Zum Sterben schoen

anderen Passagiere seine Waffe in ihrem Halfter sahen. Sie wussten schließlich nicht, dass sie nicht geladen war, und Nick war nicht in der Stimmung, andere zu beruhigen. Zum Teufel, er befand sich am Rand einer Panikattacke, und dieser Zustand würde andauern, bis die Maschine gestartet war. Danach war mit ihm alles in Ordnung, zumindest einigermaßen, bis sie zum Sinkflug auf den Logan Airport ansetzten. Dann würde die Angst wieder beginnen. In seinem gegenwärtigen klaustrophobisch-neurotischen Zustand empfand er es als verdammt ironische Vorstellung, dass O’Leary ihn in seinem Krisenmanagementteam haben wollte.
    Sieg des Geistes über die Materie, sagte er sich, und in Panik oder nicht, er war entschlossen, seinen Papierkram aufzuarbeiten, während er in der Luft war. Er hatte bereits überprüft, dass niemand auf dem Fensterplatz sitzen würde. Nick nahm immer den Platz am Gang, selbst wenn deswegen ein anderer Passagier umgesetzt werden musste, damit er das Gesicht jeder einzelnen Person, die an Bord kam, sehen konnte. Nach dem Start konnte er seine Akten ausbreiten, während er seine Notizen entzifferte und die Informationen in seinen Laptop eingab.
    Verdammt, er wünschte, er wäre nicht so ein Kontrollfreak. Morganstern hatte ihm erzählt, dass er ihm Entspannungstechniken beigebracht hatte, als er mit den anderen Teammitgliedern in aller Abgeschiedenheit ein Training absolviert hatte. Aber Nick hatte keinerlei Erinnerung daran, was während dieser zwei Wochen passiert war, und er wusste, dass es den anderen genauso erging. Sie hatten alle Petes Bedingungen zugestimmt. Er hatte sie hingesetzt, ihnen erklärt, was er vorhatte, aber nicht wie, und sie dann gebeten, ihm zu vertrauen. Nick war es sehr schwer gefallen, sich dazu durchzuringen, weil er glaubte, dadurch die Kontrolle über sich aufgeben zu müssen. Im Endeffekt hatte er schließlich zugestimmt. Pete hatte sie gewarnt, dass sie sich an nichts würden erinnern können, und damit hatte er Recht behalten. Keiner erinnerte sich an etwas.
    Manchmal löste ein Geruch oder ein Geräusch einen Gedanken an diese Einkehrtage aus, und als Reaktion darauf verkrampfte er sich. Aber so plötzlich, wie er das Gefühl in den Sinn bekam, verschwand es auch wieder. Nick wusste, dass sie in einem Wald irgendwo in den Vereinigten Staaten gewesen waren – er hatte noch die Narben, um das zu beweisen. Eine in Form einer Mondsichel auf seiner linken Schulter und eine kleinere direkt über seinem rechten Auge. Er hatte die Einöde mit Schnitten und Abschürfungen an Händen und Beinen und Gott allein wusste, wie vielen Mückenstichen verlassen, um zu beweisen, dass er durch die Wildnis gestampft war. Hatten die anderen Apostel auch Narben? Er wusste es nicht, und anscheinend konnte er die Frage nie lange genug im Gedächtnis behalten, um nachzufragen.
    Einmal hatte Pete während eines privaten Treffens das Thema der Einkehrtage aufgebracht, und Nick hatte ihn gefragt, ob er einer Gehirnwäsche unterzogen worden war. Sein Boss war bei den Worten zurückgezuckt. »Großer Gott, nein«, hatte er gesagt. »Ich habe nur versucht zu maximieren, was Gott euch mitgegeben hat.«
    Mit anderen Worten, Petes Gehirnakrobatik trainierte sie, ihre von Natur aus scharfen Instinkte auszufeilen, zu konzentrieren, das Beste aus sich herauszuholen.
    Das Flugzeug bewegte sich. Sie fuhren bis zum Ende der Startbahn und hielten dann an. Nick vermutete, dass sie darauf warteten, bis die Maschine an die Reihe kam zu starten – Cincinnati litt als nationaler Verkehrsknotenpunkt unter einer ständigen Verkehrsflut –, aber fünfzehn Minuten vergingen, und sie hatten sich immer noch keinen Zentimeter vorwärts bewegt. Als er sich über den leeren Sitz beugte und aus dem Fenster schaute, sah er zwei Flugzeuge, die blitzschnell in die entgegensetzte Richtung rollten.
    Eine junge Blondine lächelte ihn von der anderen Seite des Ganges an und versuchte, ihn in eine Unterhaltung zu verwickeln, indem sie ihn fragte, ob er beim Fliegen nervös werde. Dass er die Armlehnen umklammerte, bis die Knöchel weiß hervortraten, musste ihn verraten haben. Er nickte als Antwort und wandte sich wieder dem Fenster zu, um sie zu entmutigen weiterzuplaudern. Sie sah nicht übel aus, der Stretchrock und ihr Oberteil bewiesen ohne jeden Zweifel, dass sie einen tollen Körper hatte, aber er wollte sich nicht mit Small Talk beschäftigen und war ganz bestimmt auch nicht in der Stimmung für einen Flirt. Er musste