Zum Lieben verfuehrt
Teil meiner Sachen zu schicken.“
„Nein.“
„Nein? Warum nicht?“
„Das fragen Sie? Im Moment sehen Sie aus wie eine biedere Hausfrau, die nichts anderes als ihre Familie im Kopf hat. Praktische Jeans, Blazer, Turnschuhe … eine Frau, die nicht mal im Traum erwägt, männliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen – im Gegenteil. Man könnte auf die Idee kommen, dass Sie die Männer vielleicht sogar abschrecken wollen.“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung, die Lizzie in ihrem weiblichen Stolz verletzte.
„Nicht jede Frau verspürt den Drang, ihre körperlichen Reize so offen zur Schau zu stellen. Manche mögen es eben etwas diskreter. Und sie sind sogar stolz darauf“, sagte sie heftig.
„Und darf man vielleicht auch erfahren, was genau Sie mit ‚diskreter‘ meinen?“, fragte Ilios. „Todlangweilige Oberbekleidung und sogenannte sexy Dessous darunter, oder was?“
Lizzie, die spürte, wie ihr die Röte in die Wangen schoss, beugte den Kopf über ihr Weinglas, sodass ihre Haare nach vorn fielen, und hoffte, dass er ihre Verlegenheit nicht bemerkte. Diesmal hatte Ilios voll ins Schwarze getroffen – unbewusst natürlich. Wie oft hatten ihre Schwestern sie nicht schon geneckt, weil sie ganz verrückt nach Reizwäsche war, und zwar je aufregender, desto besser.
Ilios glaubte prompt erraten zu können, warum sie so verlegen seinem Blick auswich. Weit größere Sorge aber machten ihm die körperlichen Auswirkungen, die ihm die Erkenntnis, dass Lizzie Wareham unter ihrer schlichten Kleidung sexy Unterwäsche trug, unbegreiflicherweise beschert hatte. Seine letzte Affäre lag schon eine ganze Weile zurück, aber das konnte unmöglich der Grund für den wilden Bilderreigen sein, der durch seinen Kopf zog und diese höchst befremdliche körperliche Reaktion bei ihm hervorrief.
Ilios konnte sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal so froh gewesen war, an einem Tisch zu sitzen. So eine Peinlichkeit passierte normalerweise nur einem Teenager, der seine Sexualität noch nicht unter Kontrolle hatte, aber doch keinem Mann Mitte dreißig, geschweige denn ihm. Die Fantasie gaukelte einem manchmal seltsame Dinge vor, die in Wirklichkeit nicht existierten. Und seine Reaktion hatte nichts, aber auch gar nichts mit Lizzie Wareham zu tun, sondern mit irgendwelchen Bildern, die ausschließlich in seinem Kopf herumgeisterten. Er konnte diese Frau unmöglich begehren. Er war einfach nur erregt, schlicht und ergreifend. Jeder attraktive Frauenkörper hätte bei ihm dieselbe Reaktion hervorgerufen. Lizzie Wareham zu begehren gehörte nicht zu seinem Plan, und deshalb konnte es auch nicht sein.
„Ich muss noch arbeiten. Am besten nutzen Sie die Gelegenheit, um früh zu Bett zu gehen“, fertigte er Lizzie kurzerhand ab.
Nicht, dass er sie aus dem Weg haben wollte, weil ihre Nähe eine beunruhigende Wirkung auf ihn hätte, bestimmt nicht! Es war einfach nur so, dass er sie im Moment … dass er sie im Moment … nicht brauchen konnte.
Lizzie hob den Kopf. Ihr Gesicht brannte jetzt noch mehr, weil ihr Körper prompt auf das Wort „Bett“ reagiert hatte.
„Ja, das ist gut, ich … es war ein langer Tag“, brachte sie mühsam heraus, mehr als erleichtert darüber, ihm endlich zu entkommen.
5. KAPITEL
„Ich habe in einer halben Stunde eine Besprechung.“ Ilios war bereits aufgestanden und trank den letzten Schluck Kaffee im Stehen. Lizzie blieb sitzen. Sie beobachtete, wie er einen Blick auf seine Armbanduhr warf, bevor er fortfuhr: „Ihre neue Garderobe müsste in etwa einer Stunde hier eintreffen. Sollte irgendetwas nicht passen, sagen Sie mir einfach Bescheid. Sie brauchen mir nicht zu danken.“
„Das hatte ich auch nicht vor“, konterte Lizzie verärgert.
Ilios überhörte es und fuhr fort: „Sie werden mich heute Abend zu einer Vernissage begleiten. Selbstverständlich erwarte ich, dass Sie dann einen Verlobungsring tragen. Deshalb lasse ich mir eine Auswahl Ringe ins Büro schicken und bringe sie später mit. Und … ach so, irgendwann im Lauf des Tages kommt Maria zum Saubermachen.“ Er zog seine Brieftasche heraus und entnahm ihr ein Bündel Hundert-Euro-Scheine.
„Die werden Sie sicher brauchen, davon gehe ich aus. Und falls Sie mich anrufen wollen, finden Sie meine Telefonnummer im Adressbuch Ihres Handys. Ich habe sie eingegeben. Übrigens ein ziemlich gewöhnliches Gerät, wenn Sie mich fragen. Ich finde, gerade Sie als Innenausstatterin sollten etwas mehr Wert auf Design legen,
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