Zum Teufel mit David!: Roman (German Edition)
einen Strich durch die Rechnung zu machen. Als sie vor der Haustür ankam, verging ihr allerdings das Lachen, und sie wollte nur noch raus. Sie hätte genausogut versuchen können, von Alcatraz auszubrechen: Die Unzahl von Schlössern und Riegeln hätte Fort Knox hundertprozentig einbruchssicher gemacht. Melissas Versicherungsgesellschaft mußte eine Menge herber Verluste erlitten haben, sonst hätte sie nicht auf solche Vorsichtsmaßnahmen bestanden. Entweder das, oder Sheldon und Melissa hingen extrem an ihren Habseligkeiten.
Doch was auch immer der Grund dafür war, Polly fürchtete, daß sie die Riegel und Schlösser niemals lautlos aufbekam, bevor die Kerle von ihrer geheimnisvollen Portwein-Zeremonie aus dem Eßzimmer zurückkamen. Und es wäre entsetzlich peinlich, beim Weglaufen erwischt zu werden.
Die Tür war ein gehöriges Stück größer als Polly, und ausgerechnet ganz oben befand sich auch ein Riegel. Eine vernünftige Person hätte sich geschlagen gegeben und wäre in den Salon gegangen. Aber Polly war kein Drückeberger, und außerdem wollte sie unbedingt nach Hause.
Unglücklicherweise befand sich nichts so Nützliches wie ein Stuhl in dieser eleganten Halle, nur ein polierter Tisch und eine Art Marmorsäule, die von einem teuren, professionell zusammengestellten Blumengesteck gekrönt war.
Polly betrachtete nachdenklich die Tür, den Tisch und das florale Arrangement und entschied sich für die Blumensäule. Sie hob das Gesteck vorsichtig hoch, plazierte es auf den Boden, dann rückte sie die Säule von der Wand und schob sie das kurze Stück bis zur Tür. Schließlich lüftete sie den engen Rock ein wenig, um ein Knie auf die Säule stützen zu können, und zog sich hoch, bis sie an den obersten Riegel heranreichte.
Bingo! Methodisch arbeitete sie sich von einem Musterbeispiel moderner Sicherheitssysteme zum nächsten nach unten – gottlob waren alle gut geölt und quietschfrei. Zum Schluß kletterte sie wieder von der Säule und machte sich daran, sie an ihren angestammten Platz zu zerren und die Blumen zurückzustellen, als sie hörte, wie im Eßzimmer Stühle über den edlen Marmorboden kratzten und männliche Stimmen laut wurden.
Auf keinen Fall hatte sie vor, sich mit bis zur Hüfte gerafftem Kleid dabei erwischen zu lassen, wie sie Kunstobjekte durch die Gegend schob. Deshalb ließ sie Blumensäule Blumensäule sein und benutzte beide Hände, um die richtige Kombination von Klinken und Schnappriegel zu betätigen und die Tür aufzureißen.
Bedauerlicherweise schrammte die Tür über die Fußmatte und blieb hängen, das hieß, Polly mußte mit aller Macht ziehen und zerren, bis der Spalt so groß wurde, daß sie hindurchschlüpfen konnte. Ihr war nicht bewußt, daß sie nicht das einzige Wesen war, das begierig darauf wartete, endlich die vornehme Schwelle überqueren zu können. Die Tür stand gerade mal fünfzehn Zentimeter auf, als drei abgerissene Kater wie Windhunde aus der Startbox durch den Spalt und die Treppe hinauf schossen, nachdem sie das Blumenarrangement krachend beiseite gefegt hatten.
Benommen sah Polly zu, wie sie an ihr vorbeiflitzten, und floh einen Augenblick später in die entgegengesetzte Richtung – irgendwie schaffte sie es, ihren Körper durch die winzige Lücke zu zwängen, aber ihre Tasche verhakte sich an der Klinke. Als sie den Handtaschenriemen befreit hatte, verriet ihr ein Jaulen aus Melissas Schlafzimmer, daß die kätzische Gruppenorgie bereits in vollem Gange war. Möglicherweise würde Melissa ihr eine Vaterschaftsklage anhängen. Zu schade. Aber die Flucht war gelungen. Polly zog die Tür mit einem Ruck zu und strebte zu ihrem Auto.
Ein boshafter Januarwind fegte ihr den Regen ins Gesicht, und der grobe Kies verschwor sich mit ihren hohen Absätzen, um sie zum Stolpern zu bringen.
Jede Minute konnte sich die Haustür öffnen, und sie würde beobachtet, wie sie in hellster Aufregung den Ort des Verbrechens verließ. Dann wäre klar, daß sie und niemand sonst für das entstandene Chaos verantwortlich gemacht werden konnte. Wo waren ihre verdammten Autoschlüssel? In ihrer Verzweiflung lehnte sie sich an den nächststehenden Wagen, um ihre Tasche gründlich zu durchsuchen.
Augenblicklich flammten die Scheinwerfer des derart mißbrauchten Gefährts auf, und ein schrilles Kreischen zerriß die Winternacht.
»Scheiße!«
Als sich ihre Finger endlich um die Schlüssel schlossen, drang ein Lichtstreifen aus der Eingangstür. Die Fußmatte hatte sich
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