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Zum Tee in Kaschmir

Titel: Zum Tee in Kaschmir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nazneen Sheikh
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mehr Aufregung verursachen würde. Dann gab es plötzlich auch noch ein kulinarisches Problem. Niemand war sich sicher, ob die kleinen Rüben schon eingestochen und gesalzen worden waren, da die Person, die für ihre Zubereitung verantwortlich war, gerade von meinem Onkel verhört wurde. Man diskutierte lebhaft darüber, ob man nicht doch etwas anderes kochen sollte, aber man hatte dem lockenköpfigen Bewerber eine kaschmirische Delikatesse versprochen und wollte ihn jetzt keinesfalls enttäuschen.
    Onkel Bashir war ein gerechter Mann. Er meldete ein Ferngespräch mit dem Aufseher des den Reis anbauenden Betriebs an, weil er sichergehen wollte, dass man ihm nicht versehentlich den falschen Reis geliefert hatte. Onkel Bashir war jedoch nicht nur gerecht, er verstand auch etwas von Krisenmanagement. Er entschied, dass das für diesen Abend geplante Menü durch frische Chapatis ergänzt werden sollte. Diese kamen, sobald sie fertig waren, noch heiß eines nach dem anderen auf den Tisch. Der Tatverdächtige, der gerade verhört wurde, war ein wahrer Meister darin, Chapatis zu backen. Das Abendessen, so entschied mein Onkel, dürfe auf keinen Fall gefährdet werden, daher würde er den Koch, falls er den Reisdiebstahl tatsächlich begangen haben sollte, erst am nächsten Tag entlassen. Immerhin war seine Familie nicht nur für die Schönheit ihrer Frauen und die Liebe zur Dichtung bekannt, sondern auch für ihre Küche. Also schickte mein Onkel den Verdächtigen vorerst wieder in die Küche zurück.
    Tante Dil-Aras Bewerber traf mit einem Kranz aus Jasminblüten für seine Auserwählte und mit Süßigkeiten für alle anderen Familienmitglieder ein. Das Abendessen war eine überaus vornehme Angelegenheit und fand in dem großen, langgestreckten Speisezimmer statt. Der Duft von Zimt und Safran stieg aus den Terrinen mit Shebdeg auf, und zarte Stücke der Lammschulter und junge Rüben, die in einer goldbraunen Soße schwammen, wurden ohne zu zögern über Basmatireis von mittlerer Qualität geschöpft. Für meinen Onkel war dies ein höchst verwerflicher kulinarischer Fauxpas, der jedoch vom Ehrengast nicht bemerkt wurde, da dieser nur Augen für meine Tante Dil-Ara hatte, die ihm, den Jasminkranz im Haar, mit glühenden Wangen direkt gegenübersaß.
    Das Gespräch am Tisch drehte sich schon bald um Menüs, die bei Hochzeiten serviert wurden. Der Bräutigam in spe schien dabei von seiner Verlobten, dem Essen und dem feierlichen Habitus meines schwergewichtigen Onkels vollkommen überwältigt zu sein. Meine Mutter und meine Tanten strahlten um die Wette. Wenn sie sich nach vorn beugten, um sich zu unterhalten, raschelten ihre pastellfarbenen Seidengewänder leise und ihre fünf verschiedenen Parfums wetteiferten mit dem Duft der Speisen. Angetrieben von Mächten, die offensichtlich stärker waren als er selbst, schlug Dil-Aras Verehrer prompt ein Datum für die Hochzeit vor. Onkel Bashir teilte ihm daraufhin mit, dass letztendlich alles davon abhinge, ob sein jüngerer Bruder, der märchenhafte Amir, zur Verfügung stehe, denn es sei Amir, der dafür zuständig sei, die für das Hochzeitsmahl ausgewählten Köche zu beaufsichtigen. Sofort breitete sich am Tisch eine allgemeine Begeisterung aus, denn jeder Anlass, den sagenhaften Amir in unserer Mitte zu haben, war bereits ein Grund zum Feiern. Insgeheim fragten wir uns, ob der Bräutigam in spe wusste, das man ihn nicht nach dem Wert des Schmucks beurteilen würde, den er seiner Frau schenkte, sondern dass man ihn vielmehr mit Amirs Chilipaste auf die Probe stellen würde.
    Mein Onkel zog an diesem Abend ein kulinarisches Ass nach dem anderen aus dem Ärmel, bis die unverbesserliche Tante Akhtar das Dessert hereinbringen ließ, das jedoch nicht in ihrem Haus sondern in einem hiesigen Süßwarenladen zubereitet worden war. Wegen des Aufruhrs, der durch den verschwundenen Reis verursacht worden war, war ihr neben der aufwändigen Zubereitung des Hauptgerichts keine Zeit mehr für das Dessert geblieben. Die eisige Missbilligung meines Onkels war deutlich spürbar, als der Teller mit den gekauften Jalebis, durchscheinenden, frittierten Teigschnecken, die mit Honigsirup getränkt waren, jetzt auf den Tisch gestellt wurde. Dieses Dessert, ein Symbol für romantisches Werben, aß man ausschließlich mit den Fingern. Erst als

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