Zur Liebe verführt: Roman (German Edition)
Luft. Ethan seufzte müde. Auch ihm hätte ein Bad gutgetan.
Er ging hinaus, während die Wanne sich füllte, und ging zurück ins Wohnzimmer und sodann hinaus auf die Veranda, wo er nach Bear pfiff. Der Hund trottete die Stufen hinauf und ins Haus, und Ethan stützte die Tür mit einem schweren Stuhl ab, dann setzte er sich und zog die Stiefel aus. Er stand ächzend auf, versuchte die Verspannungen in den Schultern
zu lockern und blickte die Treppe hinauf, nach Geräuschen lauschend, die Bewegung verrieten. Zu hören war nur das Summen des Generators und ein gelegentliches Ächzen des alten Hauses, das im auftauenden Boden einsank.
Er fütterte Bear und streute ein paar Körner für Annas Vögel aus. Nachdem er den siedenden Kessel ausgeschaltet hatte, ging er ins Bad und drehte das Wasser ab, dessen Schaumkrone über den Wannenrand quoll. »Na, was meinst du, Alter?«, fragte er Bear, der seinen Fressnapf im Stich gelassen hatte, um am Badeschaum zu schnüffeln. »Hättest du einen Vorschlag, wie wir sie da durchbringen?«
Bear stieß gegen Ethans Hand und gab ein seelenvolles Jaulen von sich.
Ethan rieb die Ohren des Hundes. »Ich hätte gute Lust, uns alle zusammenzupacken und sie ganz tief in den Wald zu verfrachten.« Er ging wieder ins Wohnzimmer, Bear tappte hinter ihm her. »Aber das würde ihre Krise nur verschieben, nicht lösen. Und sie hat bereits achtzehn Jahre lang alles in sich hineingefressen.«
Er stocherte in den Glutresten, legte Späne nach, dann setzte er sich an den Rand des gemauerten Kamins und wandte sich wieder Bear zu. »Und wenn es wochenlang dauern sollte, so muss sie es jetzt durchstehen. Ich werde die ganze Zeit über bei ihr sein, auch wenn sie alles daransetzen wird, mich loszuwerden.«
Bears vom grauen Star getrübte Augen blickten zu ihm auf, sein ganzer Körper geriet mit dem wedelnden Schweif in Bewegung, als er ein leises Bellen ausstieß.
»Recht hast du«, meinte Ethan mit einem abschließenden Klaps, ehe er aufstand und zur Treppe ging. »Der Segee-Clan
hat sie so erfolgreich mit Liebe erstickt, dass es nun eine völlig andere Person gibt als jene, die uns vor achtzehn Jahren verließ. Jetzt müssen wir einen Weg finden, Abby Fox und Anna Segee wieder zu einer einzigen selbstbewussten Frau zu verschmelzen.« Der alte Labrador wedelte mit dem Schweif, und Ethan ging leise zu Annas Schlafzimmer hinauf.
Er traf sie mit dem Gesicht nach unten auf dem Bett liegend an, in einem dicken Flanellschlafanzug mit Füßlingen. Sie schnarchte leise. Gut so, entschied er, als er eine Decke über sie breitete, obwohl er staunte, dass sie Schlaf gefunden hatte. Er wagte nicht, die Augen zu schließen, aus Angst, seine Fantasie würde ihm den Rest dessen liefern, was sie an jenem Tag hatte durchmachen müssen, als diese Schufte ihr das Kleid vom Leib gerissen und versucht hatten, ihr Gewalt anzutun.
Er fuhr sich über das Gesicht, um die schrecklichen Bilder zu vertreiben. Guter Gott, Anna war damals in Delaneys Alter gewesen. Er drehte sich um und ging hinunter ins Bad. Dort starrte er die Wanne voller Schaum an. Verdammt noch mal. Er zog sich aus, stieg hinein und versank im dampfenden, nach Lavendel duftenden Wasser. Zwar gelang es ihm nicht, sein Bewusstsein so abzublocken wie Anna, doch spürte er, wie seine Muskeln sich allmählich lockerten.
Anschließend trocknete Ethan sich ab und zog sich an. Dann setzte er sich vor das Feuer. Als sein Blick auf den Stapel alter, staubiger Hefte auf dem Kaffeetisch fiel, blätterte er sie durch, bis er erkannte, was er vor sich hatte. Er suchte sich dasjenige mit dem Datum vor achtzehn Jahren heraus, schlug die erste Seite auf und fing zu lesen an.
Anna erwachte schweißgebadet und steif durch starken Blütenduft. Sie blickte um sich und sah, dass Ethan neben ihr lag und nach Lavendel roch. Wenn er aber bei ihr schlief, warum trug sie dann ihren Flanellschlafanzug? Und warum zum Teufel roch er nach Lavendel?
Dann fiel ihr plötzlich der vergangene Abend ein, als Penny Bryant ihren sorgfältig errichteten Schutzwall vor der ganzen Stadt zum Einsturz gebracht hatte wie eine Riesenwelle, die mit der Kraft des gesamten Ozeans zuschlägt.
Anna konnte sich nur erinnern, sich völlig nackt und hilflos gefühlt zu haben – Empfindungen, die ihr so fremd waren, dass sie sie einfach abgeblockt hatte. An das Nachher hatte sie keine Erinnerung mehr, nur ein vages Gefühl, dass sie weggetragen worden war, von einer dunklen, vertrauten Gestalt,
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