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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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den karierten Himmel und die silberne Wiese mit brünstigem Gebrüll erfüllen …
    Toni Huilsmann lag vor seinem großen Frisierspiegel, inmitten seiner Mauer aus Sitzkissen, zusammengekrümmt und mit zuckendem Körper. Sein schweißnasses Gesicht war überglänzt von höchster Wonne, seine Lippen stammelten heisere, stoßweise Laute.
    Das Zauberland … er hatte es gefunden!
    Mit diesem Abend wurde Toni Huilsmann ein anderer Mensch. Die normale Welt hatte allen Reiz für ihn verloren … sie war dumpf, farblos, öde! Es war eine Welt, in der man fror.
    Toni Huilsmann beugte sich dem teuflischen Zauber des LSD. Der künstliche Wahnsinn wurde zu seinem Lebensraum. Die Unterbrechungen, in denen er in der normalen Welt leben und arbeiten mußte, machten ihn unglücklich und trübsinnig.
    Noch zweimal versetzte er sich in den violetten Traum, und jedesmal war es ein Genuß, von dem er zehrte, von dem er zu sich selbst schwärmte wie ein junges Mädchen von seinem ersten Kuß. Dann verreiste er. Ganz plötzlich, aus einer wilden Eingebung heraus, die ihm die seligsten Erwartungen vorspiegelte.
    Mit fünf Stücken LSD-Zucker reiste er an die Riviera. Nach St.-Tropez.
    »Die schönsten, stolzesten und reichsten Frauen wirst du dir erobern«, sagte er zu seinem Spiegelbild, bevor er wegging. Vor der Tür wartete schon das Taxi, das ihn zum Flugplatz bringen sollte. »Du hast eine Waffe in der Hand, gegen die es keine Gegenwehr gibt! Ein Herrscher über alle wirst du sein!«
    Dann trat er in den großen Spiegel, und mit der klirrenden Zerstörung zerbrach auch endgültig das Bild des Toni Huilsmann.
    Nach St.-Tropez flog ein Wahnsinniger. Nur wußte und sah es keiner … am allerwenigsten Toni Huilsmann selbst.
    Auf Rhodos zogen sich die Tage zäh hin wie tropfender Leim. Um so schneller vergingen die Nächte. Aus Alf Boltenstern war ein Sklave, ein Rechtloser, ein Getretener, Gejagter und Vergewaltigter geworden.
    Eine unheimliche Wandlung hatte sich an Petra Erlanger vollzogen. Sprachlos und ebenso wehrlos konnte Boltenstern beobachten, wie sich jeden Tag bei ihr eine Wandlung vollzog: Beim Morgengrauen häutete sie sich zu einem kalten, hoheitsvollen, keinen Widerspruch duldenden, sklavischen Gehorsam fordernden Biest, und sie blieb es den ganzen Tag über, solange die Sonne ihr Licht über die Erde goß … beim Abenddämmern aber fiel alles das von ihr ab, als entschuppe die langsam kommende Nacht sie Stück um Stück, und es blieb in der Dunkelheit der Nacht nur ein heißer, sich bäumender, unersättlicher Körper übrig, der mit seiner Glut Boltenstern versengte und bis zur Atemlosigkeit auslaugte.
    In diesen Tagen auf Rhodos begann Boltenstern, Richard Erlanger ehrlich zu bedauern. Er hatte es 11 Jahre ausgehalten neben dieser herrlichen Hexe. 11 Jahre hatte er diese Launen ertragen, 11 Jahre hatte er still, ohne zu den anderen Freunden zu klagen, in einem Martyrium gelebt, das keiner begriffen hätte, auch wenn er jemals darüber gesprochen hätte. Sie alle hatten ihn nur beneidet … um seine schöne, junge Frau, um das Millionenvermögen, das er mit ihr geheiratet hatte, um die Fabriken und das gesellschaftliche Ansehen. Wie schwer das alles erkauft war … Boltenstern konnte es jetzt ermessen. Und er verstand nun auch, warum Erlanger, gerade er, den sie alle bewunderten als das große Wunderkind der Wirtschaft, Petra wie einen toten Gegenstand seiner schloßartigen Villa betrachtete, wie einen Schrank etwa oder einen Tisch oder einen Sessel, und sich mit anderen Mädchen vergnügte, die sich zwar für ihre Liebe bezahlen ließen, aber keine anderen Forderungen stellten, als nicht gebissen oder über Gebühr mißhandelt zu werden.
    Alf Boltenstern bemerkte selbst, wie sehr er sich von Petra Erlanger verwandeln ließ. Aber er wehrte sich nicht dagegen. Bis zur Hochzeit, so dachte er, will ich alles tun, was sie in dem Glauben bestärkt, in mir einen neuen Sklaven zu haben. Nach der Hochzeit, meine schöne Hexe, nach deinem Jawort vor dem Pfarrer und dem Standesbeamten, wird es für dich ein bitteres Erwachen geben. Mit System zerbreche ich dich!
    Und so ließ er sie in dem Glauben, den stärkeren Willen zu haben, und ertrug ihren Stolz am Tage und ihre Zügellosigkeit in der Nacht und wurde – so traurig er es selbst fand – zu einem Harlekin, der nach ihrer Flöte tanzte und Grimassen schnitt, wenn sie es befahl.
    Jeden Tag wiederholte sich das gleiche Spiel. Es faszinierte Boltenstern, daß Petra nicht müde

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