Zur Liebe verführt: Roman (German Edition)
gesehen.«
Anna beschränkte sich wieder auf ein Achselzucken.
»Warum bitten Sie nicht Ihren Vater um das Geld für den Steuerrückstand?«
Sie sah ihn mit einem Ruck an. »Wer hat Ihnen gesagt, dass ich Steuerschulden habe?« Sie hob die Hand. »Schon gut. Es war Tom Bishop, oder?«
»Tom macht sich eben Sorgen um Sie.«
»Aber nicht allzu große, wenn er mir Sie als Mieter aufgehalst hat.«
»Warum also bitten Sie nicht Ihren Daddy um das Geld?«
»Vor allem weil er nicht wollte, dass ich Fox Run Mill übernehme«, sagte sie. »Er ist der Meinung, ich sollte mir einen guten Mann suchen, heiraten und Kinder bekommen.«
»Väter sind eben so, Segee. Es ist ganz normal, dass er Sie versorgt sehen möchte.«
»Würden Sie mit einer Tochter so umgehen? Würden Sie wollen, dass sie kein eigenes Leben führt und das tut, was Sie für sie als das Beste erachten?«
Er blickte mit gefurchter Stirn auf die Straße.
»Was ist mit Ihrer Nichte? Erwarten Sie, dass sie einen Holzfäller heiratet, Kinder bekommt und ihr Leben lang nicht über Greenville hinauskommt?«
»Nein.«
»Was ist, wenn sie Geschäftsfrau werden möchte? Oder Astronautin? Würden Sie sie nicht ermutigen, ihren Traum zu verwirklichen?«
»Ich bin doch kein männlicher Chauvinist. Delaney kann werden, was sie möchte.«
Sie schnaubte geringschätzig. »Ganz recht. Das möchte ich auch hören, wenn sie neunzehn ist und nach Boston oder New York möchte.«
Ethan umklammerte das Steuer so fest, dass seine Knöchel hervortraten. »Das ist nicht dasselbe. Sie ziehen nicht aus und wollen die Welt erkunden; Sie versuchen, die Welt in Ihre Form zu zwingen. Und Sie versuchen, einige sehr entschlossene Männer abzuwehren, bei denen viel Geld auf dem Spiel steht.«
»Ich bin keiner echten Gefahr ausgesetzt.«
»Nein? Sie glauben also, die Bauleute werden zulassen, dass eine einzige, eigensinnige Frau sich ihren Plänen in den Weg stellt? Was ist mit Ihrem Gespenst?«
»Ich glaube nicht an Gespenster.«
»Okay, was ist dann mit Ihrem mitternächtlichen Eindringling?«
Sie tat seine Frage mit einem Schulterzucken ab und fuhr mit einem Ruck in ihrem Sitz auf. »Nanu, warum sind alle Trucks am Tor aufgereiht?«, fragte sie.
Ethan runzelte die Stirn. Vier mit Baumstämmen beladene Zweiundzwanzig-Rad-Laster standen mit laufenden Motoren vor den Toren von Loon Cove Lumber. »Ich beorderte sie heute Morgen zurück.« Er blickte düster aus der Windschutzscheibe. »In der näheren Umgebung ist alles voll. Es gab keinen Platz zum Abladen.«
Ihr Lächeln fiel etwas boshaft aus. »Sieht aus, als wäre ich zum richtigen Zeitpunkt gesund geworden.«
Ethan fuhr an den wartenden Holzfällern vorüber, die ungehalten waren, weil er sie warten ließ, und parkte auf Tom Bishops altem Platz. Anna war ausgestiegen und stand schon inmitten der versammelten Fahrer, ehe er den Motor ausgeschaltet hatte. Ethan folgte ihr mit Bear auf den Fersen viel gemächlicher und blieb neben der hinteren Stoßstange stehen. Erstaunt registrierte er, dass alle Mienen sich erhellt hatten und finstere Blicke in ein allgemeines Grinsen übergingen, als die Männer bei Anna Segee Gehör fanden.
Ethan sperrte auf und schob das große Tor zurück. Er sah, dass seine Leute an der Arbeit waren, aber kein einziger hatte es gewagt, die Laster einzulassen. Anna folgte ihm auf dem Trittbrett des ersten Lasters durch das Tor und lachte währenddessen über eine Bemerkung des Fahrers.
In Minutenschnelle herrschte bei Loon Cove Lumber geschäftiges Durcheinander. Maschinen wurden angelassen, Trucks entladen, beide Sägen ließen aus ihren Schütten Sägespäne wie Konfetti regnen. Ethan ging in sein Büro. Dort warf er sich auf einen Stuhl, legte den Kopf auf den Schreibtisch und schloss mit einem frustrierten Seufzen die Augen.
8
D ie Arbeit lief gut – vermutlich war die Belegschaft froh, sie wieder bei sich zu haben –, und Anna war glücklich, wieder an der Arbeit zu sein. Stand sie inmitten eines betriebsamen Werkhofes, schienen alle ihre Probleme sich in Wohlgefallen aufzulösen. Alle bis auf eines; Ethan saß ihr noch immer schmerzlich im Nacken und schwankte zwischen Verdruss und bösen Blicken, weil alles wie ein gut geöltes Uhrwerk lief.
»Keith, kann ich mir Ihren Truck für eine Fahrt nach Oak Grove ausborgen?«, fragte Anna.
»Aber sicher, Chefin. Die Schlüssel sind drinnen. Nehmen Sie ihn, so lange Sie wollen.« Keith, der einen Haufen Baumstämme inspizierte, notierte
Weitere Kostenlose Bücher