Zurück im etwas anderen Tunesien
vielen Geschichten, die immer wieder dazu erzählt werden. Wir lachen viel und werden manchmal einfach nur zusammen still, wenn man Personen auf den Bildern sieht, die schon verstorben sind und man sich an sie zurückerinnert. Erst jetzt wird mir so richtig klar, wie sehr alle meine Schwiegermutter geliebt haben. Jeder hat ein besonderes Erlebnis mit ihr zu berichten und viele haben dabei Tränen in den Augen. Oh ja, meine liebe Schwiegermama! Ich vermisse sie auch so sehr und mit jeder Geschichte habe ich das Gefühl, als wäre sie jetzt ganz nah bei uns. Auch mir laufen ein paar Tränchen die Backe hinunter und ich bin enorm stolz eine so tolle Familie zu haben! Boussa kebira!
Wir erzählen weiter und sind mit unseren Geschichten in der Gegenwart angekommen. Sicherlich habe ich durch Facebook und durch die Chatgespräche schon einiges mitbekommen, was meine Lieben während der Revolution erlebt hatten, aber dieses nun noch einmal in der ausführlichen Version zu hören, ist ein ganz eigener emotionaler Moment. Immer wieder muss ich Schlucken, denn es sind schon heftige Geschichten und ich spüre, wie viel Angst sie in dieser Zeit gehabt haben müssen. Schon zu Hause hatte ich vor dem Computer und vor dem Fernseher immer mit ihnen gelitten und mich ihnen so verbunden gefühlt. Es kommen so viele Bilder und schreckliche Erinnerungen wieder hoch, dass es mir gerade schwer fällt, nicht zu weinen. Wir können wirklich unendlich dankbar sein, dass es alle aus meiner Familie gut überstanden haben und niemand ernsthaft verletzt worden war. Die schlimmen Erinnerungen werden bleiben, aber sie werden auch mit der Zeit verblassen und ich wünsche jedem von Herzen, dass er zukünftig seinen Weg in einem „besseren und etwas anderen“ Tunesien gehen kann.
Der Abschied von Karims Familie rückt immer näher, denn sie müssen zurück nach Hause und ich werde sie auf der Hochzeit in der nächsten Woche nicht mehr sehen. Sie werden erst am Samstag, zum letzten Tag der Hochzeit zurückkehren, da sie am Donnerstag und Freitag arbeiten müssen. Und am Samstag müssen wir leider schon morgens aufbrechen, da wir mittags mit der Fähre Tunesien verlassen. Es ist so schade, denn diese Familie habe ich besonders in mein Herz geschlossen. Ich drücke sie ganz fest und mag keinen wirklich loslassen und genau so geht es ihnen auch. Jeder hält mich minutenlang im Arm und stellt sich immer wieder in der Reihe hinten an, um mich noch ein weiteres Mal zu drücken und zu küssen. Dieses scheint das Herz von Karim zu erweichen, denn er zieht ein Ass aus dem Ärmel und sagt, dass sie am Donnerstag einfach noch einmal für ein paar Stunden herkommen. Dann können wir uns noch einmal sehen und nebenbei den Hennaabend von Safia besuchen. Na hier sind die Prioritäten ja ganz klar verteilt und Karim erhofft sich so vermutlich eine weitere Portion Käsesuppe!
Am Abend steht unsere nächste Einladung zum Essen an. Es geht zu Dalel, die uns ja schon vor ein paar Tagen zu sich nach Hause eingeladen hatte. Sie wohnt dort noch nicht so lange und mein Mann ist bisher noch nie bei ihr gewesen. Ich befürchte, dass er alleine dieses Haus niemals finden wird, auch wenn es von der Familie wieder heißt, dass es doch nur 5 Meter entfernt ist. Er bezweifelt es selber und so gehen wir auf Nummer sicher und organisieren uns ein Navigationsgerät mit Ortskenntnissen.
Pünktlich um 19 Uhr stehen wir bei Tante Fausia vor der Tür und nehmen unser Navi auf zwei Beinen in Empfang. Meine lovely Leila, die mir schon richtig Leid tut. Sie ist immer noch damit beschäftigt von morgens bis abends Einladungen zu verteilen und nun muss sie uns auch noch den Weg zeigen. Sie macht es natürlich gerne und ist außerdem selber bei ihrer Schwester eingeladen. Damit auch ganz bestimmt nichts schief läuft, begleiten uns zusätzlich noch die Braut Safia, die eigentlich gar nicht mehr aus dem Haus gehen wollte in den letzten Tagen vor der Hochzeit, und ihr Vater Sadok. Na, wenn wir mit drei Einheimischen den Weg nun nicht finden, dann weiß ich auch nicht mehr, was wir noch machen sollen. Ohne Umweg finden wir tatsächlich schon an der ersten Weggabelung den Berg, hoch zu Dalels Haus.
Ist doch ganz einfach am dritten Dreckhaufen rechts und dann am zweiten Müllberg links. DAS hätten wir sicherlich auch alleine gefunden. Wir biegen am Müllberg ab und plötzlich werden die zwei Navidamen hektisch.
Was ist nun? Haben wir uns doch verlaufen?
Nein, haben wir nicht, aber hier ist
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