Zur freundlichen Erinnerung
zur Steigerung des Vergnügens viele, viele Stöße in den hingehaltenen Bauch und tanzte zuguterletzt patschig und negerhaft wie ein Eunuch im Hemd herum, daß sich die ganze Gesellschaft vor Lachen wälzte.
Von da ab saß er jeden Abend am Tische van Haarskerks, duzte sich mit diesem. Der Millionär war eine besondere Art von Mensch, Er hatte der kleinen Kabarett-Diva Yvonne eine Villa draußen an der Peripherie der Stadt gebaut und vertrieb sich die Zeit damit, mit ihren früheren Bekannten Gelage zu halten, ausgesuchte Gerichte zu kochen und Autotouren zu machen. Durch sein Verhältnis mit der Diva war er im Laufe einer ganz kurzen Frist zu einer Art Stadtbekanntheit geworden. Meistens kam er mit zwei oder drei vollbesetzten Autos im Paradies-Kasino an. Allerhand zweifelhaft gekleidete Leute begleiteten ihn, alles frühere Geliebte Yvonnes—: abgewirtschaftete Studenten, die sich Dichter nannten, einige Kunstmaler, ehemalige Kabarettleute, undefinierbare Witzbolde und schließlich noch einige Herren, die stets neueste Mode am Leibe trugen, gepudert waren und das Einglas ins Auge geklemmt hatten. Nach Schluß der Vorstellung fuhr man nicht selten mit noch Hinzugekommenen, momentan die Langeweile vertreibenden Eingeladenen nach Hause, um dort weiterzutrinken, zu diskutieren oder Bakkarat zu spielen, his die Frühe fahl ihr Licht durch das dicke Glasdach des Wintergartens auf die Zecher herabfallen ließ.
Adam Högl faßte festesten Fuß in diesem Hause, ja, zählte geradezu zur Familie, lernte fabelhafte Tafeln kennen, überschüttete die gelassene Gleichgültigkeit, mit der man hier Unsummen in die Spieltischmitte schob und wieder wegzog, mit seinen herabmindernden Späßen, trank ebenso wählerisch wie selbstverständlich Whisky pur wie Kognak von 1875, Mit dem ihm eigenen Geschick sekundierte er, wenn Yvonne ihre tausendmal erzählten Bettgeschichten und anzüglichen Witze erzählte. Sein trainiertes Gelächter riß jedesmal mit und erleichterte den nur mit Mühe die Langeweile verbergenden, devot Beifall spendenden Günstlingen ihre schwierige Aufgabe auf das angenehmste.
Oft und oft kam es vor, daß die überreizte Diva eine Vase durch eine
Glastür warf, Unheil stand drohend—da auf einmal trompetete das
Lachen Högls und glättete im Nu den Sturm.
Es gab Nächte in diesem Hause mit ihm, die begannen mit einem wüsten
Balgen zwischen Yvonne und van Haarskerk, mit einem Zusammenschlagen
kostbarster chinesicher Zierrate, mit einem Demolieren von Türen und
Möbeln und endeten wie etwa eine unvergleichlich lustige Sylvesterfeier.
Hier war ein reicher Fischplatz. Adam Högl warf vorsichtig seine
Angeln und Netze aus.—
"Denn nichts dauert ewig und jeder muß sich nach der Decke strecken!"
III.
Die Tage und die Nächte liefen davon. Viel zu schnell. Sie schwebten vorbei, ohne sich voneinander zu unterscheiden. Es war ein unaufhaltsames Fließen. Es gab keinen festen Punkt, kein Nachdenken, keinen Widerstand.
Allmählich, mit jedem Tag bemerkbarer, ließ der Beifall nach. Es brach jetzt kein plötzliches Gelächter mehr aus. Es war keine Stille mehr in der Zuschauergruft, wenn Högl auftrat. Man sandte auch kein resolutes "Pst!" mehr aus aufmerksamen, lauschenden Tischen, wenn die Kellner servierten. Gelangweilte Gesichter sah man ringsum. Es schwätzte jedermann während des Vertrags. Wie ein böses Gewissen rieselte durch den erschauernden Körper jene penetrante Peinlichkeit, die immer einsetzt, wenn man sich hilflos einer stärkeren Macht gegenübersieht und es sich nicht eingestehen will.
Es war acht Tage vor dem Ende des dritten Monats, und nichts wieder hatte Krull von abermaliger Prolongierung erwähnt. Adam Högl stand benommen hinter dem eben herabgefallenen Vorhang und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Es klatschte mäßig. Der Vorhang zuckte fast mitleidig und wurde rasch noch einmal hochgezogen. Es klatschte etwas mehr, als Högl dankte. Der Vorhang fiel wieder herab. Bagg—bagg—bagg —bagg!—schon schwammen die Redegeräusche, das Klirren der Gläser, das Stühlerücken und Surren der Ventilatoren darüber hinweg, und alles verebbte zu einem gleichmäßigen Geplätscher. In acht Tagen vielleicht stand Krull, der in der letzten Zeitmerkwürdig schüchtern auswich und sich selten sehen ließ, vor ihm und sagte ungefähr: "Adam, du weißt! Mein Publikum will Abwechslung. Ichbin Wirt, ich muß mich nach ihm richten."
Man war ihn satt!—Er konnte wo anders
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