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Zurück im etwas anderen Tunesien

Zurück im etwas anderen Tunesien

Titel: Zurück im etwas anderen Tunesien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Derouich
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sicherlich haben sie auch einen Fruchtzuckeranteil, aber wenn man sie nicht grad mit einer kebira Portion Couscous mit fettigem Fleisch oder vor Öl triefenden Briks verspeist, dann dürften sie eigentlich nicht kebira machen. Irgendwie sind sie doch richtig putzig meine lieben Verwandten.
    In diesem Moment kommt mein Mann den Flur entlang und befreit mich aus meinem Melonengefängnis und von meinen witzigen Gedanken. Er hat sich überlegt, dass wir doch heute unseren ersten kleinen Ausflug starten, denn ich bin ja nicht nur hier, um in diesem kleinen Örtchen zu versauern. Da ich vor ein paar Tagen nicht mit nach Bizerta konnte, möchte er nun mit mir noch einmal dort hinfahren. Oh ja, Bizerta, ich liebe es und es ist auch nicht soweit entfernt von hier.
    Schnell sammle ich meine sieben Sachen zusammen und mache mich auf den Weg zu unserem Auto, welches inzwischen auch von der Werkstatt zurück ist. Welch eine Überraschung, ohne bunte Pril-Blumen und wunderschön lackiert. Dazu noch ein paar kleine Defekte behoben und es sieht aus, wie fast neu gebaut. Ich habe die tunesischen Werkstätten wirklich unterschätzt. Sie verstehen ihr Handwerk und auch der Preis ist mal wieder alles andere als kebira. Für die paar Dinare, die es uns gekostet hat, würde zu Hause ein Mechaniker noch nicht einmal den Luftdruck an den Reifen prüfen! Also merkt euch ihr lieben, tunesischen Wundermechaniker, bei der nächsten Inspektion komme ich direkt zu euch. Auswahl gibt es hier ja genug, denn auf meinen Wanderungen durchs Örtchen habe ich in den letzten Tagen bemerkt, dass hinter den vielen Rolllädchen, sich auch viele kleine Hobbywerkstätten verstecken. Diese verwunschenen Rollläden werden mir von Tag zu Tag sympathischer.
    Aber jetzt auf nach Bizerta, endlich mal etwas für ein richtiges Urlaubsfeeling unternehmen. Das dachten sich auch die Kinder des Hauses, die Schulferien haben und auch mal etwas Besonderes erleben möchten.
    „Do simma dabei, das is priiiiiima, viva Bizeeeeertaaaaaaa!“ , schwupp die wupp sitzen sie alle mit im Auto. Ok, ok, dann gibt es eben Familienurlaubsfeeling!
    Weit kommen wir nicht, da uns direkt an der ersten Ecke ein Esel stoppt. Ja ich weiß, hier ist das etwas andere Tunesien, wo der Esel Vorfahrt hat. Soll er bitte haben, uns dann aber auch vorbei lassen. Hier in dem Ort meiner Familie ist es wirklich noch so, dass jeder Zweite ein Eselgespann, anstatt eines Autos hat, und die Waren in erster Linie per Eselexpress transportiert werden. Dieses Exemplar ist ein besonders störrischer Esel und weit und breit kein Besitzer zusehen.
    Fahren wir nach rechts, bewegt auch er sich nach rechts und versuchen wir es links, macht er diese Ecke dicht. Vermutlich will er Peage-Station spielen und Straßengebühren kassieren, aber wir haben leider keine Möhren oder Ähnliches zum Bezahlen dabei. Vor uns scheinen schon viele andere ordentlich Bestechungsgeld gezahlt zu haben, denn er ist voll beladen mit Wäschekörben und Taschen, aus denen Obst, Gemüse und Heu quellen.
    „Bitte, bitte lass uns doch vorbei! Wenn wir zurückkommen, dann bringen wir dir auch ganz bestimmt etwas Leckeres mit, wie wäre es mit einem kebira Fisch aus Bizerta?“
    Es scheint zu wirken, er trottet mit einem lauten „Ia, ia!“ zur Seite und lässt uns passieren. Na da haben wir aber Glück gehabt und können entspannt weiter Richtung Bizerta brausen. Ich bin schon oft in diesem malerischen Fischerstädtchen gewesen, aber dieses Mal kommt es mir etwas gespenstisch vor. Zum ersten Mal spüre und sehe ich etwas deutlicher die Auswirkungen der Revolution, die ich in den letzten Tagen total vergessen hatte. Hier und dort sieht man zerstörte Gebäude und Gegenstände, einige Banken sind mit Stacheldraht und Panzern gesichert und auch hier sieht man keine überdimensionalen Ben Ali Poster mehr. In der Medina scheint alles „normal“ und ruhig zu sein. Ja ruhig, das trifft es auf den Punkt, denn es ist weit und breit kaum ein Tourist zu sehen. Unheimlich wirkt es, wirklich unheimlich, aber es ist alles friedlich und die Einheimischen sind freundlich wie eh und je. Und meine letzten Zweifel, dieses Jahr überhaupt Ausflüge in Tunesienzu unternehmen, verfliegen im Wind, denn ich fühle mich sicher und geborgen. Hier wird mir schon nichts passieren und ich nutze die freie Sicht auf den Hafen, um ein paar schöne Erinnerungsfotos zu knipsen. Wo ich schon einmal dabei bin, denkt sich die Familie, dass sie doch bitte auch einmal aufs Foto

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