Zurück im etwas anderen Tunesien
auf den Schoß gedrückt. Tür zu und Abfahrt, mit ganz viel Gehupe! Klasse, so komme ich endlich auch einmal in den Genuss, in einem absolut überfüllten Auto, durch die Gegend zu schippern. Kein Zentimeter Platz zum Bewegen, warm wie Bolle und der Duft der „großen weiten Welt“ im Wagen. Gott sei Dank müssen wir nur in den Nachbarort.
Bei mir zu Hause fängt der Nachbarort an unserem Ortsausgangsschild an, aber hier scheint er hinter den Bergen bei den sieben Zwergen zu schlummern und wir fahren und fahren und fahren. Zwischendurch würgt der Fahrer immer wieder den Motor ab und ich sehe schon den EAD, Esel-Abschlepp-Dienst, vorfahren. Wir passieren so fünf bis sechs andere Nachbarorte und kommen schließlich nach knappen 30 Minuten an Safia's neuer Wohnung an. Hier dürfen wir auch noch an der Straße parken und die ganzen Sachen über zwei weitere Straßen rüber schleppen, weil der Wegzur Wohnung mit feiernden Gästen blockiert ist. Der Männerabend vom Bräutigam ist hier schon in vollem Gange und überall sitzen Gäste, die am Essen und Trinken sind.
In der Wohnung selber ist es glücklicherweise recht kühl und ich kann mich von der heißen Fahrt einen Moment erholen, ehe ich den anderen tatkräftig bei der Finaldekoration behilflich sein kann. Pustekuchen, ich darf gar nicht helfen!
Sie führen mich herum, damit ich mir alles anschauen kann und dann soll ich mich wieder aufs Sofa setzen und einfach nur zuschauen. Sie haben wohl Angst, dass ich mich sonst überarbeite. Gut, dass ich an dem Samstag nicht hier war. Nicht auszudenken, wenn ich da auch den ganzen Tag nur tatenlos in der Ecke gesessen hätte. Die fleißigen Damen wuseln hektisch hin und her und ich bestaune, wie viel Kram sie in den ganzen Schränken verstauen. Mein Gott ich ja hab schon viel Dekozeug daheim, aber hier quellen die Schränke fast damit über.
Jetzt sind sie im Schlafzimmer und versuchen das Bett zu beziehen. Gut, wenn die Bettwäsche kleiner ist als die Decken und Kissen, dann ist das gar nicht so einfach. Sie probieren hin und her und geben dann auf, etwas farblich Passendes zu finden. Das Bett sieht nun kunterbunt aus und was nicht passt, wird einfach passend gemacht! Damit Safia in der Hochzeitsnacht nicht den Schock ihres Lebens bekommt, macht Leila schnell ein paar Fotos, denn Safia hat die Wohnung immer noch nicht eingerichtet gesehen. So kann sie sich vielleicht auch schon den einen oder anderen Gegenstand einprägen, damit sie später in ihrer eigenen Wohnung nicht alles suchen muss. Also ehrlich, für mich wäre das nichts, wenn fremde Menschen meine vier Wände einräumen würden.
Fertig! Doch ehe wir wieder gehen, machen sie noch eine Wohnungsabnahme mit mir und sie zeigen mir die Wohnung noch einmal aus wirklich jedem Blickwinkel. Fein, ich wollte schon immer mal wissen, was hinter jeder Tür steckt und was sich in jedem Schrank befindet.
Was ist denn jetzt? Schnell werden die fehlenden Teppiche auf den Boden geworfen und ausgerollt. Warum so hektisch, es sieht aus,als würden sie den roten Teppich für einen Staatsempfang bereitlegen.
Schwupp, die Wohnungstür öffnet sich und eine Karawane von alten muffeligen Weibern betritt den Raum. Hm, die habe ich noch nie gesehen und ich vermute, dass diese Damen zur Familie des Bräutigams gehören. Ohne einen freundlichen Gruß trampeln sie von Zimmer zu Zimmer und inspizieren jeden Winkel. Meine Güte sind die mir unsympathisch und ich bin auch etwas geschockt. Ich stelle mir vor, wenn dieses meine Wohnung wäre und hundert Leute hätten vor mir alles angeschaut und genaustens unter die Lupe genommen, ich glaube ich hätte gestreikt! Für mich geht das mehr als gar nicht! Hier scheint es allerdings Tradition zu sein und man muss damit leben.
Gut, dass das nicht mein Problem ist und ich atme erleichtert auf, als die Karawane die Wohnung wieder verlässt. Am liebsten würde ich die am Kaktus links, direkt in die Wüste schicken, denn so wie sie gekommen sind, verlassen sie auch wieder muffelig und ohne Gruß den Raum!
Auch meine Familie atmet auf und ich merke, wie die Anspannung von ihnen abfällt. Die Arbeit ist getan und wir machen uns auf den Weg zurück zum Auto. Im Hof stoppt uns der Bräutigam, den ich nun zum ersten Mal sehe, und bittet uns etwas zu essen und zu trinken.
Ich glaub es nicht, dass schlagen jetzt alle aus, weil sie einfach nur müde und erledigt sind und zurück nach Hause möchten. Da erlebe ich an meinen letzten Urlaubstag wirklich noch
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