Zum Heiraten verfuehrt
sich bei dem Treffen mit Sanders Schwester sicherer zu fühlen? Unter normalen Umständen könnte sie ihre Befürchtungen offen aussprechen, aber wenn die Umstände normal wären, hätte sie ihm ja auch längst von dem neuen Baby erzählt, und sie hätten sich zusammen freuen können. Nein, hier war leider nichts normal.
„Sie werden Elena mögen, obwohl sie redet wie ein Wasserfall und meistens vergisst, ihr Gegenüber auch mal zu Wort kommen zu lassen.“ Anna schüttelte missbilligend den Kopf. „Diese schlechte Eigenschaft wollte ich ihr schon als Kind austreiben, aber ich habe es leider nicht geschafft.“ Sie hatte Ruby angeboten, beim Packen zu helfen, allerdings eher, um ihr Mut zu machen, und nicht, weil sie davon ausging, dass Ruby ihre Hilfe brauchte.
„Elena ist mächtig stolz auf ihre Brüder, besonders auf Sander, und wenn sie sieht, wie sehr Sie ihn lieben, wird sie sich für ihn freuen.“
Ruby fielen vor Schreck die Pumps aus der Hand, die sie gerade einpacken wollte. Wie sehr sie Sander liebte ? Wie um alles in der Welt kam Anna darauf, dass sie Sander lieben könnte? Wo doch das genaue Gegenteil der Fall war?
Aber war das denn wirklich so?
Selbstverständlich. Er hatte ihr schließlich keinen Grund gegeben ihn zu lieben, oder?
Doch seit wann brauchte die Liebe einen Grund? Und was für einen Grund hätte es in diesem Club in Manchester für Ruby geben sollen, sich auf den ersten Blick in ihn zu verlieben? In dem Moment, in dem sie zum ersten Mal auf ihn aufmerksam geworden war, hatte ihr Herz einen riesigen Satz gemacht, während sie gleichzeitig wie magnetisch von ihm angezogen worden war.
Das war nicht mehr als die Reaktion eines naiven Mädchens gewesen, das sich nach seinem Traumprinzen gesehnt hatte, nach einem weißen Ritter, der es aus seinem Elend errettete, versuchte Ruby sich mit wachsender Panik einzureden.
Sie hatte Anna ganz sicher völlig falsch verstanden. Sie musste sie einfach falsch verstanden haben. Aber als sie sich so weit erholt hatte, dass sie die Haushälterin wieder ansehen konnte, stellte sie fest, dass Anna keine Sekunde an ihrem Befund zweifelte.
Wie konnte das sein? Hatte sie irgendwann angefangen, Sander zu lieben? War es möglich, dass dieses quälende Verlangen, das sie nach ihm verspürte, eben doch mehr war als schlichtes körperliches Verlangen? Immerhin war er der Vater ihrer Kinder, und wenn sie sich recht erinnerte, musste sie zugeben, dass sie anfangs geglaubt hatte, nur schwanger geworden zu sein, weil sie sich in ihn verliebt hatte. Unerfahren, verängstigt und allein, wie sie es damals gewesen war, hatte sie sich unbedingt einreden wollen, dass die Zwillinge Kinder der Liebe waren. Aber womöglich stimmte das ja.
Und hatte es dieses neue Baby nicht auch verdient, ein Kind der Liebe zu sein?
„Sie werden Elena mögen“, wiederholte Anna überzeugt. „Genauso wie umgekehrt.“
An diese Worte klammerte sich Ruby mehrere Stunden später, nachdem ihr Flugzeug in Athen gelandet war und in der Ankunftshalle eine auffallend modisch gekleidete dunkelhaarige junge Frau im Laufschritt auf Sander und sie zukam. Ihre Augen lagen hinter einer großen dunklen Sonnenbrille verborgen.
„Oh, hallo! Du meine Güte, ich hatte schon Angst, ich komme zu spät. Was für ein grässlicher Verkehr … und dann auch noch dieser Wahnsinnssmog! Kein Wunder, dass unsere wertvollen Baudenkmäler alle in Gefahr sind. Ach übrigens, Sander, von Andreas soll ich dir sagen, dass er den Vertrag mit den Taiwanesen praktisch in der Tasche hat … oh, und ich will, dass ihr heute Abend zum Essen zu uns kommt. Es ist keine große Sache, einfach nur …“
„Elena, wirklich, du redest wie ein Buch. Mach mal Pause, damit ich dir Ruby vorstellen kann.“ Sander klang amüsiert, aber entschieden. Seine Schwester lachte und zog Ruby in eine vor Herzlichkeit überströmende Umarmung.
„Freut mich riesig, dich kennenzulernen. Anna hat mir schon erzählt, wie glücklich Sander sich schätzen kann, dass er dich abbekommen hat. Bloß schade, dass ihr die Zwillinge nicht dabei habt, wo ich doch schon so gespannt bin auf sie! Das müssen wir aber wirklich unbedingt bald nachholen, okay? Und war das nicht ein echtes Glück, dass mir die beiden auf dem Flughafen in Manchester aufgefallen sind? Ohne mich wärt ihr nämlich bestimmt immer noch nicht wieder zusammen.“
Während sie das Flughafengebäude verließen, meinte Sander: „Ich schlage vor, du lässt mich fahren, Elena. Ich habe
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