Zum Teufel mit David!: Roman (German Edition)
Sie war sicher, daß Melissa ihr eine genaue Übersicht über seine Vermögensverhältnisse geliefert hatte, konnte sich aber beim besten Willen nicht mehr an Einzelheiten erinnern. Jedenfalls war er mit einem Selbstbewußtsein gesegnet, das ihm der Wohlstand, der seit Generationen angehäuft worden war, verliehen haben mußte. Er protzte keineswegs mit Luxusartikeln, wie es neureiche Yuppies taten. Was er wohl gedacht hatte, als er Thalias sagenhaftes Speisezimmer oder die ausgestopften Elchköpfe sah?
Seine Kleidungsstücke waren nicht neu – das Hemd hätte sogar ein Erbstück von seinem Vater sein können – mit leicht abgestoßenen Manschetten. Wahrscheinlich hatte der alte Herr dutzendweise Hemden von Jermyn Street gekauft, und sie konnten einige Generationen überleben.
Seine großen Schuhe, die sie beinahe zum Straucheln brachten, als sie die Küche auf dem Weg zum Kühlschrank durchquerte, hatten den Glanz, der nur durch Jahre regelmäßigen Wienerns entstand. Für das Schuhwerk eines Locking-Hill genügte kein hastig verteilter Klecks Gesichtscreme oder Möbelpolitur. Polly hatte das Gefühl, daß man ihm jederzeit Tag oder Nacht – einen Besuch abstatten konnte und ihn immer als perfekt angezogenen englischen Gentleman antreffen würde. Der Traum jeder Schwiegermutter.
Polly stöberte ein Päckchen braunen Zucker auf und leerte es in das Keramikschüsselchen, das sie Bridget zum Geburtstag getöpfert hatte. Sie stellte ihr Weihnachtsgeschenk – Tassen und Untertassen, die zu der Zuckerschale paßten – auf ein Buchenholztablett, drapierte ein paar selbstgebackene Plätzchen auf einen Teller (der auch auf ihrer Drehscheibe entstanden war) und nahm Teelöffel aus der Schublade. Was hatte David nur an sich, das mich dazu veranlaßt, wie eine naß gewordene Glucke hin und her zu rennen? fragte sie sich verärgert. Selbst Bridget machte es nichts aus, die Keksdose auf den Tisch zu knallen und alle Leute darin herumkramen zu lassen. Aber ausgerechnet sie stellte sich hin und legte Honigkuchen und Mürbteigplätzchen in ordentliche Reihen auf den Teller. Als nächstes würde sie sich noch auf die Jagd nach Zierdeckchen und Kuchengabeln machen! Sie erwärmte die Milch.
Einen anständigen Kaffee zu Filtern dauerte seine Zeit, und Polly dehnte den Vorgang aus, so lange es menschenmöglich war, doch irgendwann mußte sie sich eingestehen, daß er fertig war, und sich ihrem Besucher stellen.
»Sollen wir ins Wohnzimmer gehen oder hier bleiben?« Möglicherweise hielten sich die Kinder im Wohnzimmer auf, und da Mark ihr diese Suppe eingebrockt hatte, konnte er ihr auch helfen, sie wieder auszulöffeln.
»Ich denke, Sie sollten sich zu mir setzen, Polly. Ich bin sicher, sie hatten einen anstrengenden Tag.«
Der Unterton in seiner tiefen, wohlklingenden Stimme verriet ihr, daß ihn die naß gewordene Glucke so sehr an die verrückte Flucht von der Abendgesellschaft erinnerte, daß er die Details kaum vergessen konnte.
Sie bedachte ihn mit einem kurzen, freudlosen Lächeln und plazierte das Tablett auf den Tisch. Dann ließ sie sich nieder, schenkte den Kaffee in die Tassen und bot ihm Plätzchen an.
Er nahm einen Mürbteigkeks und schaffte es lästigerweise sogar, ihn zu essen, ohne auch nur einen Krümel auf seinen Pullover zu bekommen. Sein Kindermädchen mußte diesen Musterknaben geliebt haben – nie ein am falschen Platz liegendes Härchen, und ein Junge der bestimmt kein einziges Mal mit vollem Mund gesprochen hatte!
»Das sind aber hübsche Tassen und Untertassen«, sagte David.
All ihre häßlichen Gedanken verflogen – er konnte gar kein enger Freund der Bradleys sein. Wahrscheinlich hatte er bei dieser Versteigerung nur mitgemacht, weil die Gelder einem guten Zweck zugeführt werden sollten. Zum erstenmal schenkte sie ihm ein aufrichtiges Lächeln. »Oh, gefallen sie Ihnen? Es sind meine – das heißt, ich habe sie getöpfert und sie Bridget und Alan zu Weihnachten geschenkt.«
Er betrachtete seine Tasse genauer. Polly war selbst zufrieden mit ihrem Werk. Es waren cremefarbene Frühstückstassen mit handgemalten Tieren, die sie aus Cherrys Lesefibel kopiert hatte.
»Sie sind entzückend«, befand er. »Und außerdem kann man sehr gut daraus trinken.«
Polly sonnte sich für einen warmen Augenblick in seinem Lob. Sie arbeitete hart, um sicherzustellen, daß ihre Keramiken brauchbar und gleichzeitig schön waren. Wie gut, daß jemand das mal zu schätzen wußte.
»Sind Sie eine
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