Zurueck Aus Afrika
setze ich mich vor den PC und suche im Internet unter dem Schlagwort »Kilimandscharo« alles, was mir interessant erscheint. Stundenlang lese ich Reiseberichte und diverse Informationen. Abends kann ich nicht einschlafen. Immer wieder frage ich mich, ob ich fit genug bin für diese Besteigung. Mit Markus kann ich mich leider nicht sofort austauschen, da er sich aus beruflichen Gründen gerade für zehn Tage in Marokko aufhält und ich solch eine verrückte Blitzidee nicht am Telefon besprechen möchte. Ich döse im Bett vor mich hin und als es endlich Morgen wird, fühle ich mich so, als wäre ich bereits die ganze Nacht durchmarschiert. Für mich steht fest: Ich werde es wagen! Endlich möchte ich wieder afrikanischen Boden betreten und, wenn ich schon nicht nach Kenia reisen kann, so wenigstens in die Nähe und von ganz oben hinüberschauen.
Napirai ist über meine Pläne nicht gerade begeistert und fragt nur: »Mama, ist das nicht gefährlich? Gehen da noch andere Frauen in deinem Alter hinauf?« Na ja, was das wohl wieder heißen mag! Schließlich kann ich doch nicht mehr warten, bis Markus nach Hause kommt, da ich mich Tag und Nacht nur noch mit diesem Thema beschäftige und so erzähle ich bei einem der nächsten Anrufe von meinem Vorhaben. Zu meiner großen Überraschung findet er die Idee sehr gut und unterstützt mich schon jetzt am Telefon. Ich bin überglücklich.
Gleich in den nächsten Tagen beginne ich mit einem ausgiebigen Training. Jetzt wandere ich nicht mehr nur zwei Mal die Woche auf irgendeinen Berg, nein, von nun an bin ich fast jeden Tag zwischen drei und sieben Stunden unterwegs. Zusätzlich gehe ich einmal die Woche zum Schwimmen und ins Aquafit, um anschließend zu saunieren. Auch im Dezember ist das Wetter im Tessin mild genug, um bis 1.700 Meter schneefrei wandern zu können. Es gibt genügend steile Berge mit wenig oder gar keinem Schnee.
Als Markus endlich nach Hause kommt, staunt er über die bereits besorgten Kilimandscharo-Bücher, den vereinbarten Tropenarzttermin und mein tägliches Wanderprogramm, wobei ich seine Hanteln als Gewichtsbeschwerer im Rucksack mitschleppe. Schnell ist ihm klar, dass es mir wirklich ernst ist.
Während einer Nachmittagswanderung kurz vor Weihnachten erreiche ich eine kleine Berghütte auf zirka 1.500 Meter. Da sie sich auf Passhöhe befindet, hat man eine wunderbare Rundsicht und sieht bis in die Walliser Alpen hinein. Ich bin der einzige Gast um diese Zeit und so unterhalte ich mich kurz mit dem Hüttenwart. Dabei erfahre ich, dass er erst seit diesem Sommer hier tätig ist. Er erwähnt, dass er zu Silvester ein fünfgängiges Menü inklusive Übernachtung und anschließendem Frühstück anbieten wird. Allerdings sei der Platz auf 20 Personen beschränkt. Ein solcher Jahresbeginn würde mir gut gefallen und ich bin fast sicher, dass ich auch meine Lieben nicht lange überreden muss. Beim späteren Abstieg sind die umliegenden Bergketten mit einem zarten Abendrot übergossen. Es sieht überwältigend wie ein Alpenmärchen aus und ich ärgere mich, keinen Fotoapparat dabei zu haben.
Tatsächlich feiern wir 14 Tage später Silvester mit ein paar engen Freunden, darunter Madeleine und ihr Lebenspartner, in der warmen Berghütte. Bei strahlendem Wetter, aber mittlerweile klirrender Kälte sind wir im Schnee hochgestapft. Napirai hingegen hat es vorgezogen, Silvester bei Freundinnen in ihrer »alten« Heimat zu verbringen. In der Hütte sind wir nahezu unter uns und der Hüttenwart zaubert einen köstlichen Gang nach dem anderen auf den Tisch. Um Mitternacht wird mit Sekt angestoßen und dann geht es hinaus auf den Berg, um ins Tal oder in die Sterne zu schauen. Es ist ein bewegender Moment. Nach einer kurzen Nacht erwachen wir bei optimalem Bergwetter und einige von uns beschließen, eine mehrstündige Wanderung zur nächsten Hütte zu unternehmen. Erst gegen Abend des Neujahrstages 2003 kehren wir müde und zufrieden in unser palmenumsäumtes Haus zurück. Nach solch einem schönen Silvester kann es nur ein in jeder Hinsicht erfolgreiches neues Jahr werden!
Zu Jahresbeginn habe ich den geeigneten Reiseveranstalter und meine gewünschte Route gefunden. Ich möchte nicht den »einfachsten«, sondern den schönsten Weg nehmen und deshalb steht für mich bald die Machame-Route fest. Bei dieser Route sind zwei Akklimatisationstage eingeplant, die mir sehr wichtig erscheinen. Im Angebot enthalten ist auch eine zweitägige Safari.
Von Tag zu Tag bin ich
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