Zum Teufel mit David!: Roman (German Edition)
netten Mann kennenzulernen.« Aber Polly hatte ihre Nische gefunden, in der akademische Qualifikation weniger wichtig war als gesunder Menschenverstand, und die gesellschaftliche Klasse überhaupt keine Rolle spielte. Dennoch, wenn sie den ganzen Tag auf den Beinen gewesen war und ihre Knöchel schmerzten, blieb der Gedanke verlockend, irgendwo zu wohnen, wo man mit dem Rad nach Hause fahren konnte, ohne es Dreiviertel der Strecke bergauf schieben zu müssen.
Schließlich schaffte sie das letzte Stück des Wegs und kam zu ihrem kleinen Cottage, eingezwängt zwischen einem ehemaligen Pub und einem Rudolf-Steiner-Kindergarten. Und als sie ihre schwere Tasche durch das Gartentor schleppte, das sich nur öffnen ließ, wenn man es kräftig anhob, schoß ihr durch den Kopf, daß ein Mann im Haus ziemlich nützlich sein könnte. Das Tor mußte repariert werden, und Muskeln wären nötig, um den Garten in Ordnung zu bringen und Feuerholz zu machen.
Doch die Idee war bereits verworfen, als Polly die Veranda erreichte. Die altersschwache Konstruktion bestand aus »rustikalen« Pfosten und Balken und wurde nur noch von den Ranken des Geißblatts und der Kletterrose zusammengehalten, die um die Vorherrschaft wetteiferten. Die wildwuchernden Gewächse versuchten auch, die Menschen auf ihre Seite zu ziehen, indem sie mit Dornen und Ästen an der Kleidung zerrten. Kein Mann würde den Pflanzen eine solche Aufsässigkeit ungestraft durchgehen lassen, und nach den brutalen Gegenmaßnahmen würde die Veranda endgültig einstürzen und nie mehr neu errichtet werden. Polly kannte die Männer. Es war besser, das Gartentor selbst zu richten, als zuzulassen, daß sich jemand über Gebühr in alles einmischte.
Während sie sich anstrengte, den Schlüssel in genau dem richtigen Winkel ins Schloß zu stecken, um die Haustür aufmachen zu können, hörte sie das Telefon klingeln.
Sie beeilte sich nicht. Um diese Zeit – vor sechs Uhr – rief nur ihre Mutter an, und die würde sich später noch mal melden. Außerdem wollte ihre Mutter sicher einen detaillierten Bericht über Melissas Dinnerparty hören, und Polly brauchte noch Zeit zum Nachdenken. Wie konnte sie das Fiasko schildern, ohne ihre Wahrheitsliebe und die Gefühle ihrer Mutter allzu sehr zu verletzen? Sylvia Cameron hatte ihre Tochter nicht dazu erzogen, von Dinnerparties wegzulaufen, nur weil man dort gegen ihre feministischen Überzeugungen handelte.
Als sich der Schlüssel im Schloß drehen ließ, hörte das Klingeln auf, und Polly fragte sich ungefähr zum tausendstenmal, ob sie je aufhören würde, es ihrer Mutter recht machen zu wollen. Oder ob ihre Mutter irgendwann doch akzeptieren könnte, daß ihre Tochter keinen Mann haben wollte. Als einziges Kind einer Witwe hatte man eine große Verantwortung zu tragen.
Polly stolperte über die Stufe in das behagliche Durcheinander ihres Wohnzimmers, ließ ihre Einkäufe fallen und verpaßte den richtigen Zeitpunkt, um Selina, ihrer Katze, auszuweichen. Selina nutzte die Gelegenheit und sprang auf Pollys Schulter. Ab und zu wünschte sich Polly, Selina wäre nicht ganz so hündisch und unterwürfig. Ein bißchen Zurückhaltung könnte nicht schaden, besonders wenn Polly einen langen Arbeitstag hinter sich hatte.
»Hallo, Schätzchen. Ja, ich liebe dich. Ja, ich habe dir was zu fressen mitgebracht. Au!« Die Krallen der begeisterten Katze durchdrangen mühelos den Mantel, zwei Pullover und ein T-Shirt.
Mit Selina vor dem Gesicht bahnte sich Polly blind einen Weg an den Bücherstapeln, Waschkörben, in Kisten verpackten Töpferarbeiten und Resten vom gestrigen Abendessen vorbei zur Küche. Die Wärme des Holzofens umarmte sie wie ein alter Freund.
Wegen dieses Ofens hatte sie das Cottage gemietet – er war eine Wohltat inmitten einer so unsicheren Welt. Wenn sich Polly schlecht fühlte, legte sie ein zusammengefaltetes Handtuch auf den Ofendeckel, setzte sich mit einer Teetasse in der Hand drauf, stützte die Füße auf einen Stuhl und schmökerte. Die Herdplatten genügten für Pollys Kochkünste, es wurden jederzeit Unmengen heißen Wassers produziert, und der Radiator, der das Badezimmer – als einzigen Raum im ganzen Haus – automatisch warmhielt, wurde von hier aus beheizt. Außerdem konnte Polly dabei ihre Wäsche und ihre Töpfersachen trocknen.
Um all diese Vorteile genießen zu können, nahm sie gern in Kauf, Holz und Kohle schleppen, Asche fegen und die schweren Ascheimer leeren zu müssen. Sogar der Geruch nach
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