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Zum Wilden Einhorn

Titel: Zum Wilden Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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sich fest an den Stock klammernd, machte Stulwig ein paar Schritte rückwärts, bis seine geblendeten Augen wieder zu sehen vermochten. In dem Moment kam der Feuergott auf ihn zu.
    Stulwig riß den Stock hoch. Doch noch während er sich Cappen Varras Worte entsann, den Stock zwischen sich und jeglichem Angreifer zu halten, holte er - der Stockkämpfer - unwillkürlich aus und schwang den Stock nach dem überirdischen Wesen, das weniger als fünf Fuß entfernt war. Eine plötzliche Hoffnung durchzuckte ihn, als der mächtige Vashanka sich tatsächlich duckte, um dem Stock auszuweichen.
    Wie oft hatte Stulwig sich in der Wildnis mit dem Stock verteidigen müssen, wenn er Kräuter gesammelt hatte! Es war erstaunlich, daß immer wieder Nomaden ihre Säbel gezückt hatten, wenn sie ihn allein sahen, und zum Angriff herbeigestürmt waren.
    In einem Kampf gegen einen Säbel wäre es tödlich gewesen, mit dem Stock lediglich zu stoßen, denn da konnte er einem allzu leicht aus der Hand gerissen werden. In einem solchen Fall wäre es ein erbittertes Ringen um ihn, und jeder körperlich Überlegene könnte demjenigen den Stock wegnehmen, der unüberlegterweise versucht hatte, ihn zu benutzen, als wäre er ebenfalls eine Klinge.
    Bei Ils, dachte Stulwig innerlich jubelnd, es steckt Macht in diesem Stock! Der Blitzgott hält ihn ganz offensichtlich für gefährlich.
    Als ihm das bewußt wurde, begann Stulwig den Stock mit aller Kraft zu schwingen, wieder und immer wieder. Vergessen war Cappen Varras Mahnung, den Stock nur als Barriere zu benutzen.
    Es war faszinierend und erregend für Stulwig zu sehen, wie Vashanka jedesmal zurücksprang, wenn der Stock auf ihn zuschwang. Einmal sprang der Gott sogar hoch in die Luft, um nicht getroffen zu werden, fast zwei Fuß über den Stock!
    - Aber weshalb bleibt er? Warum zieht er sich nicht zurück, wenn der Stock ihm gefährlich werden kann? Ganz plötzlich durchschoß Stulwig dieser Gedanke und dämpfte seine Kampfeslust.
    Furcht erfüllte ihn. Es mußte einen Grund geben, warum Vashanka blieb und dem Stock auswich.
    Konnte es sein, weil er erwartete, daß die Kraft des Stockes versiegte?
    Diese entsetzliche Möglichkeit rief Stulwig Cappen Varras Worte ins Gedächtnis zurück. Der plötzliche Schock bei dem Gedanken, wie weit die Macht des Stockes bereits gemindert sein mochte, ließ den Heiler so schnell er konnte zu dem Korridor zurückweichen, der zur Treppe führte.
    Er schluckte erleichtert, als ein Blick über die Schulter ihm zeigte, daß die üblicherweise verriegelte Tür von Azyuna weit offen gelassen worden war.
    Und schon wirbelte er herum und raste die Treppe hinunter, vier Stufen auf einmal nehmend und einmal sogar fünf. Als er unten ankam, stand glücklicherweise auch die Haustür offen. Das hatte er in seiner wilden Flucht von der Treppe aus noch gar nicht bemerkt.
    In diesem Augenblick leuchtete die Treppe wie im hellsten Sonnenschein auf. Es bestand kein Zweifel, daß der Dämonengott ihn verfolgte.
    Stulwig raste hinaus in die finstere Nacht. Schlitternd bog er um die nächste Ecke und rannte die Straße entlang, bis er zu der Hauptstraße kam. Dort blieb er stehen, lehnte sich an einen geschlossenen Verkaufsstand und hielt den Stock vor sich.
    Etwas spät wurde ihm bewußt, daß er splitternackt war.
    Selbst zu dieser späten Stunde waren Leute unterwegs.
    Einige blickten ihn erstaunt an, doch die meisten blieben stehen und starrten in die Richtung, aus der er gekommen war - und wo über einem niedrigen Bauwerk mit Dutzend Türmen ein Glühen am Himmel erschien.
    Überall verliehen Stimmen dem Staunen Ausdruck. Und während Stulwig sich fragte, ob Vashanka seine Verfolgung fortsetzen würde, erlosch das Glühen.
    Er brauchte eine Weile, bis er neuen Mut schöpfte. Aber sein Gefühl sagte ihm: Obgleich ich den Fehler beging zu kämpfen, habe ich gewonnen ...
    Der Rückweg dauerte etwas länger, aber dafür waren die Straßen wieder dunkler und seine Blöße daher nicht so leicht erkennbar. Die Nachtwandler mußten schon sehr nah herankommen, ehe ihnen hier, wo so viele nur leicht bekleidet waren, auffiel, daß ein Mann ganz nackt war. So konnte er sich Vorsicht leisten, ohne sich genieren zu müssen.
    Schließlich, mit dem Stock vor sich ausgestreckt, stieg Stulwig die Treppe zu seiner jetzt wieder dunklen Wohnung hoch. Er fand die Kerze - er ließ immer eine brennen und tauschte sie selbstverständlich rechtzeitig aus - in dem Raum, wo er gewöhnlich die

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