Zum Teufel mit David!: Roman (German Edition)
in ihr geweckt hatte, den profitgierigen Bradleys so nahe stand. Sie wollte überheblich und reserviert wirken – anders als die Närrin in kurzem Kleidchen, die bei der erstbesten Gelegenheit von einer Dinnerparty wegläuft. Sie hatte lange frierend in ihren Damart-Dessous vor ihrem Schlafzimmerschrank gestanden und überlegt, was sie heute anziehen sollte.
Also hatte sie nicht nur wegen Bridgets Zentralheizung ihre übliche vielschichtige Baumwoll- und Wollmontur ausgesondert und sich für einen langen, weichen Pullover mit dazu passendem langen Wollrock entschieden. Die Zeit, ihre Stiefel zu wienern, hatte sie nicht mehr gehabt, aber sie hatte Feuchtigkeitscreme auf die Schuhspitzen gerieben. Mit einem breiten Ledergürtel und Schulterpolstern unter den BH -Trägern wirkte sie zwar nicht wie ein Modepüppchen, trug aber auch nicht ihren typischen Sacklook, wie Beth ihr normales Outfit immer zu nennen pflegte. Und ihr Haar, das sie seit Samstag nicht mehr gewaschen hatte, flatterte heute wenigstens nicht in alle Richtungen.
»Sagst du das nur aus Höflichkeit?«
»Selbstverständlich nicht«, wehrte Alan ab. »Ich bin immer ehrlich und offen, stimmt’s, Bridget?«
»›Brutal‹ wäre das treffendere Wort. Und er hat recht – du siehst heute ungewöhnlich respektabel aus.«
»Und wie geht’s dir so, Alan?« fragte Polly, nachdem sie endlich überzeugt war.
»Ich halte mich einigermaßen über Wasser. Kommst du, Bridget, oder soll ich lieber Polly mitnehmen?«
»Ich warte schon seit zehn Minuten auf dich«, erwiderte Bridget nachsichtig, und wahrscheinlich stimmte das sogar. »Amüsier dich gut, Polly. Um neun Uhr geht’s ins Bett, Cherry. Jetzt aber los.« Sie zupfte ihren Mann liebevoll am Ärmel. »Du fährst heute.«
Polly ging in die Küche zurück, um nachzusehen, was ihre Schützlinge trieben.
Ihr gutes Verhältnis zu Bridgets drei Kindern gründete auf wechselseitiger Zuneigung und Respektlosigkeit. Der vierzehnjährige Mark, Bridgets ältester, neckte sie mit gutgemeinten Ratschlägen, die seine neunjährige Schwester Cherry zur Weißglut gebracht hätten. Neil war stiller und nicht so zugänglich, aber ein Lächeln von ihm lohnte jede Mühe. Cherry war zutraulich und lieb, es sei denn, einer ihrer Brüder provozierte sie – dann verwandelte sie sich in eine kleine Furie. Alle drei berieten Polly in Modedingen, erklärten ihr, welche Musik man hören mußte und in welchen Filmen man garantiert keine Gänsehaut vor Grauen bekam.
Im Gegenzug lud sie die drei mit ihren Freunden in ihr Haus ein und versorgte sie mit Getränken und überbackenen Käsetoasts. Als die Kinder kleiner gewesen waren, hatte sie ihnen auch ihre Küche zum Kochen zur Verfügung gestellt. Bridget war zwar eine tolerante Mutter, aber bei festgetretenen Lebkuchenkrümeln und verschmiertem Teig auf dem Küchenboden endete ihre Gutmütigkeit.
Polly fand alles gut so, wie es war, und sie bezweifelte, daß ihr eigene Kinder so viel Freude machen könnten. Doch heute abend hoffte sie, die drei würden ihre erfrischende Offenheit ein wenig zügeln.
Mark saß am Küchentisch und las in einem Buch, auf dessen Umschlag ein Drache abgebildet war. Dabei machte er sich Notizen, als wäre er mit seinen Hausaufgaben beschäftigt. Cherry mampfte nackte Tagiatelle – die kulinarischen Fähigkeiten ihrer Mutter waren an sie vollkommen verschwendet.
»Sollen wir was kochen, Cherry? Wir könnten einen Kuchen backen«, schlug Polly vor – Kuchenbacken war eine hübsche Beschäftigung für Erwachsene .
Cherry und Mark tauschten bedeutungsvolle Blicke. Ihre Mutter war bei weitem nicht so lässig wie Polly, wenn sich ihre Küche in einen Saustall verwandelte. Wenn etwas in Pollys Küche daneben ging, wartete sie einfach, bis es durch die Kokosmatte gesickert war, aber hier würden sie aufräumen und saubermachen müssen, sobald sie fertig waren.
»Willst du nicht lieber fernsehen, Polly?« erkundigte sich Mark.
»Zufällig nicht.« Normalerweise war Polly begeistert, wenn sie einen Abend vor Bridgets großem Farbfernseher verbringen konnte. Seit ihr eigenes tragbares Schwarzweißgerät den Geist aufgegeben hatte, war ihr Haushalt fernsehlos. Und während sie zu Hause blendend nur mit einem Radio zurechtkam, genoß sie es, woanders fernzusehen, wann immer sie Gelegenheit dazu hatte.
Doch heute abend war alles anders. Sie war nicht fähig, sich in Ruhe in einen Film zu vertiefen, wenn David Locking-Hill jeden Augenblick mit ihren
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