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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wurde, es immer wieder zu spielen.
    In der Schönheit, wie Gott sie schuf, lief sie tagsüber durch den verwilderten Weingarten, ein brauner, glatter, glänzender Körper, ein geschmeidiger Fischleib, und es war so selbstverständlich, daß sie in aller Blöße herumlief, am Tisch saß und aß, was Boltenstern aus Büchsen zusammenkochte, denn er mußte für das Essen sorgen, trug auf, räumte ab, wusch das Geschirr und saß dann unter einer Pergola wilder Rosen und sah Petra zu, wie sie in der Sonne stand, als bete sie sie an.
    Einmal kam sie in einem Bikini an den Tisch. Boltenstern sah sie verwundert an.
    »Bist du krank?« fragte er.
    »Warum?« fragte sie verschlossen.
    »Du bist angezogen.«
    »Ich hatte Lust, mich anzuziehen.«
    An diesem Tage versuchte Boltenstern einen Vorstoß zum eigenen Willen. Während Petra noch am steinernen Tisch saß und leichten roten Wein trank, ging er ins Haus und zog sich aus. Mit hochgezogenen Brauen betrachtete ihn Petra Erlanger und spuckte dann den Wein aus, den sie gerade im Mund hatte.
    »Du verdirbst mir den schönen Wein!« sagte sie hart. »Was soll das?«
    »Was?« fragte er zurück. Innerlich knirschte er.
    »Dein Aufzug!« Ihr hochmütiges Gesicht war kalt wie aus braunem Marmor. Und doch war es von einer Sanftheit, die nur der Teufel als Maske tragen kann.
    »Du läufst die ganzen Tage so herum!« sagte Boltenstern und setzte sich an den Tisch.
    »Ich habe einen schönen Leib anzubieten.« Petra Erlanger drehte sich zum Garten, als ertrage sie nicht den Anblick von Boltensterns Nacktheit. »Nur wirkliche Ebenmäßigkeit hat das Recht, sich der Sonne zu zeigen! Sieh dich an, geh vor einen Spiegel … findest du dich schön? Du bekommst einen Bauch, auf deinen Hüften liegt Speck, die Haare auf deiner Brust werden grau, deine Schenkel wirken weibisch. Du bist häßlich! Warum beleidigst du mich mit deinem Anblick?«
    Boltenstern schwieg verbissen. Man sollte sie erwürgen, dachte er in dieser Sekunde. Man sollte sie von den Felsen ins Meer stoßen. Aber er tat nichts … er ging ins Haus und zog wieder seine Badehose an und darüber ein weites weißes Hemd.
    Und wieder verlief der Tag wie alle anderen. Petra schickte ihn herum wie einen Laufjungen.
    »Alf! Hol mir einen Schluck Wasser!«
    »Alf! Bring mir eine Apfelsine.«
    »Alf! Trage mir den Liegestuhl in den Schatten!«
    »Nein! In die Sonne!«
    »Zurück in den Schatten!«
    »In den Weinberg, Alf!«
    »Hinunter zur Terrasse …«
    Und Boltenstern lief und bediente sie und umkreiste ihren gleißenden Körper, der am Tage unerreichbar war wie der Leib eines Delphins.
    Einmal versuchte er es mit Gewalt. Er sprang sie an, riß sie ins Gras und warf sich auf sie. Da wurde sie zu einer Hyäne, sie biß und trat um sich, schlug ihm mit den Fäusten auf die Nase, daß sie heftig blutete, bohrte das Knie in seinen Unterleib, und er schrie auf, von einem bestialischen Schmerz durchzuckt, und rollte wehrlos zur Seite.
    »Du Schwein!« sagte sie ruhig, wischte ihre blutigen Hände – Blut aus Boltensterns Nase – an einigen Grasbüscheln ab und ging weiter in den verwilderten Weinberg hinein … schlank, glänzend, wie schwerelos. Ein Tropfen aus der Sonne. Und Boltenstern krümmte sich auf der Erde und schwor, sie doch noch umzubringen.
    Dann war wieder die Nacht da, und er schloß sich in einem anderen Zimmer ein. Da tobte und schrie sie, holte eine Axt aus dem Stall und schlug die Tür ein. »Du Feigling!« stammelte sie, als sie in seinen Armen lag. »Du wolltest vor mir fliehen? Wer kann das? Sag, wer kann das?!«
    »Niemand!« antwortete er dumpf. »Ich denke, ich bin häßlich?«
    »Du bist der herrlichste Mann auf der Welt!«
    »Ich bekomme einen Bauch, ich habe Speck auf den Hüften, meine Schenkel wirken weibisch …«
    »Schön bist du … schön …«, sagte sie mit fast weinerlicher, kindlicher Stimme. Und sie kroch um ihn herum und küßte jeden geschmähten Teil seines Körpers, und Boltenstern erlag wieder dieser Glut und verfluchte sich selbst.
    Sie ist eine Hexe, dachte er immer wieder. Warum ist das Mittelalter vorbei? Verbrennen würde man sie, und ich wäre der erste, der die Fackel auf den pechgetränkten Scheiterhaufen wirft!
    Einmal aber gelang es ihm, sich zu rächen.
    Sie unternahmen eine Wanderung in die Berge, eine Idee von Petra Erlanger, die Boltenstern blödsinnig fand. Nackte Felsen umgaben sie, die Sonne brannte die Haut fast weg; jede menschliche Siedlung lag weit hinter ihnen, und es war

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