Zum Sterben schoen
er für mich wie mein Gewissen. Nein, ich werde ihn nicht belügen.«
Sie merkte, dass sie Kopfschmerzen bekam. »Du musst nicht lügen. Du musst gar nichts sagen.«
»Ich sage dir, er wird es wissen. Ich muss es ihm erzählen.«
»Hast du den Verstand verloren?«
»Nein.«
»Du wirst es ihm nicht sagen. Ich weiß, dass du dich fühlst, als hättest du ihn hintergangen, aber –«
Er ließ sie nicht aussprechen. »Natürlich fühle ich mich, als hätte ich ihn hintergangen. Er vertraute mir, verdammt noch mal.«
Die Straße lag verlassen da, deshalb fuhr er auf dem Seitenstreifen. »Ich weiß, das es ein bisschen peinlich für dich ist, aber du wirst darüber hinwegkommen«, sagte er.
Sie konnte nicht fassen, dass sie solch eine Unterhaltung führten. »Nick, mein Bruder vertraute darauf, dass du für meine Sicherheit sorgst. Das hast du getan. Du brauchst ihm nicht von vergangener Nacht zu erzählen.«
Ihre Verblüffung war Wut und Verlegenheit gewichen, und sie verlor so sehr die Fassung, dass ihr Tränen in die Augen traten. Sie schwor sich, dass sie lieber sterben würde, als noch einmal vor seinen Augen zu weinen.
»Ich habe nichts getan, dessen ich mich schäme«, beharrte sie. »Und du hast versprochen, du würdest nichts bereuen.«
»Tja, also, das war gelogen.«
Sie stieß ihm in die Schulter. »Wenn du dich so schuldig fühlst, dann geh doch zur Beichte.«
Sie starrte ihn jetzt wütend an, und er konnte nur denken, wie schön sie war, wenn sie wütend war. Es hätte ihn nicht überrascht, wenn ihr Funken aus den Augen gestoben wären.
»Ich habe daran gedacht, zur Beichte zu gehen«, gestand er. »Und dann stellte ich mir vor, wie Tommys Faust durch dieses Gitter kommt, und ich dachte, nein, das wäre nicht in Ordnung. Ich kann es ihm nicht so sagen. Es sollte von Angesicht zu Angesicht erfolgen.«
Sie presste die Hand auf die Stirn, damit das Pochen aufhörte. »Ich meinte nicht, dass du zu Tommy in die Beichte gehen sollst«, sagte sie. »Geh zu einem anderen Priester.«
»Reg dich nicht auf.«
»Es gibt nichts, dessen du dich schuldig fühlen müsstest«, beharrte sie. »Ich habe dich verführt.«
»Nein, das hast du nicht.«
»Oh, doch.«
»In Ordnung«, sagte er. »Dann verrat mir, wie du das gemacht hast?«
»Ich habe dich dazu gebracht, dass ich dir Leid tue. Ich habe geweint.«
Er verdrehte die Augen. »Ich verstehe«, sagte er mit schleppender Stimme. »Ich habe also aus Mitleid mit dir geschlafen? Siehst du das so?«
Sie überlegte sich ernsthaft, aus dem Auto auszusteigen und zu Fuß in die Stadt zurückzugehen.
»Ich möchte dich etwas fragen«, sagte sie, weil sie ihm klar machen wollte, wie unvernünftig und stur er war. »Du hast doch auch mit anderen Frauen geschlafen, nicht wahr?«
»Ja«, bestätigte er. »Willst du die Anzahl wissen?«
»Nein«, entgegnete sie. »Ich will wissen, was danach passierte. Fühltest du dich genötigt, es ihren Müttern zu erzählen?«
Er lachte. »Nein.«
»Also dann?«
»Wie gesagt, Schätzchen. Du bist anders.«
Sie verschränkte die Arme auf der Brust und starrte geradeaus. »Ich rede nicht länger darüber.«
»Laurant, schau mich an. Wie wäre es, wenn ich dir etwas verspreche?«
»Warum willst du dir die Mühe machen? Du hältst doch deine Versprechen nicht.«
»Es war einfach dumm, mich versprechen zu lassen, dass ich nichts bereuen werde. Deshalb sollte das nicht zählen. Dieses Versprechen werde ich halten«, versicherte er ihr. »Wenn er nicht fragt, werde ich es ihm nicht erzählen. Ich werde deinem Bruder ein paar Tage lang überhaupt nichts sagen. Das sollte dir genug Zeit geben, dich zu beruhigen.«
»Das reicht mir nicht«, entgegnete sie. »Da du dich bemüßigt fühlst, alles auszuplaudern, musst du warten, bis du wieder in Boston bist.«
»Ich sollte es ihm von Angesicht zu Angesicht sagen. Wenn er mich schlagen will, kann er das.«
»Boston«, knirschte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Schließlich gab er nach. Sie kehrten auf die Straße zurück und machten sich auf den Heimweg.
»Nick?«
»Ja?«
Er hörte sich jetzt richtig fröhlich an. Dieser Mann brachte einen wirklich zum Verzweifeln.
»Gibt es noch irgendwelche anderen Bomben, die du auf mich fallen lassen willst, bevor wir nach Hause kommen?«
»Tja, wenn ich so drüber nachdenke, gibt es noch eine Sache, die ich wohl erwähnen sollte.«
Sie wappnete sich geistig. »Was ist es? Nein, lass mich raten. Du willst es in die
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