Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)
das Ganze richtig zu genießen. Er blitzte die Männer an, stieg auf den Tresen hinüber und ging ihn in ganzer Länge entlang.
»Also gut«, knurrte er, »wer ist der toughste, härteste Motherfucker in dieser Bar?«
Ein riesiger Green Beret stand auf. Der Junge war 1,95 Meter groß und bestimmt 115 Kilo schwer.
»Das bin ich«, sagte er.
John musterte ihn von oben bis unten. »Du bist der toughste Motherfucker in dieser Bar?!«
»Das habe ich doch gerade gesagt, alter Mann«, antwortete der Green Beret.
»Gut«, sagte John. »Du übernimmst jetzt, ich muss nämlich pissen.«
Der ganze Laden brach in ein Höllengelächter aus und die Spannung war endgültig gebrochen. John sprang vom Tresen herunter und zwinkerte mir zu. Das war ein großartiger Auftritt gewesen. Ich brachte jedoch später niemals den Mut auf, ihn irgendwo nachzuahmen. Ich hatte gerade einen Meister in Aktion erlebt.
Am Freitag war Neujahr, dann war ich seit anderthalb Jahren ein vollgültiger SEAL. Den Feiertagsurlaub hatte man in diesem Jahr in zwei Teile aufgespalten. Die Hälfte der Einheit durfte sich über Weihnachten eine Woche freinehmen, und die andere Hälfte bekam die Neujahrswoche frei. Ich selbst hatte auf meinen Urlaub verzichtet. Ich war Junggeselle, und so gerne ich meine Eltern in Mississippi besucht hätte, war doch der Reiseaufwand viel zu groß. Außerdem hatte ich bereits an Thanksgiving ein Wochenende bei ihnen verbracht. Ich übernahm freiwillig die Wachbereitschaft an Heiligabend und noch einmal während der Neujahrswoche. Der Dienst war einfach. Abgesehen von den beiden Nächten, die ich im Teambereich verbrachte, war es im Grunde wie eine Urlaubswoche. Es war überhaupt nichts los. Ich war froh, dass ich dazu beitragen konnte, dass die Jungs, die Familie hatten, die Feiertage zu Hause verbringen konnten.
Ein befreundeter Red-Wolf-Pilot mit dem kuriosen Namen Wilbur hatte mich zu einer Neujahrsparty eingeladen. Die Fete sollte in Wilburs Haus im North End von Virginia Beach stattfinden, einem Viertel, das für mich bis heute etwas Besonderes ist. Wilburs Freunde waren meistens Marineflieger und nannten sich »die 58 th Street Beach Bullies«. Ich freute mich über diese Einladung, weil ich nicht glaubte, dass eine Prügelei im Casino ein guter Anfang des neuen Jahres gewesen wäre.
Wilburs Haus lag direkt am Meer, eine etwas marode, dreistöckige Strandvilla aus den 1920er-Jahren. Als ich ankam, wehte ein starker, kalter Wind von der Brandung herüber. Drinnen war es jedoch brechend voll und warm. Ich verstaute meinen Mantel, bedankte mich beim Gastgeber und jemand mixte mir einen sehr großen Drink. Eine Frau, die ich nicht kannte, kam auf mich zu, gab mir einen Kuss und überreichte mir einen spitzen Party-Hut, auf dem »Mehr Glück im nächsten Jahr« stand.
Drei Minuten später begegnete ich der Frau, die ich später heiraten sollte.
Margot Attman war blond, attraktiv, 1,82 Meter groß und um ihre Mundwinkel kräuselte ständig ein leicht ironisches Lächeln. Sie sah ein wenig wie Faye Dunaway aus. Während dieser Filmstar jedoch oft etwas ephemer erschien, war Margot sportlich und direkt. Sie verfügte über einen beißenden Witz. Als ich sie zum ersten Mal sah, stand sie an einer Tür, die auf die Veranda hinausführte. Sie lehnte sich gegen den Türrahmen. Ein Fuß stand auf dem Boden, den anderen hatte sie fast bis zum Oberschenkel angezogen. Ihre Beine waren außerordentlich lang. In der einen Hand hielt sie einen Drink, mit der anderen griff sie sich an die Taille, wobei sie einen Daumen wie ein Cowboy durch eine Gürtelschlaufe ihrer Hose gesteckt hatte. Sie hielt den Kopf leicht gesenkt und ihre blauen Augen waren halb geschlossen. Sie hörte einem kleinen, kahl werdenden Mann zu – zumindest tat sie so –, der ihr gerade einen Witz erzählte.
Unsere Augen begegneten sich, als ich an ihr vorbeiging. Ich bin eigentlich nicht der große Aufreißer, aber sobald der Glatzkopf verschwunden war, ging ich auf sie zu.
»Gott sei Dank«, sagte sie. »Sie haben auch einen Großen eingeladen.«
Ich war hin und weg.
Wir unterhielten uns und tanzten, und ihre Freunde beobachteten uns und fragten einander, wer ich war. Margot zog sie ein bisschen auf, so wie sie es später auch mit mir tun würde. Sie erzählte ihrer Freundin Wanda, ich sei ihr Stiefbruder. Einem andere machte sie weis, ich sei ihr Pool-Junge.
Als wir endlich etwas länger miteinander reden konnten, erzählte sie mir, sie sei Lehrerin. Sie
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