Zum Teufel mit David!: Roman (German Edition)
alles in Ordnung und sauber hält. Aber mit ihr hatte ich nie was am Hut. Sie hat immer so getan, als würde ich ein totales Chaos machen, selbst wenn ich ganz brav in der Ecke saß. Aber sie war trotzdem ganz nett und hat mir zu Weihnachten immer Geld geschenkt.«
Polly nickte verständnisvoll. Wenn Monicas Mutter Angelas Andenken ehrte und Monica ihr das übelnahm, dann gab es hier sicher nicht viele Menschen, mit denen das Mädchen darüber reden konnte.
Viele Leute schütteten Polly ihr Herz aus. Sie war mitfühlend, kritisierte nicht, wirkte auf andere nicht bedrohlich und gab niemals gutgemeinte Ratschläge – nur wenn sie unbedingt von ihr gefordert wurden, aber dann hoffte sie, daß man sie ignorierte. Doch selten war sie so interessiert an einem Bekenntnis wie heute.
»Angela wurde immer fuchsteufelswild, wenn etwas kaputtging oder schmutzig wurde. Mum hat mir mal erzählt, daß sie durchgedreht hat, als die Jungs einen Teppich mit in den Garten genommen haben und das Ding hinterher voller Erde war. Ich glaube, es war ein chinesischer Seidenteppich oder so was.«
»Na ja, das ist auch wirklich ärgerlich.«
Monica widmete sich dem nächsten Schrank, nahm Backbleche und Kuchenformen heraus und stellte sie scheppernd auf den Boden. »Ich schätze, sie hat Sachen mehr gemocht als Menschen.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie ...«
»Meine Mum hat mich zur Beerdigung mitgenommen, und ich hatte ein schrecklich schlechtes Gewissens weil ich nicht weinen konnte.« Monicas Lappen vernichtete hundert Prozent aller wissenschaftlich bekannten Bakterien und Keime mit einem Wisch.
»Ich weine immer auf Beerdigungen«, sagte Polly.
Die Innenseite der Tür, die bereits schneeweiß war, wurde steril. »Sie war so zimperlich und so perfekt. Jeden Tag mußten ihre Laken gewechselt werden.« Monica hockte sich auf die Fersen und dachte nach. »Ich glaube nicht mal, daß das nötig war, denn ich kann mir nicht vorstellen, daß sie und Dave ...«
»Monica!« Mrs. Kidd erschien auf der Türschwelle. »Du sollst arbeiten und nicht deine Zeit mit Klatsch vertrödeln.«
Polly war froh, daß Monica ihre Spekulationen nicht mehr aussprechen konnte, aber es ärgerte sie, daß Mrs. Kidd Monica in ihrem Beisein zurechtwies.
Sie versuchte, die Schuld auf sich zu nehmen. »Ich möchte mir den Garten ansehen, Mrs. Kidd, und müßte mir einen Mantel oder eine Jacke dafür ausleihen. Ich wollte Monica gerade danach fragen.«
Mrs. Kidds strenge, finster Miene machte deutlich, daß Angela niemals so unvorbereitet gewesen und ohne eigenen Mantel außer Haus gegangen wäre. Polly machte sich auf eine knappe Ablehnung gefaßt, aber plötzlich breitete sich ein Lächeln auf Mrs. Kidds Gesicht aus – verkniffen, aber immerhin ein Lächeln.
»Es regnet, Miss Cameron. Vielleicht wäre es Ihnen lieber, wenn ich Sie zuerst im Haus herumführen würde.«
Polly war geschmeichelt. »Wenn Sie meinen, daß Mr. Locking-Hill nichts dagegen hat ...«
»Er hat bestimmt nichts dagegen, Miss. Kommen Sie mit.«
Wie jeder Besucher in einem solchen Prachthaus, der plötzlich ganz allein mit einem eifrigen Führer war, fühlte sich Polly verpflichtet, intelligente Bemerkungen über alles zu machen, was ihr gezeigt wurde. Ihr Wissen über Marmorkamine war ernstlich begrenzt, deshalb war sie heilfroh, als Mrs. Kidd vorschlug, von der Halle direkt ins Eßzimmer zu gehen. Mit Tischen und Stühlen kannte sich Polly besser aus.
Abgesehen von dem massiven Mahagonitisch und passenden Stühlen, die glänzten wie frisch vom Baum gefallene Kastanien, befanden sich fast nur Familienporträts in diesem Raum.
Einige Bilder waren sehr alt, manche klein und mit der Zeit dunkel geworden – den Ahnherrn, der von zu Hause durchgebrannt war, um Pirat zu werden, konnte man kaum noch erkennen. Aber die moderneren Gemälde waren aussagekräftiger.
Das Porträt von Davids Vater zeigte, daß er seine rätselhaften Augen, die gebogene Nase und das entschlossene Kinn an seine Nachkommen weiter vererbt hatte. Polly fragte sich unwillkürlich, welche Eigenschaften sie sonst noch gemeinsam hatten. Davids Mutter wirkte äußerst zufrieden.
»Die alte Mrs. Locking-Hill lebt noch«, berichtete Mrs. Kidd. »Sie ist eine große alte Lady.«
»Sie sieht sehr – stattlich und vornehm aus.«
»Und dies –« Mrs. Kidd näherte sich einem pièce de résistance , »– das ist Mr. Locking-Hills Frau. Er hat es malen lassen, als sie jung verheiratet waren.«
Es war eine
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