Zum weißen Elefanten
reizende Mensch selbst.«
Hua war nicht weniger überrascht. Er strahlte, als er Jane erkannte; Katherine, die ausnahmsweise im Hintergrund blieb, schien er kaum zu bemerken.
»Sie die kleine Frau mit den Bügeleisen, hm? Gut. Sehr gut. Mr. Enderby haben gesagt: >Gehen Sie meine guten Freunde besuchen und helfen Sie ihnen, wenn Sie Lust haben.< Ich habe Lust. Sehr o. k. Ich mögen anstreichen und machen es nicht schlecht. Also wir beginnen jetzt.«
Wunderbar, dachte Jane, und zum ersten Mal pries sie die verwünschte Versteigerung. Von diesem Moment an wurde Hua ihr guter Freund und Verbündeter, der regelmäßig zwei- oder dreimal in der Woche kam, immer, wenn er Lust dazu verspürte. George Enderby war zufrieden und sagte Jane, sie solle sich ihren kleinen unabhängigen Kopf nicht darüber zerbrechen. »Es macht ihm Spaß. Er scheint euch akzeptiert zu haben, vor allem diejenige, die er als >die kleine picanini< bezeichnet.«
Diesmal nahm Jane die Anspielung auf ihr jugendliches Aussehen nicht übel. Es war ein schönes Gefühl, von jemandem bevorzugt zu werden, und sie mochte Hua sehr gerne. Sein Aufzug fesselte sie jedes Mal von neuem. Wenn er in seinem wunderlichen alten Auto aufkreuzte, das aus einer Maschine und einem ungepolsterten Sitz zu bestehen schien, sah er immer aus, als hätte er angezogen, was ihm gerade unter die Finger gekommen war. Da er nicht verheiratet war und seine Mutter zweimal kleiner und zweimal dicker war als er, erregte es ziemliches Aufsehen, wenn er ihre Strickjacken anzog. An heißen Vormittagen trug er ein sauberes, aber sehr zerfetztes eigenes Unterhemd und an kalten einen sehr gut geschnittenen, aber uralten Jagdrock des >Fürsten<. In der Regel kam er barfuß, obwohl er angeblich Schuhe so gut. reparieren konnte, und außerdem schien er eine besondere Vorliebe für ausgefallene Damenhüte zu haben, die er wahrscheinlich von einer Kusine erbte. Jane sah dieses dunkle, hagere, lächelnde Gesicht gerne unter einem Strohhut, an dem ein paar welke Mohnblumen oder ein Bündel verblichener Bänder baumelten.
Er war ein unermüdlicher und gewissenhafter Arbeiter, und auf sein Zureden sah sie ein, daß sie, wenn auch ungerne, nicht umhinkönnen würde, den äußeren Anstrich des weißen Elefanten in Angriff zu nehmen. Nachdem er bei den schwierigen Innenarbeiten geholfen hatte, überließ er ihnen die letzten Feinheiten und sagte: »Innen sehr gut. Aber außen, hm? Sehr scheußlich, hm. Käufer werden weglaufen. Glauben Sie nicht?«
Das glaubte sie schon, schreckte jedoch vor dem Umfang und den Unkosten dieser Arbeit zurück. Die Zeit verging, und ihr Geld schwand. Trotzdem mußte sie zugeben, daß der erste Anblick einen schlechten Eindruck machen würde; aber was würde geschehen, wenn man nun das ganze Geld ausgab und doch keinen Käufer finden konnte?
Katherine war da ganz kühn und zuversichtlich. »Geld? Wird schon irgendwoher kommen. Ist doch immer so. Sei nicht kleinlich, mein Schatz. Wegen fünf Pfennig darfst du nicht alles verderben. Ich weiß zwar nicht, wieviel wir brauchen, aber Mr. Enderby ganz bestimmt. Und vergiß nicht, daß ich noch meine zwölfhundert Mark habe.«
In jeder schwierigen Situation erinnerte sie daran, so stolz, als wäre es ein Vermögen und nicht die letzte Reserve, die sie noch von den schweren Zeiten trennte, die Jane schon fürchtete. Jetzt fuhr sie fort: »Wir müssen es tun. Hua wird die schlechten Stellen ausbessern, und dann wird es wie neu aussehen. Natürlich in Weiß, denn es ist ein so lieber weißer Elefant. Ein grünes Dach? O nein, Jane. Es ist doch ganz klar, blau, damit es zum Meer paßt. Das wird herrlich aussehen, die Käufer werden bestimmt Schlange stehen — soll sie doch der Teufel holen.«
Sogar auf Katherine war ein Funke von Janes sorgsam kontrollierter Begeisterung für das alte weiße Haus übergesprungen.
Hua übernahm die schwere Arbeit, Tony half unregelmäßig, aber hingebungsvoll, wenn er freie Zeit hatte, Nora befaßte sich mit den »dummen Kleinigkeiten«, wie sie es nannte, Hugh half Hua bei allem an den Wochenenden — und so war es schließlich vollbracht, und der weiße Elefant stand glitzernd und schön an einem Meer, das nicht blauer war als sein Dach. Jane dachte gar nicht gerne an ihr Bankkonto, aber sie wußte, daß das Ergebnis gut war, daß es echte Verkaufschancen gab und das Leben eitel Freude sein würde.
Das war es auch, bis zu dem Tag, an dem sie das Haus den Maklern an die Hand gaben, nachdem
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