Zungenkuesse mit Hyaenen
erwähnt.«
»Hatte sie Kontakt mit ihnen?«
»Sie hat ihre Arztrechnungen bezahlt. Das weiß ich, weil sie mich dafür angepumpt hat.«
»Kann Béla Schlosser einen Schlüssel haben?«
»Dieser Cellist? Auf keinen Fall! Felicitas’ Liebhaber hatten nie Schlüssel. Sie fürchtete Verwicklungen.«
»Müller?«
»Kann ich mir nicht vorstellen. Egozentriker wie er lehnen diese Art von Verantwortung ab.«
»Hat sie ihn geliebt?«
»Keine Ahnung.«
»Und er sie?«
»Möglicherweise. Aber er hat es vergessen.«
»Er hat es vergessen?«
»Er ist extrem vergesslich. Er wird immer vergesslicher. Vielleicht hat er auch vergessen, dass er sie umgebracht hat. Jedenfalls hätte er vergessen, dass er den Schlüssel hat und wo. Seit dem Sturz war es schlimmer geworden.«
»Ein Sturz? Was für ein Sturz?«
»Er war aus dem Rollstuhl gefallen und hatte eine Kopfverletzung.«
»Wann war das?«
»Vor zwei, drei Jahren.«
»Könnte David einen Wohnungsschlüssel haben?«
»Ist das der Glitzertyp mit den schwarzen Koteletten?«
»Genau, der Nachbar, ein Modedesigner.«
»Ja, der könnte einen haben. Seltsamer Typ. Ist in einem Geheimbund.«
»Was für ein Geheimbund?«
»Ich weiß nicht, was die machen, die tun immer geheimnisvoll und tragen diese seltsamen Sargringe. Felicitas hat mal davon erzählt. Es hat irgendwas mit Götz George zu tun.« Ruckhaft riss sich Hanna aus ihren Betrachtungen. »Ich muss, ich stehe im Parkverbot.«
Ratlos stand ich vor meinen Notizen, kritzelte hier, strich da und entfernte alles sorgfältig von der Wand, bevor ich Frau Puvogel telefonisch bat, mir bei der Kostümierung zu helfen. Sie machte sich sofort auf den Weg und entschuldigte sich wortreich für die Fahrstuhlpanne.
»Hanna war eben da und hat einen Wohnungsschlüssel gebracht.«
»Wer ist Hanna?«
»Die Freundin von Felicitas Müller.«
»Die hübsche oder die korpulente?«
Ich seufzte. »Die korpulente.«
»Ach so! Die Hübsche habe ich heute aus der Programmzeitschrift rausgerissen!« Frau Puvogel nestelte eine glänzende Illustriertenseite aus ihrer entschieden zu engen Hose. »Da!«
Tatsächlich war Veronika, Felicitas’ andere Freundin, dort abgebildet. Es handelte sich um einen Tatort-Drehbericht, um den letzten Tatort, den Felicitas Müller geschrieben hatte, den ersten mit Kuki Bobito als Kommissarin. Veronika, sie hieß bezeichnenderweise mit Nachnamen Mann, spielte darin eine Tatverdächtige. Ich nahmdas Papier an mich. Als ich Frau Puvogel sagte, wo ich eingeladen war, wurde sie neidesblass.
»Der Herr Doktor von Rube soll ja ein Krokodil in der Wanne halten«, sagte sie, während sie mir mit einem Nanü-Blick auf die roten Pumps der Müllerin, die in der Küchenspüle lagen, in den roten Samtfrack half.
Nur ein paar Freunde. Und ein Krokodil in der Wanne. Ich war erst so kurz in der Stadt und verkehrte bereits in den besten Kreisen. In der High Society, in die Frau Puvogel nie ihren dicken kleinen Fuß setzen würde.
»Stimmt es, dass hier früher lauter Geheimdienstleute gewohnt haben?«, fragte ich.
Frau Puvogel sprang heran, legte den Finger auf den Mund, auf meinen, wohlgemerkt, und nickte vielsagend. »Dieses Haus hat tausend Augen«, sagte sie. »Wenn Sie wüssten, was ich alles weiß. Eines Tages, wenn wir gemüüütlich beieinandersitzen, erzähle ich Ihnen die Geschichte.«
Dann betrachtete sie kritisch mein Gewand. Es wirkte in der Tat ein wenig schwul.
STEINIGUNG UNTREUER EHEFRAUEN
Bis zu Big Ben war es nur ein kurzer Fußweg durch eine inzwischen schon vertraute Landschaft von Baustellen, Bürogebäuden und gassigehenden Hundebesitzern. Ich hielt den Samtfrack überm Arm und tauschte ihn erst kurz vor Ankunft gegen meinen Mantel, es war mir unangenehm, so auf der Straße herumzulaufen, ich war nicht der Typ dafür. Ich füllte mein Kostüm ohnehin nicht ganz aus, zum einen körperlich, meine Schultern waren zu schmal, mein Hals zu dünn, zum anderen vom Wesen her, aber das war jetzt zweitrangig. WenigeMeter weiter erreichte ich das hochherrschaftliche Stadthaus mit einem zwei Meter hohen Eisenzaun, der aufs Haar dem glich, auf dem sich Romy Schneiders Sohn beim Klettern aufgespießt hatte.
Hier wohnte also Big Ben. Als kleiner Junge war ich einmal zu Besuch gewesen, mit Mutter, aber ich erinnerte mich kaum. Nur an sein Windspiel, er hatte damals schon eines, und daran, dass er mich gefragt hatte, ob ich an seiner Pfeife ziehen wollte, mir aber dann den Finger in den Mund gesteckt
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