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Zum Tee in Kaschmir

Titel: Zum Tee in Kaschmir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nazneen Sheikh
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selten einmal das eine oder andere chinesische Restaurant. Es gab in der Stadt auch noch das funkelnagelneue Restaurant Shezan , wo wir uns manchmal einen Tuttifrutti-Eisbecher bestellten und uns dabei fühlten, als lebten wir in den Vereinigten Staaten und würden zu Elvis-Presley-Platten tanzen. Erst viele Jahre später wurde mir bewusst, dass das dort aus Milchpulver hergestellte Eis mit seiner Garnitur aus Dosenfrüchten einem Vergleich mit dem ausgezeichneten Pistazieneis meiner Mutter in keiner Weise standhielt.
    Auf den Vordersitzen des Wagens schien es mittlerweile eine wenn auch leise geführte Auseinandersetzung zu geben. Meine Mutter machte zu unserem größten Entsetzen gerade eine abwertende Bemerkung dahingehend, dass es wohl unpassend sei, Kinder ins Hotel Amelia mitzunehmen, woraufhin mein Vater lachend entgegnete, er wolle doch nur, dass seine Sprösslinge die berühmte Küche dort kennen lernten. Es war offensichtlich, dass das Hotel einen zweifelhaften Ruf hatte. Dies lag wohl vor allem daran, dass die angloindische Eigentümerin, ihr Name war Amelia, der dortigen Oberschicht auf irgendeine inakzeptable Weise gegenübertrat. Ob sie nur auf eine allzu ungezwungene Art mit ihren Stammgästen verkehrte oder aber sogar sexuelle Gefälligkeiten anbot, erschloss sich bei dem auf dem Rücksitz herrschenden Chaos aus der sich in Andeutungen erschöpfenden Unterhaltung nicht zur Gänze. Als wir das Hotel erreichten und eine Dame mit klimpernden Goldarmreifen und flammend rotem Haar erschien, um uns zu begrüßen, stiegen wir in Windeseile aus dem Wagen.
    Wir wurden nach drinnen geführt und fanden uns, als sich die schäbigen blauen Samtvorhänge vor dem Eingang hinter uns geschlossen hatten, in einem großen Raum mit groben Holztischen und Stühlen wieder. Mein Vater verkündete, dass das Mittagessen in diesem Hotel einen legendären Ruf genieße, auch wenn es nur aus einem einzigen Hauptgericht und einfachen Tandoori Rotis bestand. Er lächelte meine Mutter an, die sein Lächeln mit einem schelmischen Blick erwiderte.
    Das Einzige, was ich auf dem nackten Holztisch liegen sah, war ein Besteck, das zweifellos schon bessere Tage gesehen hatte. Als wir uns gesetzt hatten, stellte jemand einen großen Metallkrug mit Trinkwasser und sechs gleichermaßen grobe Metallbecher mit einem dumpfen Knall vor uns auf den Tisch. Dann bekamen wir als Erstes einen Salat aus Radieschen, Tomaten und roten Zwiebelringen, der von frischen roten Chilischoten umgeben war. Das Ganze war auf einem großen weißen Emailleteller angerichtet und sah aus wie ein grelles Ölgemälde. Ich hatte noch nie in meinem Leben einen Salat gesehen, in dem nicht wenigstens eine Spur von Grün zu finden gewesen wäre. Dennoch schuf der Salat eine ganz eigene Atmosphäre auf dem Tisch, und zwar eine ganz eindeutig rowdyhafte. Es dauerte nur wenige Minuten, dann stellte man ohne große Umstände mehrere große Servierplatten mit unserem Essen vor uns auf den Tisch. Ein geflochtener Strohkorb mit Rotis, die noch die knusprigen braunen Spuren des Lehmofens trugen, in dem sie gebacken worden waren, begleitete das Essen.
    Obwohl das Gericht wie ein schlichtes Hühnercurry aussah, machte doch schon der erste Bissen mehr als deutlich, dass dies ein Irrtum war. Die Aromen, die auf der Zunge geradezu explodierten, entzündeten eine Art Buschfeuer, das schnell vom Mund zum Gehirn wanderte und sich anschließend im Magen ausbreitete. Als Teenager mit allenfalls rudimentären Kochkenntnissen konnte ich nicht auf Anhieb sagen, auf welche Art und Weise sich dieses Hühnercurry von dem meiner Mutter unterschied. Als ich mich jedoch viele Jahre später intensiv mit dem Kochen beschäftigte, wurde mir klar, dass das Hühnerfleisch eine Art von Fasern besaß, die nur frisch geschlachtetes Geflügel hat. Die ziegelrote Bratensoße besaß eine grobe Schlichtheit. Offensichtlich waren hier gewöhnliche Gewürze anstatt Safran und Kardamom verwendet worden. Auch wenn uns die große Menge gemahlenen Cayennepfeffers den Schweiß auf die Stirn trieb, aßen wir begierig alles auf.
    Als wir uns nach dem Essen wieder ins Auto gezwängt und Amelia, die meinem Vater ein hinreißendes Lächeln zuwarf, zum Abschied noch einmal zugewinkt hatten, setzten wir unsere Fahrt fort. Fünfzehn Minuten später endete die Straße dann plötzlich. Mein Vater

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