Zurück in deine Arme
unter Beweis zu stellen.“
„Siehst du mich denn wirklich, Rafael? Was weißt du von meinen tiefen Leidenschaften, von dem, was mich antreibt? Meine Arbeit versetzt mich in die Lage, jungen Mädchen zu helfen, die unter einem ähnlichen Schicksal leiden wie ich in ihrem Alter. Das ist mir sehr wichtig, und ich werde es nicht aufgeben.“
„Das musst du doch auch gar nicht. Ich habe dir oft genug angeboten …“
Er brach ab, als er merkte, dass seine Frau ihm nicht länger zuhörte. Nach einem Blick auf ihre Armbanduhr schwang sie die Füße vom Sofa und stand auf. „Es ist ziemlich spät geworden“, stellte sie sachlich fest. „Ich muss mich fertigmachen.“
Damit verschwand sie im Schlafzimmer. Das sanfte Klicken, mit dem die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, echote in Rafaels Ohren wie ein Donnerhall. Frustriert wandte er sich um und trat auf die Terrasse hinaus. Unter ihm tummelte sich kunterbuntes Volk auf der eleganten Promenade. Weiter unten am Strand schlenderte ein Paar Hand in Hand durch den warmen Sand, wie Leila und er es getan hatten, bevor sie die alten Wunden aufgerissen hatten.
Laut fluchend hieb Rafael mit der Faust auf die Steinbalustrade. Den brennenden Schmerz empfand er als regelrecht wohltuendes Gegengewicht zu der Qual in seinem Innern. Immer noch nagte an ihm, dass Leila so lange damit gewartet hatte, sich ihm anzuvertrauen. Von diesem Tag an wollte er alles dafür tun, um sie zu überzeugen, dass ihre Ehe ihm das Wichtigste auf der Welt war.
Leila blieb unter der Dusche stehen, bis das kalte Wasser wie Millionen winziger Nadeln auf ihrer Haut stach. Auf diese Weise konnte sie wenigstens die äußeren Spuren ihres seelischen Ausnahmezustands tilgen und das Verlangen dämpfen, sich in die Arme ihres Mannes zu flüchten und ihm zu schenken, was er sich am meisten wünschte.
Doch aus ihrem ehemals gemeinsamen Wunsch war eine ultimative Forderung von Rafael geworden, neben der weder ihre realen Ängste noch ihre ureigensten Bedürfnisse Platz fanden. Wo war der entspannte Charmeur geblieben, mit dem sie erst vor wenigen Stunden ein romantisches Picknick genossen hatte?
Leila stieg aus der Dusche und schrak heftig zusammen. Splitterfasernackt und sichtbar erregt stand Rafael mit dem Handtuch in der ausgestreckten Hand vor ihr. Unter seinem begehrlichen Blick begann sie am ganzen Körper zu zittern. Schlagartig verdunkelten sich Rafaels Augen und sein Gesichtsausdruck wurde hart.
Plötzlich schien eine gläserne Wand zwischen ihnen zu stehen. Ohne ein Wort nahm Leila ihm das Handtuch ab und floh ins Schlafzimmer. Das Zittern ließ erst nach, als sie Wasser in der Dusche rauschen hörte. Ihr Herz schlug immer noch bis zum Hals und ihre Lust auf die bevorstehende Party war gleich null. Doch wenn sie sich heute Abend verweigerte, würde Rafael unter Garantie auch im Hotel bleiben. Und noch eine weitere Runde Fragen ihre Zukunft betreffend würde sie nicht durchstehen.
Darum suchte Leila Halt und Ruhe in vertrauter Routine. Mechanisch föhnte und frisierte sie ihr Haar, legte gekonnt ein dezent wirkendes Abend-Make-up auf und schlüpfte in das bereithängende rubinrote Kleid – ein aufregendes, schulterfreies Modell des derzeit angesagtesten Designers.
Ein Blick in den Spiegel zeigte ihr das Bild einer Frau, die sich ihrer Schönheit und Wirkung durchaus bewusst war. So viel zum äußeren Schein! dachte sie selbstironisch. Innerlich fühlte sie sich unsicher und wankelmütig, weil sie die ganze Zeit über daran denken musste, dass sich Rafael, nur durch eine dünne Wand von ihr getrennt, ebenso nach ihr verzehrte wie sie sich nach ihm. Zumindest hatte er das, bis sie seine stumme Einladung zum Liebesspiel ausgeschlagen hatte.
Als sie hörte, wie das Wasser nebenan abgestellt wurde, tupfte Leila mit bebenden Fingern das Parfum aus ihrer Werbekampagne auf Handgelenke, Nacken und zwischen die Brüste. Der schwere, warme Duft hüllte sie ein wie ein Versprechen und …
„Habe ich dir eigentlich schon einmal gesagt, wie sehr ich es hasse, einen Smoking tragen zu müssen?“
Rafaels nüchterne Stimme holte sie in die Realität zurück und ließ gleichzeitig ihren Puls in die Höhe schnellen. „Jedes Mal, wenn ein Event wie das heutige ansteht“, gab sie so gelassen wie möglich zurück.
Sie tauschten ein Lächeln stummen Einverständnisses, dann wandte Leila sich hastig ab und griff nach dem y-förmigen Diamantcollier, das Rafael ihr letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte. Es
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