Zurück im etwas anderen Tunesien
aber Profi und beschwatzt mich so lange, bis ich endlich eine Farbe auswähle. Sie lächelt zufrieden und sagt, dass sie mir daraus einen Vorhang näht. Das wäre ein Geschenk für mich und alles andere auch. Ich bin sprachlos und weiß gar nicht, was ich sagen soll. Mir laufen mal wieder ein paar Tränchen die Backe herunterund ich drücke sie ganz fest und bedanke mich mit einem Boussa Kebira. Natürlich mit je einem für jedes Geschenk.
Na so eine Kaffeefahrt lieb ich, da buch ich bestimmt schnell die Nächste. Apropos Geschenke, Fathia holt noch schnell den Fresskorb herbei, den sie von uns als Geschenk bekommen hatte. Dieses Jahr hatte ich mir gedacht, dass ich für jede Familie einen Korb, mit besonderen Lebensmitteln und kleinen Geschenken, zusammenstelle. Jetzt packt sie Stück für Stück aus und hat bei vielen Dingen ein großes Fragezeichen auf der Stirn. Ich war davon ausgegangen, dass alles bekannt sein dürfte, und hatte natürlich auch darauf geachtet, dass keine Produkte mit Schwein oder Gelatine dabei sind.
So wie sie mir eben ihre Produkte vorgestellt hat, erkläre ich ihr nun meine. Die Spätzle sind Nudeln, das Eisteepulver kann man trinken, aus den kleinen bunten Beuteln kann man Tee aufgießen und mit dem Würfelzucker in Herz und Kleeform süßen. Und der braune Zucker ist wie weißer Zucker, schmeckt nur aromatischer. „Oh“ und „Ah“ schallen durch den Innenhof und fast alle Unklarheiten sind beseitigt, bis auf dieses komische Netzteil in der Plastikfolie. Darauf kann sich niemand einen Reim machen. Ich öffne die Tüte und ziehe das Netz auseinander. Voila, eine Obsthaube! Applaus brandet auf und Fathia räumt glücklich und zufrieden ihre Schätze wieder ein.
Aber jetzt müssen wir wirklich los, es ist fast 22 Uhr! Nein, nein, erst noch eine komplette Hausführung, sonst darf ich hier nicht weggehen. Mit der gesamten Familie machen wir eine Besichtigungs-Polonäse durch alle Zimmer und Etagen, ehe es gegen 23 Uhr endlich weiter zum Brauthaus geht.
Welche ein Stress, ich dachte ich habe Urlaub?
Gut, dass es bald zurück nach Hause geht, dann kann ich mich endlich vom Urlaub erholen. Nein, nein, macht ja auch Spaß, aber an einem Tag wie heute ist es doch ein wenig anstrengend, so ein Urlaub!
Ich betrete das Wohnzimmer im Brauthaus und es kommt mir so vor, als hätte jemand den Zeitschalter 24 Stunden zurückgedreht.Gleiches Prozedere und gleiche Gäste wie gestern. Direkt wird mir wieder ein Stuhl unter den Popo geschoben und ein Glas Tee in die Hand gedrückt. Jeder strahlt mich an und Tante Fausia sagt, sie hätten extra auf mich gewartet. Auf mich? Hallo, da unten sitzt die Braut, nicht hier oben!
Wie am Vortag sitzt Safia wieder auf dem Boden und auf ihren Händen und Füßen wird die Hennapaste aufgetragen.
Kann mir jetzt bitte jemand mal erklären warum? Ist das gestern eventuell nichts geworden?
Noura erklärt mir, dass Safia sich für ein ganz dunkles Henna entschieden hat und dieses muss nun an mehreren Tagen immer wieder aufgetragen werden, damit es ordentlich deckt. Ok, ich verstehe und nebenbei haben sie einen Grund jeden Tag aufs Neue zu feiern. Und das können sie bekanntlich gut, denn auch heute wird ein Lied nach dem anderen gesungen und getrommelt bis zum Umfallen. Das heißt, wer überhaupt trommeln kann, denn an diesem Abend sind direkt drei Hennafrauen anwesend, weil heute auch einige der Brautschwestern ihre Hennatattoos bekommen.
Im Gegensatz zu Safia, die ihr Henna breitflächig bekommt, haben sich die Schwestern für filigrane Muster entschieden. Bei ihnen werden erst Schablonen aufgeklebt, die dann mit der Paste bestrichen werden. Bin mal gespannt, wie das am Ende aussehen wird. Jetzt halten sie mir jedenfalls schon einmal stolz ihre Schablonen in die Kamera.
Nach einer Weile wird im Raum nur noch gesungen und geschunkelt, weil fast jeder Stoffsäckchen an den Händen trägt und nicht mehr trommeln kann. Aber auch davon lassen sie sich die Stimmung nicht verderben. Mein Blick wandert in den Nebenraum, wo die Kinder liegen und schlafen.
Wie süß ist das denn? Die haben auch alle Stoffsäckchen an den Händen und Füßen. Haben die auch Henna bekommen?
Noura lacht und erklärt, dass die Kleinen die Hennapaste immer dann bekommen, wenn sie eingeschlafen sind, damit sie mit den Säckchen nicht umherlaufen. Das macht natürlich Sinn, denn ich weiß, wie diese Wirbelwinde hier immer umhertollen. Jetzt liegen sie friedlich nebeneinander und recken alle
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