Zurueck in die Nacht
der große Unbekannte. Ich merke, wie ich
immer wütender werde. Ich richte mich auf. Erst durch Jay habe ich
erfahren, wer du wirklich bist. Und wie unsere gemeinsame Vergangenheit aussah.
Durch ihn bin ich in der Lage, mich daran zu erinnern.
An alles? ,
fragt er.
Natürlich an
alles! , fahre ich ihn an.
Dann
erinnerst du dich wohl auch, dass die Wächter keinerlei Probleme damit hatten,
dich ebenfalls umzubringen?
Ich… sie… ,
stottere ich, aus dem Konzept gebracht. Das ging nicht anders! Ich hatte
mich schließlich mit dir eingelassen. Dadurch war ich auch schuldig.
Er schweigt eine
Weile. Als er wieder etwas sagt, klingt er traurig. Aber auch wütend. S ie haben
wirklich ganze Arbeit geleistet! Die Clarissa, die ich kannte, war nicht so
blind. Das war es ja gerade, was mich an dir von Anfang an so fasziniert hat.
Und irritiert. Dass du immer an mich geglaubt hast. Du hast mir gezeigt, dass
die Liebe nicht so verachtenswert ist, wie ich dachte. Und dass die Liebe einen
besser macht, nicht schlechter. Deshalb habe ich dich auch verlassen. Weil ich
auf keinen Fall wollte, dass du meinetwegen noch einmal in Gefahr gerätst. Ich
hätte es besser wissen müssen. Jetzt klingt er nur noch bitter. Die
Wächter lassen einen niemals in Ruhe. Und gerade dadurch, dass ich dich allein
gelassen habe, hatten sie es besonders leicht. Jetzt haben sie dich erst recht.
Und du kannst ihnen niemals entkommen. Ich habe dich für immer verloren. Er
ist immer leiser geworden und jetzt ist seine Stimme ganz erstorben.
Ich liege auf
meinem Bett und starre blicklos an die Decke. Mein Gesicht ist nass, dabei habe
ich gar nicht gemerkt, dass ich weine. Tausend Bilder schießen durch meine
Kopf. Und alle zeigen dasselbe Motiv. Arik. Sein Gesicht. Seine nachtdunklen
Augen, die mich ansehen, als wollten sie mich nie wieder loslassen. Und doch
weiß ich, dass es sie schon bald nicht mehr geben wird. Dass ich seine Stimme
schon bald nicht mehr hören werde. Nie mehr. Der Gedanke ist unerträglich. Und
doch bin ich es, ich ganz allein, die dafür verantwortlich ist.
Auf einmal ist
es mir ganz egal, wer er ist und was er getan hat oder tun könnte. Böse oder
nicht, das ist überhaupt nicht wichtig. Wichtig ist nur eins: Wenn er nicht
mehr ist, will auch ich nicht mehr sein. Und wenn ich irgendetwas tun könnte,
um das Geschehene rückgängig zu machen, würde ich es sofort tun. Egal, was das
für mich bedeuten würde. Aber was soll ich schon tun? Ich bin eine Wächterin.
Ich gehöre zu ihnen. Ich werde für den Rest meines Lebens allein sein.
Flucht
Clarissa
Die nächste
Nacht ist die längste meines Lebens. Was kann ich tun? Mir fällt absolut nichts
ein, was in Anbetracht der Übermacht der Wächter nicht totaler Selbstmord wäre.
Aber irgendetwas muss ich tun. Sonst werde ich verrückt. Ich kann nicht
weiterleben mit dem Wissen, dass ich Arik und seine Mutter umgebracht habe. Und
Mike und Raphael noch dazu, denn ich weiß, dass es nur eine Frage der Zeit ist,
bis sie sie auch erwischt haben. Wenn ich sie wenigstens warnen könnte! Aber
selbst dazu bin ich nicht in der Lage, weil ich keine Ahnung habe, wo und wann
ich mich befinde und deshalb keinen Kontakt mit irgendwem aufnehmen kann. Ich
komme ja noch nicht einmal aus dieser verwünschten Burg heraus, ohne sofort Jay
und damit auch die anderen Wächter auf den Plan zu rufen. Wenn er nicht sowieso
schon weiß, was mit mir los ist, denn seiner Versicherung, dass er meine
Gedanken nur liest, wenn ich es will, traue ich keine Sekunde.
Ich zerbreche
mir die ganze Nacht den Kopf, aber ich komme einfach nicht weiter. Irgendwann
halte ich es nicht mehr aus. Ich drehe total durch, wenn ich noch länger hier
in dieser Gruft bleibe. Ich springe auf, renne aus meiner Kammer und laufe dann
ziellos durch die Burg. Hauptsache bewegen, alles ist besser als Stillstand.
Stillstand ist Tod.
Plötzlich stehe
ich vor einem niedrigen Durchgang, hinter dem eine Treppe in die Tiefe führt.
Mein Herz beginnt, aufgeregt zu schlagen. Kann das die Treppe in das Gewölbe
sein, in dem Arik steckt? Ich denke nicht lange nach, sondern beginne, die
endlosen Stufen nach unten zu gehen. Dabei überlege ich fieberhaft, was ich dem
Wächter sagen kann, der die beiden bewacht. Falls ich sie tatsächlich finde.
Ich brauche irgendeine Ausrede. Wenn ich nur nicht so allein wäre! Wenn ich es
nur irgendwie schaffen könnte, nicht nur Ariks Gedanken zu erreichen, sondern
ihn aus dieser Lähmung zu befreien! Und
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