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Zur freundlichen Erinnerung

Zur freundlichen Erinnerung

Titel: Zur freundlichen Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Maria Graf
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richtig! Weder Früh—noch Nachtstück—ein Mittelstück,
ein Stück in der Mitte!" Man lachte lahm. Der Maler Kotlehm und der Lyriker
Raming bewegten sich etwas aufgefrischter: "Ja, das wäre nicht dumm!"
    "Geht!" befahl Yvonne Högl und dem Millionär. Die beiden waren aufgestanden. "Komm! Kommen Sie, Herr Küchenchef! Wir wollen—Na, die Herrschaften, na—na!?" trompetete Högl in seinem breiten Baß, als er mit van Haarskerk in die Küche ging. Während der Hausherr eineinhalb Dutzend Eier kochte, schmierte Högl Butterbrote, strich Kaviar darauf, schnitt Schinken und Seelachs.
    Der Sekt war bereits abgekühlt.
    Als er die Gläser und das Tablett mit den Speisen in das Rauchzimmer trug, hatte sich Adam Högl wieder ganz in der Gewalt und bediente behend wie ein Servierkellner. Man griff gierig zu, schmatzte. Die Stimmung hob sich.
    "Und ick?!—Ick hock mir ins Klosette rin und kotze alle Spucke rinn!—rinn!—rinn!—" johlte Högl wie ein Grammophon mit wässerigem Mund. Und: "—rinn!—rinn!—" wiederholte der ganze Chorus.
    Zufällig warf der Millionär seine Eierschalen in großem Bogen zur Decke. Sie fielen in den Spiegel oberhalb des Kamins und zischten auseinander. Belustigt darüber schleuderte Yvonne ihr Ei in die glitzernde Fläche. Benng! klatschte es spritzend auseinander. Einen Moment gafften alle unschlüssig.
    "Hoi—j! Hoi—j!" brüllte Högl unverblüfft wie ein Ausrufer und warf ebenfalls sein Ei in den Spiegel. Das gefährliche Riff war umschifft. Alles gröhlte mit einem Male mitgerissen. Patsch—Patsch—Patsch! Jeder warf sein Ei in den Spiegel. Es klatschte um die Wette. Yvonne schüttelte sich berstend. Adam Högl hüpfte vor Vergnügen. Wie doch alles einfach ist!—"Das ist—um es richtig zu sagen—der Kampf mit dem Spiegel oder der verspritzte Eidotter auf dem Kamingesims!" plapperte Raming rülpsend.
    "Hahaha—ha! Der Lyriker wird witzig!" stichelte der Millionär.
    "Der Spiegelkrieg! Das Krieglspielchen! Das Spielchen mit dem
Kriegl-Spiegl!" gluckerte Högls Bauchstimme. Ein hemmungsloses
Gelächter peitschte auf. Man trank überschnell und mit vollstem
Behagen. Adam Högls Gesicht glänzte triumphierend. Sehr gewandt
spuckte er seinen Mund voll Sekt zur Decke. Ein dicker Strahl war's.
Im Nu folgten die ändern.
    Die Stimmung hatte einen ersten Höhepunkt erreicht. Es galt, ihn zu halten. Adam Högl begann zu zoten.
    —Dem Lyriker Raming gab der Millionär seit einem Jahr ein Stipendium, weil Yvonne dessen bastardhaft verfaltetes Gesicht gelegentlich einmal als "angeilend" bezeichnet hatte. Des Malers Kotlehm vulgäre Schönheit entzückte die Diva dergestalt, daß sie van Haarskerk veranlaßte, ihm ein Atelier zu bauen. Von anderen noch wußte Adam Högl, daß sie beträchtliche Summen wegen eines Witzes oder dergleichen erhalten hatten.
    Und er hatte sich Wasser kübelweise üher den Kopf schütten lassen.
    In den Bauch treten lassen!
    Und in acht Tagen?—
    Raming rülpste, ließ den Kopf haltlos auf seine Brust herabgleiten, sank zusammen und schlief ein.
    "Der ausgewundene Strumpf zieht sich in die Vorhaut zurück!" rief Högl breit, überprüfte unbemerkt die Gesichter der ändern.
    "Die Inspiration kommt im Schlaf!" warf der Millionär beiläufig him.
    "Weißt du, Anton," sagte die Diva schnell und aufgeräumt, "ein
Spielchen wäre jetzt richtig angebracht!"
    "Ein Bakkarat?—Ja, das wär' jetzt sehr nett!" sagte der Maler Kotlehm ebenso.
    "Sehr richtig! Gewiß die Damen! Gewiß die Herren! Die Dammenherren, die Herrendammen!" plapperte Högl und verbeugte sich wie ein Lakai: "Adam Högl übernimmt die Saufregie, bitte, bitte meine Herrschaften, bitte!"
    Das Schnarchen Ramings sägte friedlich und gleichmäßig. Yvonne, Kotlehm und der Millionär setzten sich um das Spieltischchen, legten die Banknoten in die Mitte.
    "Prost, Herr Kunstmaler, Herr Kotstengel!" rief Högl hämisch, hob das volle Sektglas und schluckte hastig den ganzen Inhalt hinunter.
    Van Haarskerk gab die Karten.
    Högl, der nicht spielen konnte, ging auf und ab und brümmelte leise singend vor sich him. Von Zeit zu Zeit lugte er flüchtig auf den getürmten Haufen der Banknoten, die sich in der Tischmitte sammelten. Lässig zog man die Scheine weg oder warf neue him.
    Mattblauer Tag lag schon auf den Gesimsen. Die Gärten draußen
bleichten. Stare zwitscherten leise auf. Tau stieg von der Erde hoch.
Unbehaglich tappte Adam Högl auf und ab, schielte manchmal auf die
Spieler, dann wieder durch

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