Zum Teufel mit David!: Roman (German Edition)
daß sie etwas getöpfert hatte, das keinem eindeutigen Nutzen diente. Sie hätte Brotbehälter daraus machen können, doch die Zeit zum Trocknen hätte zu lange gedauert, wenn sie noch Griffe und Deckel hätte herstellen müssen. Die Gefäße waren jedoch stabil genug, daß man Dinge darin aufbewahren konnte, und sie hatten dicke Böden – die praktische Anwendbarkeit war also nicht ganz zugunsten der Kunst aufgegeben worden.
Im Gegensatz zu der außergewöhnlichen Schlichtheit dieser Gefäße, die nur durch ihre Form und den Glanz bestachen, waren die Teller reich und farbenfroh verziert. Ein stilisiertes Pferd mit gebogenem Nacken und fliegender Mähne prangte in der Mitte eines jeden Tellers. Die Ränder waren mit einem weißen Kreuzmuster abgesetzt – es war ein willkürliches, beinahe primitives Design, das durch die dicken, kräftigen Pinselstriche wirkte und nicht mit den sorgfältigen, genauen Malereien, die ihre Frühstücksservice ausgezeichnet hatte, zu vergleichen war.
»Hmm«, machte Simon nach langer Zeit. »Wieviel willst du dafür verlangen?«
Sie zog einen Zettel, auf den sie Zahlen notiert hatte, aus der Tasche. Die Preise hatten sie selbst erschreckt, aber schließlich mußte jedes Stück gesondert gebrannt werden. Wenn sie die Sachen nicht verkaufte, konnte sie die Stromrechnung für den Brennofen nicht bezahlen. Aber wahrscheinlich würde kein Mensch so viel Geld für einen Tonpott ausgeben. Und niemand konnte genug bezahlen für die Quälerei und die vielen, vielen Stunden, die sie geschuftet, geprüft, gewartet und gebetet hatte. Wenn es mit rechten Dingen zuginge, müßte man den Gefäßen die Torturen ansehen ...
Trotzdem erkannte sie, selbst wenn sie die Keramiken durch Simons kritische Augen betrachtete, nichts anderes als schlichte, gelungene Formen, die für jedes Haus und jede Wohnung eine Zierde wären.
Simon nahm einen Stift und fügte Pollys Preisen hier eine Null und dort eine Eins hinzu. »Gutes Mädchen«, sagte er. »Ich wußte, daß du mir keine Schande machst. Und jetzt laden wir das ganze Zeug ins Auto.«
Sie fuhren los. Nach der anstrengenden Arbeit war Simons nicht gerade überschwengliche, aber aufrichtige Anerkennung ausreichend, um Polly den Vorsatz fassen zu lassen, diese Messe, komme, was da wolle, zu genießen.
Die finanziellen Konsequenzen wären, wenn sie nichts verkaufte, unvorstellbar, aber sie hatte ihren persönlichen Rubikon überschritten und fürchtete sich vor nichts mehr.
Als sie vor dem stattlichen Gebäude ankamen, in dessen Park die Messe stattfand, entdeckte Polly, daß die Ausstellung in zwei Bereiche unterteilt war. Den meisten Platz nahmen die kunstgewerblichen Gebrauchsgegenstände ein, und normalerweise hätte Polly ihre Arbeiten dort gezeigt, doch der Besitzer des Hauses, dessen Tochter Glas gravierte, hatte auf einer Abteilung bestanden, die nur ›der Kunst‹ gewidmet war. Und dank Simons Bemühungen hatte Polly ihren Stand in dem künstlerischen Bereich.
»Warum hat die Gilde beschlossen, Leute wie mich hier ausstellen zu lassen?« fragte Polly während sie geduldig ein Bild festhielt, das Simon gerade aufhängte.
Simon malte mit einem Stift einen kleinen Punkt an die Wand und nahm den Bildernagel aus dem Mund. »Ein paar unserer bekannten Töpfer sind zur Zeit auf größeren Ausstellungen. Und hier gibt es viel Platz, der gefüllt werden muß.« Er deutete auf die eine Hälfte des Zelts, in dem sich jetzt, um halb neun Uhr morgens, erst drei Aussteller eingerichtet hatten: Polly mit ihren Keramiken, Simon mit seinen Seelandschaften und jemand mit einer ganzen Masse gravierter Gläser.
»Es war nett von dir, an mich zu denken, Simon.«
Simon sah sie einen Moment nachdenklich an, und Polly fürchtete plötzlich, er könnte einen Versuch starten und ihre längst erloschene Kurzromanze wieder aufleben lassen wollen.
Falls er etwas dergleichen vorgehabt hatte, dann brachte ihn irgend etwas an Polly zur Besinnung. Er war sehr feinfühlig. »Ich wollte nur einer befreundeten Künstlerin ein wenig unter die Arme greifen.« Er wandte seinen forschenden Blick nicht ab. »Irgendwie bist du anders geworden, Polly. Ich frage mich, was los ist mit dir.«
Frag dich nur weiter, dachte Polly und lächelte nichtssagend. »Vielleicht macht sich nur bemerkbar, daß ich meinen Stil verändert habe. Ich war furchtbar eingeschränkt durch diese gut verkäuflichen kleinen Tassen und Kannen, die ich die ganze Zeit getöpfert habe.«
Diese Erklärung
Weitere Kostenlose Bücher