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Zur freundlichen Erinnerung

Zur freundlichen Erinnerung

Titel: Zur freundlichen Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Maria Graf
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hingehen?—Schließlich—er hatte noch etwas Geld, Anzüge. Es ging eine Zeitlang. Dann?—
    Der Boden schwankte, man glitt aus, man ließ sich dahintreiben, dumpf und verbittert auf einen nächsten jähen Zufall wartend. Die fast märchenhafte Leichtigkeit, mit der man üher Nacht so hoch getragen worden war, hatte die Energie vernichtet.—Adam Högl knirschte und sah scheu rundherum. Die Angst kam von der Magengegend zur Gurgel heraufgekrochen. Mit einem Ruck riß er sich zusammen und schritt zur Tür. Da kam der schlanke Kellner und bat ihn in die Loge des Millionärs. Er atmete erleichtert auf. "Ich komme gleich," sagte er schnell und ging in die Garderobe.
    Nach einigen Minuten schritt er die Logenreihen entlang und hatte schon wieder die breitlachende, humorvolle Miene, die man an ihm gewohnt war. Aus verschiedenen Tischen nickten ihm Leute grüßend zu, und scheinbar ganz in seligster Wonne erwiderte er.
    Die Haarskerksche Loge war wie gewöhnlich gepfropft voll. Jeder der
Herren lachte bereits das knallige Lachen Adam Högls. Das gab Mut.
Noch war man also nicht ausgelöscht.—
    "Ah—haha!!" krächzte der Millionär aufstehend und machte Platz.
    "Was machst du?" fragte Yvonne den Angekommenen.
    "Einen schlechten Eindruck," erwiderte Högl trocken. Die Unterhaltung belebte sich, wurde aufdringlich laut.
    "Psst! Psst!" zischte es aus den gegenüberliegenden Tischen, denn eben trat die neuengagierte Sängerin auf und trillerte die ersten Laute.
    "Ah—a—a—ah—ah—a—a—aa!" sang Högl boshaft mit angestrengtester
Kopfstimme nach und der ganze Tisch kreischte hellauf.
    "Psst! Psst!" Adam Högl entdeckte mit einem flüchtigen Blick drüben in einer dunklen Ecke Krull mit finsterem Gesicht, wandte sich schnell wieder weg.
    "Ein Türteltäubchen! Ein Täubchenturtel!" gröhlte er sehr laut.
    "Ru—u—uhee! Psst!" brummte es noch energischer und empört gehobene
Gesichter tauchten auf.
    "Mistkäfer! Schweinebande!" knirschte Yvonne dumpf in den Tisch und rief lauter: "Anton zahl'! Wir wollen gehen! Sofort!"
    Der Kellner kam eilends herangeflitzt. Sehr geräuschvoll bezahlte der Millionär und die ganze Loge erhob sich. Alle tappten im Gänsemarsch knatternd auf den Ausgang zu.
    "Psst! Psst! Ru—uhe!" surrte es ihnen nach. An der Tür stand Krull, verbeugte sich devot und wollte entschuldigen.
    "Schon gut! Schon gut! Wir werden's uns merken!" schrie Yvonne und befahl resolut: "Kommt! Laßt euch nicht aufhalten!" Der Trupp stürzte hinaus. "Ich möchte heut' nur Högl, Kotlehm und Raming, Anton! Laß die andern nach Hause fahren! Wir wollen unter uns sein!" sagte Yvonne vor dem Auto. Der Millionär rannte auf die anderen Begleiter zu, sagte ihnen dies, kam wieder zurück, stieg rasch ins volle Auto und gab das Zeichen zum Abfahren.
    "So sind alle Wirte, weißt du! Pack! Pack!" schimpfte Yvonne während des Dahinfahrens.
    "Eben! Eben!" brummte Högl in tiefem Baß.
    "Ein solches Miststück mit ihrem Geplärr! Na, ich danke!"
    "Eben! Eben!" sekundierte Högl befriedigt.
    Der Maler Kotlehm lachte gewaltsam.
    "Und diese Preßsackbrüste, pw! Diese Wurstfinger, äh!" zeterte Yvonne.
    "Gulasch! Gulasch mit Kartoffel!" murmelte Högl. Man lachte allenthalben. Yvonne warf ihre Arme hingerissen um Högls Nacken und drückte ihr kaltes geschminktes Gesicht an seine Wange, küßte ihn breit und feucht, daß es schnalzte: "Högl, Du bist mein Mann!"
    Die Stimmung war wiederhergestellt.
    "Was trinken wir?" fragte van Haarskerk.
    "Sekt! Sekt!—Ich möchte heute schwimmen im Sekt—und dann Whisky!" rief Yvonne emphatisch.
    Das Auto fuhr surrend durchs Tor.
IV.
    Die Dienerschaft war zu Bett gegangen. Es war still. Überall herrschte ein Geruch nach Zigaretten, Parfüm und Alkohol. Man ließ sich in die tiefen, nachgiebigen Fauteuils um den offenen Kamin im Rauchzimmer fallen. Jener Punkt war erreicht, wo alles öde, langweilig, dumm und trist zu sein scheint. Die Stimmung war zweideutig und unentschieden. Es hieß geschickt eine Krise zu vermeiden, die scharfen, vorgeschobenen Riffe der Überreiztheit gewandt zu umsegeln. Noch zwei oder drei schweigende Minuten und man stand vielleicht auf, gähnte dösig und ging zu Bett—oder aber auch Yvonne stieß zufällig mit dem Fuß wo an, knirschte gehässig und schmiß eine Vase kaputt. Es gab Skandal und alles war verloren, verhunzt. "Ich hab' Hunger," sagte Yvonne bereits bedrohlich.
    Adam Högl ergriff die Gelegenheit und brummte trocken: "Ein frugales
Mittelstück! Sehr

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