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Zum Wilden Einhorn

Titel: Zum Wilden Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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jedoch zu kurz war, das Schwert der Falkenmaske mehr als nur abzuwehren, und zu breit, ihn zu werfen. Außerdem war er an die Mauer des Liliengartens gedrängt. Tempus hatte gerade noch Zeit, sein Pferd dorthin zu lenken und der Falkenmaske den Schädel zu spalten. Der herab sausende Hieb, durch den Tod nicht gebremst, wurde von dem langen Krummdolch abgefangen, den Nachtschatten mit beiden Händen hielt.
    »Hinter Euch!«
    Tempus hatte gewußt, daß die letzte Falkenmaske noch da war. Aber er konnte den unschuldig in den Kampf hineingezogenen Hanse nicht im Stich lassen. So hatte Tempus seine Wahl getroffen. Er duckte sich, warf sich seitwärts und zügelte das Pferd mitaller Kraft. Das Schwert pfiff über seinen Kopf und scherte ihm das Haar. Der aus dem Gleichgewicht gerissene Schimmel schrie, kippte und fiel auf das linke Bein. Einen Moment eingeklemmt, durchzuckte Tempus brennender Schmerz, und die Falkenmaske sprang herunter, um ihm den Rest zu geben. Da kam der Schimmel wieder auf die Beine. »Töte ihn!« brüllte Tempus. Er hatte die Klinge bereit, lag jedoch noch im Straßenschmutz. Er versuchte, hochzukommen, schaffte es auf die Knie, mit Staub in den Augen. Das Pferd bäumte sich auf und griff an. Die Falkenmaske schlug blindlings zu, die Arme über dem Kopf, das Schwert auf den weichen hellen Bauch gerichtet. Tempus versuchte, das Tier zu retten. Wie sehr er es versuchte! Mit dem singenden Schwert warf er sich auf den Gegner. Zu spät, zu spät. Pferdeblut spritzte. Der schreckliche Schmerzensschrei des Tieres gellte in seinen Ohren. Pferd, Falkenmaske und Tempus gingen um sich schlagend zu Boden.
    Als er wieder klar denken konnte, schloß er, daß der Schimmel die Falkenmaske im gleichen Moment getötet hatte, als dessen Klinge dem Tier den Bauch aufschlitzte.
    Aber er mußte dem Tier den Gnadenstoß geben. Um sich schlagend, grauenvoll röchelnd, lag es da. Unsicher beugte er sich über den Schimmel, dann kniete er sich neben ihn, streichelte seine Nase. Mit rollenden Augen schnappte das Pferd nach ihm. Es verlangte zu sterben. Tempus mußte ihm den Wunsch erfüllen, aber der Staub in den Augen schmerzte so sehr, daß sie stark tränten.
    Die Beine des Schimmels zuckten immer noch leicht, als der Höllenhund hinter sich etwas hörte. Er drehte sich auf dem unverletzten Bein und starrte auf Nachtschatten. Dieser befreite die toten Falkenmasken von ihren Waffen und Wertsachen.
    Er bemerkte es nicht, als Tempus davonhinkte. Zumindest ließ er es sich nicht anmerken. Wie auch immer, es gab nichts mehr zu sagen.
5
    Als Tempus den Waffenladen erreichte, schmerzte sein Bein nicht mehr. Es war taub. Es würde ohne Folgeschäden heilen, wie alle Wunden bei ihm heilten. Tempus haßte es.
    Zur Tür des Waffenladens schritt er, während das Morgenrot sein blutiges Licht über Freistatt warf.
    Mit dem gesunden Fuß stieß er die Tür weit auf. Wie sehr er übernatürliche Kämpfe verabscheute, genau wie sich selbst, wenn er seine unnatürlichen Fähigkeiten benutzen mußte.
    »Hör mich an, Vashanka! Mir reicht es! Laß diese Bude von hier verschwinden!«
    Er erhielt keine Antwort. Im Innern war es finster wie in der Grube des Nichtswissens, die den Tag und die Nacht hervorbrachte und das endlose Streben.
    Keine Waffen sah er, keinen Ladentisch, keinen Verkäufer, keine Regale voll Ware, die erwartungsvoll pulsierte und summte. Kein Wunder, er besaß seine ja bereits. Nur eine Waffe pro Kunde war die Regel; ein Körper, ein Geist, ein Leben.
    Durch Nebel kam er mit Flecken wie das Fell des Apfelschimmels; durch einen langen Korridor mit Licht an seinem Ende: rosa wie Neubeginn, rosa wie sein Eisenschwert, wenn Vashanka es durch seine, Tempus', Hand hob. Er scheute sich vor dem Gedanken an seine Zweiheit; kein Mensch betrachtete gern den Fluch, den er sich selbst gewählt hat. Er war, was er war, das Gefäß seines Gottes. Aber er hatte seinen eigenen Körper, und dieser Körper schmerzte; und er hatte seinen eigenen Geist, und dieser Geist war klamm und finster wie die Nacht und der Tod, den er austeilte.
    »Wo bist du, Vashanka, o Herr des Gemetzels?«
    »Hier!« antwortete die Stimme in seinem Kopf. Aber Tempus hatte nicht vor, auf irgendeine innere Stimme zu hören. Er wollte den, dem die Stimme gehörte, sehen.
    »Materialisiere dich, du Bastard!«
    »Das habe ich bereits; ein Körper, ein Geist, ein Leben - in jeder Sphäre.«
    »Ich bin nicht du!« knirschte er durch die Zähne und zwang seinen Willen, festen

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