Zur Sache, Schätzchen (German Edition)
Kulturbeutel brachte sie in das winzige, aber schöne Badezimmer nebenan. Als sie fertig war, lief sie wieder hinunter in die Küche.
Da sie nichts anderes zu tun hatte, bereitete sie eine große Platte mit Rohkost vor, dazu eine Riesenmenge leckerer weicher Brötchen, um zu beweisen, dass die kleine Miss Texas nicht die einzige war, die kochen konnte. Nicht, dass sie es nicht schon gezeigt hätte, aber gegrillte Hähnchenbrüste und Salat konnten mit Chili und Kirschkuchen natürlich nicht mithalten, vor allem nicht bei einer Horde Jungen. Sie überlegte, ob sie die Kuchen auf den Boden fallen lassen sollte – ein Unfall natürlich –, aber ihr gesunder Menschenverstand hielt sie davon ab, als ihr klar wurde, dass sie weder die Zeit noch die Zutaten hatte, um ihre berühmte Käsetorte zu backen.
Das war der Moment, in dem ihr bewusst wurde, dass sie nicht nur vielleicht, sondern ganz sicherlich unter Liebeskummer leiden würde. Es war nur eine Frage der Zeit. Ob jetzt oder in sechs Wochen, irgendwann wäre es so weit. Ob ihr Käsekuchen helfen könnte, dass er sich in sie verliebte? Bekanntlich ging Liebe durch den Magen.
Um sich weiteren Kummer zu ersparen, hätte sie spätestens in diesem Moment ihre Sachen packen und zum Flughafen fahren sollen.
Stattdessen lag sie jetzt in einem fremden Bett, lauschte dem Knarren der Treppen und fragte sich, wie lange es dauern würde, bis ein Dutzend Jungen eingeschlafen waren.
Tom fürchtete schon, die Jungen würden niemals einschlafen. Eigentlich müssten sie alle todmüde sein. Er selbst würde längst schlafen, wenn ihn sein Verlangen nach Roxy nicht davon abhalten würde. Er konnte es kaum noch abwarten, endlich die Treppen zu dem Gaubenzimmer hinaufschleichen zu können.
Nach dem Abendessen war er mit Petie und zwei der anderen Jungen zum Krankenhaus gefahren, um den Padre zu besuchen. Es war eine sehr gefühlvolle Erfahrung für die Jungen gewesen. Petie hatte angefangen zu weinen, als er den Padre sah, der am Tropf hing und zerbrechlich und krank wirkte. Die beiden anderen Jungen, neun und elf Jahre alt, hatten tapfer gegen die Tränen angekämpft und sich verstohlen über die Augen gewischt, wenn sie sich unbeobachtet fühlten. Tom wünschte, er könnte seine Gefühle genauso zeigen wie Petie.
Er wartete, bis Petie und die beiden anderen Jungen einer Krankenschwester aus dem Krankenzimmer hinaus zum Getränkeautomaten auf der anderen Seite des Ganges folgten. Dann legte er seine Hand über die des Padre, die schlaff auf der Decke lag, und drückte sie leicht. “Wie geht es dir, Padre?”
“Ich fühle mich, als hätte mir ein wild gewordener Hengst in die Brust getreten”, knurrte der alte Mann. “Was hast du denn gedacht?”
Tom spürte, dass die Spannung langsam von ihm abfiel. Trotz des Krankenhausbettes, des Tropfs und der Monitore war der Padre derselbe reizbare und unbezähmbare Mann wie eh und je. “Du hast uns allen einen ganz schönen Schreck eingejagt”, sagte Tom.
“Ich mir selbst auch”, gab der Padre zu. “Ich dachte wirklich, mein letztes Stündchen hätte geschlagen. Wenn Jared nicht gewesen wäre und geschrien hätte, jemand solle den Notarzt verständigen, wäre ich nicht mehr. Sag den anderen bitte, dass ich das gesagt habe, hörst du? Sie haben es ihm in den letzten Monaten nicht einfach gemacht. So wie es immer bei einem Neuen der Fall ist. Natürlich hat er ihnen zurückgegeben, hat genauso ausgeteilt wie sie, aber manchmal habe ich wirklich gedacht, dass sie es schaffen, ihn wegzuekeln. Ich würde ihn nur ungern verlieren.”
“Darüber brauchst du dir keine Sorgen mehr zu machen. Vor dem Abendessen hat er sich Petie über der Schulter gelegt und Augies alten schwarzen Hut aufgesetzt.”
“Das klingt gut. Wirklich gut. Tief im Inneren ist er ein guter Junge. Er hat großes Potenzial.”
“Das glaubst du bei allen.”
“Es ist auch so”, erwiderte er voller Überzeugung. “Man muss ihnen nur helfen, es zu finden.”
Petie kam zurück in das Zimmer, gefolgt von den beiden anderen. Er schien sich beruhigt zu haben und trat eher neugierig als verängstigt ans Bett. “Tom hat eine Freundin.” Er wollte als Erster mit dieser wichtigen Neuigkeit herausrücken.
“Weiß er es auch?”, fragte der Padre mit einem Blick auf Tom. “Wie heißt sie?”
“Roxy.”
“Roxy?”
“Ich habe sie noch nie hier gesehen. Sie ist ein bisschen dünn, aber sie hat schöne Haare. Ungefähr die Farbe von Goldies Schwanz.” Goldie
Weitere Kostenlose Bücher