Zum Tee in Kaschmir
Indien geworden. Im achtzehnten Jahrhundert sagte man dann dem Königshof von Golkonda in Hyderabad nach, dass man sich dort mehr um die Verfeinerung der Kochkunst als um die Staatsangelegenheiten kümmern würde. Es war inzwischen wohl nicht mehr der Reiz des sagenhaften Edelsteinschatzes der Asaf-Jahi-Dynastie, der Besucher aus Arabien, Persien, Afghanistan und der Türkei anzog, sondern vielmehr die siebenundzwanzig Arten, Biryani zuzubereiten.
Das Biryani ist ein Reisgericht, das seinen Geschmack verändert, je nachdem, welche Art von Fleisch, Fisch, Kräutern und Gemüse man verwendet. Während sich das Biryani in ganz Indien verbreitete, wurden oft auch regionale Zutaten und sogar verschiedene Methoden der Zubereitung aufgenommen. Die Paella Spaniens, das Risotto Italiens und die Pilafs der arabischen und mediterranen Küche, sie alle sind mit dem Biryani verwandt. Das Biryani der Moguln ragt unter all diesen jedoch heraus, und zwar wegen der unvergleichlichen Eigenschaften seiner beiden Hauptzutaten: gut abgelagertem Basmatireis und Safran. Beides wird in groÃen Mengen angebaut und in die ganze Welt exportiert. Der beste Basmatireis kommt aus Pakistan und der beste Safran aus Kaschmir. Der Volksmund sagt, man könne leicht herausfinden, ob man ein echtes Biryani vor sich hat, wenn man eine Tasse des fertig gekochten Gerichts auf den Boden wirft und sieht, ob jedes Reiskorn einzeln zu liegen kommt - daran zeige sich, ob auch der beste Basmatireis verwendet wurde.
Die Küchenchefs von Golkonda lieÃen sich oft beim Dekorieren ihrer Gerichte von der Architektur der Moguln inspirieren. Insbesondere wurde dabei das mit Edelsteinen geschmückte Tadsch Mahal ein Vorbild für das Biryani. Rubine, Smaragde, Saphire, Diamanten und Perlen, dort in Marmor gefasst, wurden hier durch Nüsse, kandierte Früchte in den strahlendsten Farben und essbare Folie symbolisiert, mit denen das fertige Biryani dekoriert wurde.
Das Biryani meiner Mutter basierte auf einem Rezept, das aus dem Hause ihrer Eltern in Kaschmir stammt. Sie kochte es stets nur ein- oder zweimal im Jahr und dann auch nur zu festlichen Anlässen, und sie bereitete das Biryani auch stets höchstpersönlich zu.
Meine Mutter hatte eine groÃe Vorliebe für Safran, der in den Tälern Kaschmirs, wo sie aufgewachsen war, geerntet wurde. Sie verwendete ihn groÃzügig in vielen ihrer Gerichte, ohne sich im Geringsten darum zu kümmern, wie viel er kostete. Safran ist eines der teuersten Gewürze der Welt, denn für ein einziges Pfund des fertigen Gewürzes benötigt man etwa 225 000 Staubfäden des Krokus. Wegen seiner wärmenden Eigenschaften auch als Aphrodisiakum angesehen, gehörte Safran grundsätzlich zur Aussteuer kaschmirischer Bräute. Das Gewürz wurde und wird aber auch als natürliche Lebensmittelfarbe verwendet. Daher rührt auch der Begriff safrangelb. Etwas auf Urdu als zafrani zu bezeichnen, bedeutet, dass es rot und golden ist.
Die Tatsache, dass meine Mutter das Biryani stets persönlich zubereitete, ohne dass ihr dabei jemand zusehen durfte, machte es für uns umso geheimnisvoller. Erst nachdem ich geheiratet hatte und schon längere Zeit in Kanada lebte, bekam ich bei einem meiner Besuche zu Hause die Gelegenheit zu sehen, wie sie dieses Gericht in den Topf schichtete. Das Ritual des Einschichtens ist faszinierend, denn es erfordert unglaublich viel Fingerspitzengefühl und auÃerdem groÃe Erfahrung beim Salzen und im Bestimmen der richtigen Temperaturen und Garzeiten. Dabei werden nämlich bereits gekochte Zutaten mit noch halb rohen vermischt und dann zusammen fertig zubereitet. Oft wird der Biryani-Topf sogar mit einem Streifen aus rohem Teig abgedichtet. Wenn das Gericht fertig ist, ist auch der Teig durchgebacken.
Wenn meine Mutter ihr Biryani zubereitete, schlich mein Vater die ganze Zeit auf Zehenspitzen und mit einem ängstlichen Lächeln auf den Lippen durchs Haus, da er das, was da gerade in der Küche geschah, als eine Art heiliges Ritual betrachtete. Er erzählte uns, dass er grundsätzlich nur das Biryani meiner Mutter aÃ. Wenn es jemand anderes zubereitet habe, sei ihm das mehr als nur suspekt, deshalb weigere er sich auch, davon zu essen. Seltsamerweise muss ich heute feststellen, dass ich jetzt etwas Ãhnliches empfinde, selbst wenn ich Biryani serviere, das ich selbst gemacht habe: Ich frage mich dann immer, ob es ein Akt
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