Zurueck in die Nacht
immer wieder in Panik gerate, sobald
ich das Wasser an meinem Körper höher steigen fühle, sondern auch aus einem
ganz einfachen Grund: Der Auftrieb ist zu stark. Und mein Wille zu schwach, um
dagegen anzukämpfen. Ich muss es anders anfangen.
Der Besitzer des
Tauchladens ist zunächst ziemlich erfreut, mich gesund und lebendig und seine
Ausrüstung heil und ganz wiederzusehen – bis er meinen neuesten Wunsch hört. „Ein
Boot? Was wollen Sie denn mit einem Boot? Können Sie überhaupt damit umgehen?
Nein, nein, ausgeschlossen.“ Er schüttelt vehement den Kopf.
Ich habe ja
selbst meine Zweifel, ob es eine gute Idee ist, mich allein per Boot wieder
dort hinaus zu begeben. Denn wer garantiert mir, dass das Boot noch da ist,
wenn – oder falls– ich wieder auftauche? Und was passiert, wenn nicht?
„Haben Sie denn
eine bessere Idee?“, frage ich zurück.
„Ja. Warten Sie,
bis der Frühling kommt!“
Ich gehe nicht
auf seinen Ton ein. „Geht nicht. Ich muss jetzt da runter.“
„Dann suchen Sie
sich jemanden, der sich da auskennt und bereit ist, Sie mitzunehmen.“
Plötzlich kommt
mir die Erleuchtung. Es gibt ja tatsächlich ein paar Leute, die genau zur
fraglichen Zeit dort sind! Ich muss sie nur finden und überreden, mich
mitzunehmen und dann an der passenden Stelle ins Meer zu werfen. Und wenn ich
ganz viel Glück habe, sind sie vielleicht immer noch da, wenn ich wieder
auftauche. Obwohl das natürlich ganz von dem Zeitpunkt abhängt, an dem das
passiert.
Nach einigen
Nachforschungen schaffe ich es tatsächlich, gleich mehrere Fischerboote
ausfindig zu machen, die zurzeit im Großraum vor den Klippen ihr Fangrevier
haben. Auch, wenn ich nicht weiß, welches das richtige ist, überrede ich einen
der Kapitäne, mich am nächsten Tag mitzunehmen. Gegen ein großzügiges Fährgeld
ist er dazu bereit, mich nicht nur ins Meer zu werfen, sondern möglichst auch
wieder herauszufischen. Er wirkt recht vertrauenswürdig und zum ersten Mal seit
langem wird mir etwas leichter ums Herz. Vielleicht führt mein verrückter Plan
ja doch noch zum Erfolg.
Der nächste
Morgen beginnt stürmisch, aber trocken, zumindest, bis ich auf dem Fischerboot
bin und wir ablegen. Da ich vor lauter Aufregung sowieso kein Auge zugetan
hätte, habe ich die Nacht gleich abgekürzt, und so bin ich ziemlich müde, als
ich mich erneut in den Taucheranzug zwänge und die Ausrüstung anlege. Es hilft
mir auch nicht sehr, dass der Wellengang viel zu hoch ist und ich mich auf
dieser Nussschale alles andere als wohl fühle. Aber da ich sowieso vorhabe,
mich in Kürze ins Meer zu stürzen, ist meine Angst völlig irrational.
Als ich in der
Ferne die bekannten Klippen erblicke, gebe ich dem Kapitän ein Zeichen. Er
blickt mich zweifelnd an, schüttelt mit dem Kopf, spuckt einmal aus, äußert
sich dann jedoch nicht weiter, sondern sieht mir reglos zu, wie ich mich
rückwärts auf die Reling setze. Soll ich es wirklich tun? Habe ich überhaupt
die geringste Chance, sie dort unten irgendwo zu treffen? Plötzlich finde ich
meine Idee nur noch bescheuert. Doch da nimmt mir eine Welle die Entscheidung
ab. Sie ergreift das Boot, hebt es an, und ich verliere das Gleichgewicht. Mit
einem Schrei, der mir zwar peinlich ist, den ich aber nicht unterdrücken kann,
falle ich rückwärts. Und dann schlagen die eiskalten Wellen über mir zusammen.
Wie zu erwarten,
gerate ich in Panik und schlage wild um mich, weil ich keine Luft mehr bekomme.
Doch dann merke ich, dass weder in meiner Nase noch in meinem Mund Wasser ist,
und ich erinnere mich wieder, dass ich eine Sauerstoffflasche auf dem Rücken
und ein Mundstück zwischen den Zähnen habe. Vorsichtig nehme ich einen Zug und
spüre erleichtert, wie Luft in meine Lungen dringt. Als sie mein Gehirn
erreicht, setzt auch mein Denkvermögen wieder ein. Und mir fällt wieder ein,
warum ich überhaupt hier bin.
Ich angele nach
der Taschenlampe, die ich am Bein trage, und knipse sie an. Dann beginne ich,
meine Umgebung abzusuchen. Mir ist klar, dass meine Suche noch aussichtsloser
ist als die nach der berühmten Nadel im Heuhaufen, da ich hier im Meer
überhaupt keine Anhaltspunkte habe und keine Chance einer systematischen Suche.
Ich kann nur blind im Dunkeln herumstochern – im wahrsten Sinne des Wortes –
und darauf hoffen, dass der Zufall mir hilft. Aber da dies, so klein sie auch sein
mag, meine einzige Chance ist, mache ich einfach weiter. Ich werde so lange
herumschwimmen, bis ich sie entweder
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