, aber für beide Erwachsene war die in der Luft liegende Spannung mit Händen zu greifen.
Als Ruby den Zwillingen eine Stunde später zum Einschlafen noch eine Gute-Nacht-Geschichte vorlas, musste sie feststellen, dass zwar ihre Kopfschmerzen abgeklungen waren, sich dafür jedoch Schuldgefühle ihrer bemächtigt hatten, die ihr noch mehr zu schaffen machten. Nachdem sie zu Ende gelesen hatte, blieb sie noch eine Weile sitzen, bis sie glaubte, sichergehen zu können, dass die Zwillinge auch wirklich eingeschlafen waren. Heute war etwas Ungeheuerliches passiert, das sie immer noch tief erschütterte. Wie hatte sie so tief schlafen und die Sicherheit ihrer Kinder dabei so sträflich vernachlässigen können?
Es widerstrebte ihr, die Jungen allein zu lassen. Am liebsten wäre sie die ganze Nacht an ihrem Bett geblieben.
Als sie sah, dass sich die Schlafzimmertür öffnete, erstarrte Ruby und flüsterte: „Was willst du?“
„Meinen Söhnen gute Nacht sagen.“
„Sie schlafen bereits.“ Ruby stand auf, um ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen, aber Sander stellte den Fuß dazwischen und zwang sie, die Klinke loszulassen. Und einen Augenblick später musste sie mit ansehen, wie er den Jungen einen Gute-Nacht-Kuss auf die Stirn drückte.
Ruby machte auf dem Absatz kehrt, um in ihr eigenes Zimmer zu gehen. Auf der Schwelle drehte sie sich noch einmal um und sagte scharf: „Du hattest kein Recht, die Kinder ohne meine Einwilligung einfach mitzunehmen.
„Sie sind meine Söhne. Ich habe jedes Recht der Welt. Außerdem hätte ich dir ja Bescheid gesagt, wenn du nicht …“
Bescheid gesagt, nicht gefragt. Ruby entging nicht der feine Unterschied in seinen Worten. Sie wurde von einer Welle besinnungsloser Wut überschwemmt, die eine Nachwirkung des Schocks war.
„Wenn du nicht geschlafen hättest.“
„Und warum hast du mich nicht geweckt? Ich habe als Mutter schließlich ein Recht darauf zu wissen, wo sich meine Kinder aufhalten.“
„ Du hast ein Recht? Und wo bleiben ihre Rechte? Was ist mit ihrem Recht auf eine Mutter, die die Bedürfnisse ihrer Kinder wichtiger nimmt als ihre eigenen? Es wundert mich nicht, dass eine Frau, die sich nachts amüsiert, den versäumten
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