Zum Teufel mit David!: Roman (German Edition)
Rauch, der sich in ihren Kleidern festsetzte, und die feine Rußschicht, die sich auf alles legte, was sich in der Nähe befand, störten sie nicht. Gewöhnlich putzte sie im Winter einmal monatlich den Kamin aus, eine große Plage. Aber sie erledigte diese Arbeit »behutsam und ordentlich, als würde sie mit rohen Eiern jonglieren«, wie Bridgets Sohn einmal bemerkte, nachdem er ihr dabei zugesehen hatte.
Das war eines der vielen Dinge, die Pollys Mutter nicht verstand.
»Du behauptest immer, daß ein Ehemann zu viel deiner Zeit und deiner Energie in Anspruch nehmen würde, aber Männer sind nicht halb so eigensinnig und anspruchsvoll wie dieser dreckige alte Ofen. Wenn du einen Mann hättest, der dir eine Zentralheizung und einen anständigen Herd bieten kann, hättest du wesentlich mehr Zeit für deine Töpferei. Kohlen zu schleppen ist so ... unweiblich .«
Und, nach Art aller Mütter, gab sich Pollys Mutter die Schuld daran, daß ihre Tochter nicht fraulich genug war. Irgendwie mußte sie bei der Erziehung etwas entsetzlich falsch gemacht haben. Ihre häufigen Streitereien über das Chaos in Pollys Zimmer und die verzweifelten Ausrufe »Kein Mann wird jemanden in seinem Haus dulden, der so unordentlich ist wie du« hatte nicht die gewünschte Wirkung auf Pollys Entwicklung gezeigt. Statt dessen hatte sich Polly vorgenommen, daß es niemals einen Ehemann geben würde, der mit ihrer Schlampigkeit zurande kommen müßte.
Natürlich hätte Sylvia Cameron ihre Tochter lieber in einem Saustall wohnen lassen, wenn ihr klargeworden wäre, daß Polly eher den Männern als ihrer Unordnung abschwören würde. Dann hätte sie sich die Chance erhalten, Enkelkinder zu bekommen – oder wenigstens, wie Polly es boshaft ausdrückte, einen Stall voll kleiner Ferkel. Aber Sylvia Cameron hatte noch immer keine Enkel. Und wenn auch Polly nicht zur Kenntnis nahm, daß ihre biologische Uhr bald ablaufen würde, ihre Mutter war sich dessen sehr wohl bewußt. Polly vertrödelte ihr gebärfähiges Alter, und das Familientaufkleid läge weiter unbenutzt in dem Sandelholzkästchen, in dem Sylvia es aufbewahrte.
Jetzt, als Polly an die oft wiederholte Konversation mit ihrer Mutter und an Melissas Dinnerparty dachte, überlegte sie, ob ein Wurf Kätzchen mit aristokratischer Abstammung mütterlicherseits Sylvia zufriedenstellen könnte. Wahrscheinlich nicht.
Polly stellte den Wasserkessel auf eine der Herdplatten und öffnete eine Dose mit Katzenfutter. Selina ließ sich dazu herab, von Pollys Schulter auf den Küchentisch zu springen und von dort auf den Boden. Solange sie brauchte, ihr Schälchen zu leeren, hatte Polly Gelegenheit, in Ruhe ihre eigenen Gedanken zu verfolgen. Sie konnte ihre Mutter nicht gut noch länger hinhalten, weil diese so begeistert reagiert hatte, als sie hörte, daß sich Polly und Melissa wieder treffen wollten. Geradezu in Ekstase geriet sie bei der Vorstellung, daß ihre Tochter schließlich doch noch zu dem Freundeskreis Zugang haben würde, der ihrer Ansicht nach genau passend für sie war.
»Arme Mummy.« Polly schüttete kochendes Wasser über den Teebeutel, der in einem selbst getöpferten Becher hing. »Wann kapiert sie endlich, daß ich so, wie ich lebe, glücklich bin?« Sie wußte natürlich, daß der Wunsch nach Enkelkindern Sylvia dazu trieb, die Unabhängigkeit ihrer Tochter zu bemängeln. Und wenn Pollys Hormone verrückt spielten, dann war sie manchmal sogar drauf und dran, nachzugeben.
Angenommen, es wäre gar keine so schlechte Idee, ein Kind allein aufzuziehen – wie könnte sie einen Vater finden? »Entschuldigen Sie, Sie sehen aus, als hätten Sie hübsche Gene. Würde es Ihnen was ausmachen, ein Baby mit mir zu zeugen?«
Wohl kaum. Und eine künstliche Befruchtung wäre zu kaltblütig. Zudem fand ihre Mutter das Ganze abscheulich, sonst würde sie Polly das Angebot machen, die Kosten für die Operation zu übernehmen und sich um das Kind zu kümmern.
Polly ging mit dem Teebecher ins Wohnzimmer und setzte sich hin – noch immer im Mantel. In einer Minute würde sie genügend Kräfte mobilisieren können, um Feuer im Kamin zu machen. Und genau in dem Augenblick, in dem sie es nicht mehr länger hinausschieben konnte, würde sicher ihre Mutter anrufen.
»Bist du müde, Liebes?« würde sie wissen wollen. Und Polly müßte das entweder fröhlich abstreiten oder zugeben, daß sie tatsächlich ein wenig erschöpft war. Daraufhin würde ihre Mutter fragen, wieso sie einen so
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