Zurueck in die Nacht
beim ersten Klingeln öffnet er uns die Tür. Er
sieht nicht viel älter aus als ich. „Ja? Was gibt’s?“
„Wir suchen ein
Motorrad“, sage ich, und unser Glück hält an, denn er versteht mich ganz gut.
„Hey, da seid
ihr hier richtig. Ich hab da so ein paar…“, grinst er mit einem Blick auf die
Garage.
Ich grinse
zurück. „Ja, das haben wir gesehen. Aber wärst du vielleicht bereit, uns eins
davon zu vermieten? Oder zu verkaufen?“
Er runzelt die
Stirn. „Verkaufen? Kommt drauf an. Was braucht ihr denn?“
„Einfach
irgendein Motorrad. Am besten mit Beiwagen.“
„Irgendeins?
Ganz egal?“
„Naja, fahren
sollte es schon“, schränke ich schnell ein.
Er grinst
wieder. „He, die fahren alle. Und nicht zu langsam!“
„Perfekt! Und
welches könntest du uns geben?“
„Kommt mal mit!“
Er geht an uns vorbei und steuert auf die Garage zu. Dort sieht er sich kurz
um, dann zeigt er auf ein giftgrünes Straßenmodell, das in einer Ecke steht.
„Das vielleicht. Fährt super, aber die Farbe ist nicht ganz mein Ding.“
Kann ich
verstehen. Meins auch nicht, aber das interessiert mich nicht. „Und ein
Beiwagen?“
Er schüttelt den
Kopf. „Ne, so was hab ich nicht. Tut mir leid. Benutzt doch kein Mensch mehr.
Geht’s nicht auch ohne?“
Ich schüttele
den Kopf. Wir sind halt zu dritt.
„Ein Auto?“
„Geht auch
nicht.“
Er sieht mich
zwar an, als wäre ich nicht ganz da, aber fragt nicht weiter nach.
„Also, in
Bolivien sind die Menschen nicht so umständlich“, meldet sich plötzlich Raphael
zu Wort. „Da sitzt auch mal eine ganze Großfamilie auf einem Motorrad. MitEinkäufen.“
Er grinst.
„Im Ernst?“
Er nickt, und da
er kürzlich noch in der Gegend war, bin ich geneigt, ihm zu glauben. Prüfend
schaue ich mir die Sitzfläche und dann uns drei an. Sie ist recht lang und wir
alle nicht gerade dick. Wäre zwar mit Sicherheit nicht besonders bequem, aber es
könnte gehen.
„Dürfen wir
vielleicht mal probesitzen? “
Wieder wirft der
Verkäufer uns einen Blick zu, der zeigt, dass er an unser aller Verstand
zweifelt, aber dann zuckt er die Schultern. „Bitte, nur zu.“
Ich steige
zuerst auf, dann folgt Patti, quetscht sich so dicht wie möglich an mich (mir
wird etwas wärmer), und als letzter folgt Raphael. Ich fühle mich wie eine
Sardine in der Dose, aber es geht.
Der Typ
schüttelt grinsend den Kopf. „He, ihr Engländer seid echt so verrückt, wie alle
sagen.“
Ich verzichte
darauf, ihn darüber aufzuklären, dass Schotten ganz und gar keine Engländer
sind, sondern frage ihn stattdessen, was er für die Maschine haben will. Da
seine Preisvorstellung relativ bescheiden ist (wohl auch aufgrund der Tatsache,
dass er keine Papiere vorweisen kann und wir bar zahlen), werden wir uns
schnell einig. Er füllt uns den Tank noch aus einem Kanister so weit auf, dass
wir nicht sofort die nächste Tankstelle ansteuern müssen, dann verabschieden
wir uns. Und während er bei unserem Anblick kopfschüttelnd ins Haus zurückgeht,
fahren wir vorsichtig und schwerfällig davon.
Wir suchen uns
eine abgelegene Straße außerhalb von Kirchdorf und begeben uns auf ihr in die
Vergangenheit. Für mich ist das schon relativ normal, aber Patti und Raphael
sind völlig aus dem Häuschen, als ich anhalte.
„Wow,
abgefahren!“ Patti strahlt regelrecht. „Mann, das ist ja total cool! Irre! Du…
du… du bist ja echt ein Superheld!“
Ihre
Begeisterung gefällt mir, aber das würde ich nur ungern zugeben. Sie hält mich
ja sowieso schon für ziemlich eingebildet. „Jaja, schon gut“, versuche ich
deshalb, sie abzuwehren.
„Nicht gut.
Supergut!“, entgegnet sie jedoch und lächelt mich an. Zu meinem Ärger spüre
ich, wie ich rot werde. Gut, dass meine Kumpels das nicht sehen. Mein Ruf wäre
sofort im Eimer.
„Also ehrlich,
das hat schon was“, lässt sich nun auch Raphael vernehmen. „Wir sind mal eben“
– er wirft einen Blick auf die Datumsanzeige seiner Uhr – „etwa ein halbes Jahr
zurückgefahren. Beeindruckend!“
„Dass ich das
noch mal aus deinem Mund hören darf!“, spöttele ich. Dann jedoch werde ich
wieder ernst. „So, jetzt sollten wir zu Clarissas Haus fahren. Und den Rest des
Wegs müssen wir dann am besten zu Fuß zurücklegen. Auf dem Motorrad könnten wir
zu leicht bemerkt werden, und bevor ich nicht weiß, womit genau wir es zu tun
haben, wäre das, glaube ich, nicht ratsam.“
Da niemand
widerspricht, setze ich meine Worte in die Tat um,
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