Zurück im etwas anderen Tunesien
bequem gemacht haben. Meine Güte von denen kenne ich auch viele nur als kleines Kind und jetzt wirken sie alle so erwachsen und erzählen, dass sie schon verlobt sind oder bald heiraten. Aber auch kleine Kinder krabbeln hier umher, denn eine Cousine meines Mannes hat nochmals Nachwuchs bekommen, obwohl sie schon Kinder hat, die über Zwanzig sind. Sie ist wirklich zu beneiden und ich werde wieder unendlich traurig. Ein paar Mal muss ich heftig schlucken, aber ich mag es mir nicht anmerken lassen, denn alle freuen sich so, dass ich auch für die Kleine sofort wieder die Tatta bin, und sie gar nicht mehr von meinem Arm herunter möchte. Es tut so weh in meinem Herzen, aber ich muss ganz tapfer sein, denn das kleine Würmchen kann nichts dafür, dass das Schicksal es nicht gut mit mir meint. Sie versucht meine Sorgen wegzulächeln und drückt mich so doll, dass ich selber nicht mehr weiß, ob ich lachen oder weinen soll.
Noch nie habe ich mich so sehr über Essen gefreut, wie in diesem Moment. Es lenkt mich ab von meinen trüben Gedanken und lässt mich wieder schmunzeln. Fathia ist ja die Tante, die bei den Hochzeiten immer kulinarisch so gut für mich gesorgt hat und nun meint sie, alles noch toppen zu müssen. Sie fährt eine Speise nach der anderen auf und tut so, als wäre alles nur für mich. Meine Güte, das reicht ja für ein ganzes Jahr!
Ich muss alles probieren, denn ablehnen ist zwecklos, da beißt man bei Fathia auf Granit. Oh nein, jetzt stellt sie mir auch noch einen Teller mit Mlouchia und einem Fleischklops vor die Nase. Sie weiß doch ganz genau, dass ich das nicht esse. Einige Male versucht sie mich zu überreden und fängt dann aber an zu lachen. Natürlich weiß sie, dass ich das nicht mag, und wollte mich nur ärgern. Sie schiebt den Teller weiter und ich bin froh, dass dieser Kelch an mir vorbeigezogen ist. Dafür bekomme ich eine Extraportion Slata Meschwia und Hähnchen, weil sich auch bis hier herumgesprochen hatte, dass ich das gerne esse!
Meine lieben Freunde, ihr meint es heute aber besonders gut mit mir. Und da gut noch immer nicht gut genug ist, rückt sie jetzt noch mit einem großen Berg Nachtisch an. Neben einer Keksplatte und den gewohnten Trauben und Melonen haben sie extra für mich frische Feigen gekauft. Nicht eine, nicht zwei, nicht drei, nicht vier, nein direkt einen Eimer voll mit fünfzig bis sechzig von diesen Früchten.
Mein Gott, was die wohl gekostet haben?
Als ich den Preis höre, falle ich fast von der Matratze. Für den Preis bekomme ich in Deutschland gerade einmal ein bis zwei Stück, wenn nicht gerade Feigensaison ist. Das ist der absolute Wahnsinn und der Feigeneimer ist einfach nur kebira, kebira.
Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass wir eigentlich weiter zu unserer nächsten Etappe müssen, denn heute gibt es Teil zwei des Hennaabends vor dem eigentlichen Hennaabend.
Habe ich bis jetzt auch noch nicht verstanden, aber ich werde es gleich sehen, was dort passiert.
Im Moment lässt uns Tante Fathia aber noch nicht weiterziehen und kommt jetzt nach dem Essen erst so richtig in Fahrt, und zwar auf Kaffeefahrt! Irgendwie scheint das heute in der Luft zu liegen. Über uns am Himmel funken inzwischen Mond und Sterne und beleuchten die große Verkaufsfläche im Innenhof. Sämtlich Gewürz-, Getreide- und Stoffvorräte werden von den kleinen Bewohnern des Hauses herangeschleppt und ausgebreitet. Ich darf alles bestaunen und Fathia legt mit ihrer Präsentation los.
Oh ha, da kann sich manch ein Verkäufer von den TV-Shops noch eine Scheibe von Abschneiden. Schade, dass ich meine Kamera nicht dabei habe, sonst wäre ich glatt mit Braut-TV auf Livesendung gegangen. Sie erklärt ganz genau, wofür man alles benötigt und was man aus den Stoffen alles nähen kann. Mich beschleicht das Gefühl, das ich hier heute nicht loskomme, ehe ich ihr nicht einen großen Vorrat abgekauft habe. Pass auf gleich hat sie vermutlich auch noch Tupperdosen, handgeknüpfte Teppiche und Kamelhaar-Rheumadecken im Angebot!
Tupperdosen hat sie zum Glück nicht, aber von den Gewürzen, Couscous, Grießsorten und Co füllt sie nun große Mengen in Plastiktüten und Plastikeimern ab. Diese stapelt sie vor der Ausgangstür und in meinem Kopf klingelt schon die Kasse. Autsch, das wird heute teuer!
Jetzt rollt sie noch die Stoffbahnen aus und fragt mich, welche Farbe mir am besten gefällt. Ich sollte besser schweigen, denn sonst hab ich gleich noch zehn Kilo Stoff an der Backe. Tja, Fathia ist
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