Zum Heiraten verfuehrt
hinausschieben. Sie brauchte Sicherheit, deshalb nahm sie sich vor, so schnell wie möglich einen Schwangerschaftstest zu machen. Und wenn der Test dann tatsächlich positiv war, blieb ihr nichts anderes übrig, als Sander die Wahrheit zu sagen. Es war schließlich nicht allein ihre Schuld. Schwanger wurde man nur zu zweit, und sie konnte sich immerhin darauf berufen, dass sie die Pille regelmäßig eingenommen hatte.
Allerdings war ihr anfangs wegen ihrer Migräne oft so übel gewesen, dass sie sich sogar mehrmals hatte übergeben müssen. Dabei hatte sie nicht daran gedacht, dass sich das nachteilig auf die Wirkung der Pille auswirken konnte. Das würde Sander doch bestimmt verstehen, oder? Und wenn nicht? Was war, wenn er ihr vorwarf, absichtlich schwanger geworden zu sein? Aber warum sollte sie ihn täuschen? Es ließ sich unmöglich vorhersagen, wie er reagieren würde. Schlimm war nur, dass er ständig irgendwo Verrat witterte, was laut Anna ein trauriges Erbe war, das er der Beziehung zu seiner Mutter zu verdanken hatte. Wegen der unguten Erlebnisse in seiner Kindheit war ihm Misstrauen zur zweiten Natur geworden.
Deshalb nahm Ruby sich vor, ihm schon heute von ihrem Verdacht zu erzählen, wobei sie nur hoffen konnte, dass er sich nicht allzu sehr aufregte.
Nachdem sie ihre Überlegungen beendet hatte, versuchte sie sich zu entspannen. Eine Weile später trat Sander aus dem Haus und schaute sich um. Suchte er sie? Anscheinend. Als er sie entdeckt hatte, kam er auf sie zu und erklärte ihr, morgen mit ihr nach Athen zu fliegen, weil seine Schwester sie unbedingt kennenlernen wollte.
Das war eine ganz neue Situation. Da war es doch bestimmt vernünftiger, die Aussprache mit ihm bis nach ihrer Rückkehr aus Athen zu vertagen, oder? Damit er mehr Muße hatte, um über die veränderte Situation nachzudenken. Ruby war sicher, dass er zuerst einmal wütend werden würde, aber das legte sich hoffentlich bald. Im Grunde genommen war ja nicht einzusehen, warum er das neue Kind nicht lieben sollte, ganz egal was er im ersten Moment darüber dachte. Die Zwillinge liebte er schließlich auch.
„Ich habe ein Apartment in Athen, das ich nutze, wenn ich in der Stadt zu tun habe. Dort werden wir übernachten. Und Anna bleibt mit den Zwillingen hier.“
„Was? Ich soll die Zwillinge hierlassen? Das kann ich nicht.“ Ruby war entsetzt. „Sie waren noch nie über Nacht allein.“
Ihre Bestürzung konnte unmöglich gespielt sein, dafür hatte sie viel zu spontan reagiert. Sander versuchte, sich seine Mutter in einer ähnlichen Situation vorzustellen. Völlig undenkbar, dass sie einen Ausflug in eine Großstadt mit all ihren verlockenden Einkaufsmöglichkeiten abgelehnt hätte, weil sie es als ihre Pflicht ansah, bei ihren Kindern zu bleiben. Seine Mutter hatte das Leben auf der Insel gehasst und war ständig bemüht gewesen, ihm zu entkommen.
„So wie ich Elena kenne, wird sie dich den ganzen Tag mit Beschlag belegen, und ich habe Termine. Die Zwillinge sind hier mit Anna bestimmt besser aufgehoben.“
Als er die Unsicherheit sah, die sich auf Rubys Gesicht spiegelte, ergänzte er: „Auf Anna ist hundertprozentig Verlass, sie wird sich gut um die beiden kümmern, glaub mir. Andernfalls würde ich sie ganz bestimmt nicht hierlassen.“
Rubys Gesicht hellte sich auf.
„Oh, ich weiß schon, dass auf dich Verlass ist, wenn es um das Wohl der Zwillinge geht. Niemand kann übersehen, wie sehr du sie liebst.“
Ihr spontanes Lob hatte eine erstaunliche Wirkung auf ihn, wie Sander feststellte. Es war wie ein heller Lichtstrahl, der eine schier undurchdringliche schwarze Wolkendecke durchbrach. Er war überrascht und verwirrt über die ungetrübte Freude, die ihre Worte in ihm auslösten. Es fühlte sich an, als ob sie beide an einem Strang zögen und als ob sie … als ob sie ihm vertraute. Ruby ging ganz offenbar davon aus, dass er für ihre Söhne die richtige Entscheidung traf. Fast starr vor Erstaunen registrierte er, dass er von gänzlich unbekannten Gefühlen überschwemmt wurde. Dabei verspürte er den unerklärlichen, fast überwältigenden Drang, Ruby in die Arme zu schließen und festzuhalten. Er machte einen Schritt auf sie zu, aber dann gewann sein Bedürfnis sich selbst zu schützen wieder die Oberhand, und er blieb stehen.
Ruby seufzte. Sie wusste, dass ihre Befürchtungen unnötig waren. Natürlich waren die Zwillinge bei Anna in guten Händen. Wollte sie ihre Söhne womöglich nur bei sich haben, um
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