Zum Lieben verfuehrt
ausatmete, fuhr Ilios gnadenlos fort: „Ich will weder Ihren Körper noch Ihr Verlangen. Sollten Sie also versucht sein, mir eins oder gar beides anzubieten, kann ich Ihnen nur raten, es bleiben zu lassen.“
So. Das müsste eigentlich reichen, entschied Ilios. Jetzt würde es bestimmt zu keiner weiteren peinlichen Situation kommen, in der sein Körper unerwünscht auf ihre Nähe reagierte.
Ihm war offenbar nicht entgangen, dass ihr Körper verrückt spielte. Lizzie hätte sich am liebsten im hintersten Winkel des Wagens verkrochen.
Dummerweise war sie jetzt viel zu verunsichert, um noch einmal einschlafen zu können, deshalb stellte sie die Rückenlehne wieder in die ursprüngliche Position. Dabei informierte sie ihn so sachlich wie möglich: „Natürlich muss ich zu Hause irgendeinen Grund für meine Abwesenheit nennen. Ich denke, es ist wohl am besten, wenn ich erst mal sage, dass Sie in Griechenland einen Auftrag für mich haben. Alles andere wäre auf die Entfernung wahrscheinlich zu kompliziert.“
„Einverstanden. Obwohl hier unsere Hochzeit natürlich öffentlich sein wird. Deshalb sollten wir uns auch eine passende Vorgeschichte ausdenken. Zum Beispiel könnten wir sagen, dass wir uns in London kennengelernt und unsere Beziehung geheim gehalten haben, bis ich beschlossen habe, Sie zu heiraten.“
„Bis wir beschlossen haben zu heiraten“, widersprach Lizzie gereizt und erwiderte fest seinen ungläubigen Blick, aber er schwieg.
„Wir sind bald da“, sagte er nach einer ganzen Weile in das Schweigen hinein, das sich zwischen ihnen breitgemacht hatte. „In welchem Hotel haben Sie gebucht?“
„Ich … ich wollte eigentlich in einem der Apartments übernachten“, erwiderte Lizzie zögernd.
„Heißt das, Sie haben noch gar kein Hotelzimmer?“, fragte er verärgert.
Lizzie schluckte. In der ganzen Aufregung hatte sie völlig vergessen, dass sie ja irgendwo übernachten musste. „Am besten lassen Sie mich einfach irgendwo in der Innenstadt raus, ich finde mich dann schon zurecht.“
Sie musste auf jeden Fall verhindern, dass er sie bei einem Fünf-Sterne-Hotel absetzte, das sie sich weder leisten konnte noch wollte.
Ilios schob seinen Unmut beiseite und dachte nach. Wenn er sie jetzt in einem Hotel unterbrachte, bestand die Gefahr, dass man sich womöglich später an sie erinnern könnte. Nicht, dass ihm ihre Aufmachung als kompromittierend erschienen wäre, aber in seinen Kreisen liebte man nichts mehr als Klatsch, und er wollte verhindern, dass irgendjemand unangenehme Fragen stellte.
Sie fuhren eine breite Straße hinunter, vorbei an einem spektakulären Turm aus Marmor und Glas. Bevor Lizzie sich dazu äußern konnte, bog Ilios auch schon ab und rollte eine Rampe hinunter, in die Tiefgarage des Hochhauses.
„Wo sind wir?“, fragte sie unsicher, als er den Wagen zum Halten brachte.
„Bei Manos Construction“, antwortete er. „Unter den gegebenen Umständen erscheint es mir am besten, wenn Sie von Anfang an bei mir wohnen. Den Leuten wird es völlig normal vorkommen, und da Sie für heute noch kein Hotelzimmer gebucht haben, steht dem nichts im Wege.“
Sie sollte bei ihm wohnen? Heute Nacht schon? Lizzies Kehle fühlte sich plötzlich wie zugeschnürt an.
„Sie sagen ja gar nichts.“
„Was soll ich denn sagen? Danke vielleicht?“ Von plötzlicher Verzweiflung übermannt, fuhr sie fort: „Können Sie sich eigentlich auch nur ansatzweise vorstellen, wie ich mich fühle? Praktisch mittellos und ohne einen Menschen, den ich um Hilfe bitten könnte?“
„Ja. Das ist mir nicht fremd. Ich habe Schlimmeres kennengelernt.“
Lizzie verschlug es die Sprache. Er? Sie schaute ihn perplex an.
Ilios hatte nicht vorgehabt, seine sorgfältig verdrängten Erinnerungen hervorzukramen, doch nun war es zu spät. Seine Emotionen – Wut, Bitterkeit, Groll – schienen entschlossen, sich nach einer so langen Zeit des Schweigens in einem Strom zorniger Worte Gehör zu verschaffen.
„Im Zweiten Weltkrieg und in der Zeit danach wurde ein Großteil des Vermögens unserer Familie zerstört. Und den Rest hat dann die Junta erledigt. Ich bin mit sechzehn von zu Hause weg, wild entschlossen, irgendwo in der Welt mein Glück zu machen, so wie ich es meinem Großvater versprochen hatte. Aber ich kam nur bis Athen, wo ich reiche Touristen anschnorrte. Auf diese Weise lernte ich wenigstens Englisch. Nicht lange danach begann ich, auf dem Bau zu arbeiten, wir bauten Hotels. Dort lernte ich, wie man
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