Zum Teufel mit David!: Roman (German Edition)
hätte einem Künstler einleuchten müssen, doch sie genügte Simon nicht. »Ja, aber was hat dich dazu getrieben, einfach so deinen Stil zu ändern? Du hast seit Urzeiten Tassen und Kannen getöpfert. Triffst du dich mit jemandem?«
Genaugenommen tat sie das nicht, und sie schüttelte den Kopf. Aber sie überlegte zum millionstenmal, wie oft ihr schnell in Hitze geratendes Gesicht die Begegnung mit David noch verleugnen konnte. Simon, ein Mann und daher von vorn herein davon überzeugt, daß keine Frau ohne Mann im Bett die wahre Erfüllung finden konnte, würde David zweifellos ganz allein für Pollys Verwandlung verantwortlich machen. Sie persönlich sprach David nur das Verdienst zu, daß er sie dazu getrieben hatte, diese eine Kaffeekanne an die Wand zu werfen. Danach hatte ihre eigene Inspiration die Führung übernommen.
»Wahrscheinlich liegt’s an meinem Alter, Simon. Oh, sieh mal, da ist Rhoda mit ihren Silbersachen. Ich geh zu ihr und frage, ob ich was helfen kann.«
Das Aufbauen der Stände machte Polly immer am meisten Spaß. Sie liebte es zuzusehen, wie sich die Zelte mit den Kokosmatten und auf dürrem Gras stehenden Stände unter den Markisen in kleine Zimmer verwandelten und die Arbeitsweise und den Charakter des jeweiligen Ausstellers ausdrückten. Zum Schluß war jeder Bereich etwas ganz Besonderes, und die einzelnen Stände waren so verschieden wie die Häuser der Aussteller, obwohl die Grundvoraussetzungen dieselben waren.
»Hallo, Rhoda«, rief Polly.
Rhoda, eine ältere Frau, die etwas von einer Fernsehoma hatte und Yorkshire Terrier züchtete, musterte Polly ernst. »Hallo, meine Liebe. Stellst du heute auch hier bei uns aus?«
Polly nickte, als müßte sie sich dafür entschuldigen. »Das hängt irgendwie mit dem zur Verfügung stehenden Platz zusammen. Sie wollten hier auch Keramiken haben.«
Rhoda spähte zu Pollys Stand und sah die Gefäße, die auf einer einfachen Konstruktion aus Ziegelsteinen und Brettern ausgestellt waren. »Sind das deine Arbeiten?«
»Ja. Eine kleine Abweichung vom Üblichen, ich weiß.«
»Hmm. Du solltest besser bei dem bleiben, was du kennst – es ist dumm, den persönlichen Stil zu ändern.«
Polly zuckte mit den Schultern und lächelte. »Hast du heute einen deiner Hunde dabei, Rhoda?« Pollys Selbstvertrauen stand normalerweise auf ziemlich wackligen Füßen, aber da Simon ihren neuen Stil befürwortet und sie selbst schon immer Rhodas silberne Hündchen und Salzstreuer als Inbegriff der Einfallslosigkeit betrachtet hatte, ließ sie Rhodas mangelnde Begeisterung eher kalt.
»Nein, Petronella ist läufig, und Peregrine geht’s nicht gut. Ich hab’ sie bei Daddy gelassen.« Daddy – das war ihr Ehemann.
»Ach, das tut mir leid«, sagte Polly, dankbar dafür, daß sie nicht den ganzen Tag zusehen mußte, wie Menschen über Hunde stolperten, die jeden Augenblick zuschnappen konnten. »Kann ich dir irgendwie helfen?«
Rhoda, die trotz ihrer äußerlichen Zerbrechlichkeit erstaunlich zäh und tatkräftig war, lächelte tapfer. »Danke, meine Liebe. Das wäre nett.«
Rhodas Silber wirkte am besten auf meterlangem, dunkelblauem Samt, den Polly am liebsten zu einem Kleidungsstück verarbeitet hätte. Aber statt ihn um sich zu drapieren, spannte sie ihn über eine Reihe von Kisten, auf denen Rhoda ihre Werke auslegen wollte. Neben den unzähligen Yorkshire Terriern in allen möglichen niedlichen Körperhaltungen zeigte Rhoda auch ihre kleinen Silbervögel – Rotkehlchen, Zaunkönige, Meisen –, die den Betrachter aus ihren polierten Äugelchen anglotzten und enormes Geld kosteten. Polly konnte sich gut vorstellen, daß die meisten dieser Silbersachen Hochzeitsgeschenke wurden, die keiner haben wollte, und ihr Leben in den Schachteln fristen mußten, weil sie nicht hübsch genug waren, um weiter verschenkt zu werden, und zu wertvoll, um in einer Tombola zu landen.
Als sich Rhoda zu ihrer Zufriedenheit eingerichtet, ihre uralte Thermosflasche bereitgestellt und das Yorkshire Terrier Jahrbuch an der richtigen Stelle aufgeschlagen hatte, verabschiedete sich Polly und machte einen Rundgang, um sich die Arbeiten der anderen Aussteller anzuschauen.
Sie schlenderte in den Märzmorgen. Eine silbrige Sonne, deren Strahlen von Wolkenfetzen gefiltert wurden, bemühte sich halbherzig, den Nebel, der von den Bäumen und Sträuchern aufstieg, zu vertreiben.
Das Haus war hübsch, im landesüblichen Stil gebaut und durch eine Orangerie ergänzt. Die schönen,
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