Zurück im etwas anderen Tunesien
paar schöne Strähnchen bekommen soll und ich darf noch einen kurzen Blick in den Salon werfen. Neben Safia sind heute noch zwei weitere Bräute anwesend, die schon in ihren Pyjamas auf den Matratzen sitzen und darauf warten, dass sie baldverschönert werden. Interessant, was man so alles sieht, wenn man mal hinter die Kulissen einer arabischen Hochzeit schauen darf und ich wäre gerne noch etwas länger geblieben und hätte weiter Mäuschen gespielt.
Wir setzen uns wieder ins Auto und wollen gerade losfahren, als sich die Harkousfrau wieder meldet und uns erneut vertröstet. Oh wie schön, dann könnten wir ja zurück zu Safia und ich kann noch ein wenig zuschauen, aber Noura hat schon eine andere Idee. Wenn wir schon einmal hier oben sind, dann möchte sie mir doch wenigstens das Haus zeigen, wo sie geboren wurde und wo sie ihre Kindheit verbracht hatte.
Ohne ernsthaft eine Antwort abzuwarten, zieht sie mich aus dem Auto und geht mit mir zur nächsten Straßenecke. Oh mein Gott, schon wieder so eine Freeclimbingwand, die man nur mit spezieller Ausrüstung erklimmen kann. Bei jedem Schritt rutschen meine Schuhe aus und ich sehe mich schon mit einem wunderbaren Salto den Berg hinunter kullern. Wie das so ist, müssen wir natürlich nach ganz oben und die letzten Meter muss Noura mich wirklich schon schieben. Geschafft! Noura klopft an die Tür, doch die jetzige Mieterin ist leider nicht daheim. Na toll, jetzt war die ganze Mühe vergebens. Nein, nein vergebens soll es jetzt nicht sein und Noura kommt auf die geniale Idee, dass wir dann eben aufs Dach klettern und uns das Haus wenigstens von oben anschauen.
Ja ist die denn verrückt? Es gibt weder Stufen noch eine Leiter und so hoch springen kann ich nicht. Dazu kommt noch mein bandagierter Arm, mit dem ich mich noch nicht einmal abstützen kann. Ich versuche es trotzdem zwei Mal und gebe dann auf. Geht nicht gibt es hier nicht und Noura zieht so lange an mir herum, bis ich irgendwie auf diesem Dach lande.
Wow, der Ausblick ist schon beeindruckend, aber richtig genießen kann ich ihn nicht, denn ich frage mich die ganze Zeit, wie ich denn gleich wieder von diesem Dach herunter komme. Noura verschwendet daran noch keinen Gedanken und macht lieber mit mir eine kleine Hausführung auf dem Dach. Sie beschreibt mir ganz genau, was sich jeweils direkt unter meinen Füßen befindet. Klasse, so etwas habe ich auch noch nicht erlebt. Irgendwie ist esauch interessant, aber so langsam wird es auch enorm heiß hier in der prallen Sonne.
Wie ich es genau gemacht habe, weiß ich gar nicht. Ich bin einfach gesprungen und stehe wieder an diesem steilen Abhang. Umringt von den Nachbarn aus den angrenzenden Häusern.
Warum schauen die mich alle so an? Sah mein Sprung so schlimm aus?
Gott sei Dank habe ich keinen Bauchklatscher beim Aufprall gemacht, sonst wären die Lacher gewiss auf meiner Seite gewesen. Gut, dass die mich nicht kennen und ich hier gleich wieder weg bin. Irrtum, die kennen mich alle, denn sie sind mal wieder alle mit mir verwandt. Gesehen habe ich aber noch nie jemanden von denen. Ist aber auch kein Wunder, wenn die hier oben hinter den Bergen bei den sieben Zwergen wohnen. Auf jeden Fall begrüßen mich alle recht herzlich und freuen sich schon, mich am nächsten Tag bei der Hochzeit zu sehen. Super, dann haben die morgen auch direkt was zu erzählen, wie ich Tollpatsch vom Dach geplumpst bin.
Apropos Hochzeit, Noura fällt jetzt noch ein, dass sie mir auch noch eben das Outdoor-Hochzeitsgelände vom Samstag zeigen kann, wo wir ja leider nicht mehr dabei sein werden, weil wir an dem Tag zurückfahren. Das ist doch mal eine prima Idee und ich bin wirklich beeindruckt von der großen Parkanlage. Es ist schön grün hier mit vielen Blumen, Springbrunnenanlagen und Wasserfällen. Ein absoluter Traum, den ich hier gar nicht vermutet habe. Noura führt mich ein wenig herum und zeigt mir auch den Saal für schlechtes Wetter. Wirklich toll hier und ich bin richtig traurig, dass ich diesen Tag nicht mehr miterleben werde. Als Erinnerung mache ich schnell noch ein paar Bilder mit meiner Kamera und muss beim letzten Bild schmunzeln. Da haben sich doch tatsächlich Windräder mit aufs Foto gemogelt, die ich erst gar nicht bemerkt habe. Erst jetzt bei der Gesamtaufnahme sehe ich, wie im Hintergrund die ganzen großen Ungetüme auftauchen. Nur gut, dass die Hochzeit abends stattfindet, da werden sie auf den offiziellen Hochzeitsbildern hoffentlich nicht zu sehen
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