Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)
Kommunikation mit dem Schiff endgültig abbrach, konnte dessen Kapitän Gerardo De Rosa noch eine kurze Botschaft absetzen. Die Nachricht von der Geiselnahme ging sofort um die ganze Welt.
Im Operationsbüro des SEAL Team Six lief in einem Fernseher in einer Ecke des Raums ständig CNN. Über diesen Nachrichtensender und nicht durch eine offizielle Meldung erfuhr das Six erstmals von diesem Terrorangriff. In den folgenden Stunden stand unser ganzes Team ständig in höchster Alarmbereitschaft. Obwohl wir die Berichterstattung von CNN genau verfolgten, war unser erster Gedanke, dass ein italienisches Schiff wohl auch ein italienisches Problem sei.
Der damalige italienische Ministerpräsident Bettino Craxi weigerte sich anfangs, irgendeine Hilfe vonseiten der Reagan-Regierung anzunehmen. Während die italienische Regierung öffentlich verkündete, sie sei bereit, das Schiff mit Gewalt zurückzuerobern, hielt sie es insgeheim für das Beste, umgehend mit den Entführern Verhandlungen aufzunehmen. Das war vielleicht gar keine so falsche Entscheidung, denn die italienischen Kommandoeinheiten, mit denen wir bald zusammenarbeiten sollten, machten, gelinde gesagt, nicht den besten Eindruck. In Wahrheit verfügten die Italiener überhaupt nicht über die Truppen und Gerätschaften, die für eine Wiedereroberung ihres Schiffs nötig gewesen wären. Ihre einzige Option war also eine dezidierte Beschwichtigungspolitik und die damit verbundende nachgiebige Haltung.
Und so verstrich an diesem Montagnachmittag Stunde um Stunde. Am frühen Abend wurde dann gemeldet, dass sich an Bord dieses Schiffes amerikanische Staatsbürger befänden. Sie waren eindeutig in Gefahr. Craxis strikte Ablehnung jeder Hilfe spielte jetzt keine Rolle mehr. Nach den Bestimmungen des Völkerrechts waren die Vereinigten Staaten berechtigt, ein Schiff aufzubringen, das von Piraten gekapert worden war, und so fiel die Entscheidung, das SEAL Team Six einzusetzen.
Unsere Mobilisierung verlief glatt und ohne jede Verzögerung. Das Team hatte bereits mehrere solche Einsätze in der »realen Welt« absolviert und oft genug diese Bereitstellungsmaßnahmen geübt. Nach erstaunlich kurzer Zeit stand unsere gesamte Einheit in Kampfausrüstung auf einer Navy-Flugbasis in der Nähe unseres Team-Stützpunkts in Bereitschaft. Dort warteten wir jetzt ungeduldig, bis die Air Force uns endlich ihre Transportflugzeuge schicken würde.
Wertvolle Stunden verstrichen, in denen die gesamte Assault-Einheit zwischen Kisten und Paletten voller Gerät am Ende einer verdunkelten Startbahn saß. Wie alle in unserem Team schäumte ich vor Wut. Trotzdem war ich lange nicht so wütend wie Moose.
Moose hatte einen Marschbefehl nach Rom erhalten, wo er in der amerikanischen Botschaft als Verbindungsoffizier des Joint Command der Spezialtruppen tätig werden sollte. Es war ein wichtiger Auftrag, er würde den Botschafter direkt beraten, aber er würde nicht an der eigentlichen Aktion teilnehmen dürfen. Er schaute deshalb ziemlich enttäuscht drein, als er zu seinem Linienflug aufbrach.
Im Südosten Virginias war die Nacht des 7. Oktober kühl und neblig. Die Rastas saßen immer noch wie alle anderen am Ende dieser Startbahn. Uns alle erfüllte ein Gefühl der zuversichtlichen Anspannung. Für einen solchen Einsatz hatte man das Team gegründet. Wir wussten, dass wir ihn erfolgreich ausführen konnten. Wir konnten damals allerdings noch nicht wissen, dass diese Operation genau so enden würde, wie sie begonnen hatte, und wir dann wieder in einiger Verwirrung auf einer abgedunkelten Startbahn sitzen würden. Erst in den frühen Morgenstunden des 8. Oktobers, einem Dienstag, landeten die ersten von mehreren Air-Force-Transportmaschinen und öffneten ihre Laderampen.
Während die Flugzeuge das Team nach Osten über den Atlantik flogen, wurde ein Plan entwickelt, wie man das Schiff zurückerobern könnte. Das Team Six war aufgrund seiner speziellen Ausbildung bereit und fähig, direkt vom Flugzeug aus anzugreifen. Dieser Plan war vernünftig und hätte wohl auch funktioniert. Doch das Ziel musste erst einmal gefunden werden, denn die Achille Lauro war irgendwo im östlichen Mittelmeer verschollen.
Kurz nachdem die Entführer in die Speiseraumdecke geschossen hatten, befahlen sie dem Kapitän, den weiter nördlich liegenden syrischen Hafen Tartus anzulaufen. Nachdem Kapitän De Rosa geistesgegenwärtig noch einen Notruf abgesetzt hatte, ordneten die Terroristen jetzt absolute Funkstille
Weitere Kostenlose Bücher