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Zurueck in die Nacht

Zurueck in die Nacht

Titel: Zurueck in die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Walter
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den beiden nach. Direkt auf die Klippen zu.
    Aus den Augenwinkeln
sehe ich, dass der Hof sich hinter uns belebt. Aus mehreren Türöffnungen
quellen dunkle Gestalten ins Freie. Die Wächter haben uns gefunden. Und diesmal
begehen sie nicht den Fehler, uns zu unterschätzen. Sie kommen in erdrückender
Überzahl.
    Claire und Arik
halten jäh an. Sie haben das Ende erreicht. Vor ihnen gähnt nur noch der
Abgrund. Ich werde langsamer. Es hat ja doch keinen Zweck mehr.
    „Lauf,
Clarissa!“ Ariks Stimme überschlägt sich fast und er winkt mir hektisch zu.
„Schnell, komm zu uns! Du kannst es noch schaffen!“
    Ich bleibe
stehen. Schaffen? Was denn?
    „Los!“ Er
streckt mir die Hand entgegen und blickt nach unten.
    Da erst wird mir
klar, was sie vorhaben. Das Bild der messerscharf aufragenden, tödlichen
Felsenspitzen im schäumenden Meer taucht vor mir auf. „Nein! Das ist
Wahnsinn!“, schreie ich entsetzt und renne wieder auf die beiden zu. Ich muss
sie aufhalten.
    In dem Moment,
als ich Arik erreiche, springt ein anderer Wächter an mir vorbei. Ohne zu
zögern, stürze ich mich von hinten auf ihn und bringe ihn zu Fall. Während wir
gemeinsam gefährlich nah am Abgrund auf dem matschigen Boden landen, nähern
sich zwei weitere Wächter. Ich sehe, wie Claire an Ariks Arm zerrt.
    „Nein! Ich gehe
nicht ohne sie!“, schreit er seine Mutter an.
    „Du musst! Du
kannst ihr nicht helfen! Sie gehört nicht mehr zu dir!“
    Arik wirft mir
einen unglaublich traurigen Blick zu. Wenn er wirklich springen will, ist jetzt
seine letzte Chance. Und vielleicht ist der Tod besser für ihn als das, was die
Wächter ihm zugedacht haben. Wenigstens wird es schnell gehen. Entkommen können
wir sowieso nicht mehr. Es ist zu spät.
    „Verschwinde,
Arik!“, schreie ich ihn an. Dann wird mein Kopf in den Schlamm gepresst. Und
während mir zwei Hände um meinen Hals langsam, aber sicher die letzte Luft
abquetschen und mein Blick verschwimmt, nehme ich gerade noch wahr, wie Claire
und Arik einen Schritt auf die Klippen zu machen und verschwinden. Dann wird
mir schwarz vor Augen.
     
     
    Arik
     
    „Nein!
Clarissa!“ Ich höre meinen eigenen Schrei in meinen Ohren gellen, während der
Sturz mir die Luft aus der Lunge quetscht. Dann prallen wir auf das Wasser. Ich
versinke in einem Strudel aus Kälte, Dunkelheit und Nässe. Doch trotz der Wucht
unseres Aufpralls spüre ich Claires Hand. Sie klammert sich an mich wie eine
Ertrinkende, dabei ist es umgekehrt. Sobald sie mich loslässt, bin ich
verloren. Ihr hingegen können weder das Wasser noch die Felsen mit ihren
scharfen Zacken etwas anhaben. Nichts und niemand kann das, außer den Wächtern.
    Der Gedanke
bringt mich wieder zur Besinnung. Wir sind noch lange nicht in Sicherheit. Auch
wenn ich nicht glaube, dass sie uns auf direktem Wege folgen werden – dazu sind
sie im Gegensatz zu Claire zu verletzlich – können sie uns einfach an Land
erwarten. Falls ich es denn überhaupt lebend erreichen werde. Im Moment scheint
mir auch das, trotz Claire, nicht besonders wahrscheinlich. Ich werde von den
Wellen hin und her geschleudert, dass mir Hören und Sehen vergeht. Ich habe
keine Ahnung, wo oben und unten ist, und überall um mich herum sind Felsen, auf
die ich jeden Moment prallen kann. Wenn ich nicht vorher ertrinke. Meine Lungen
brennen schon und ich kann die Luft nicht mehr viel länger anhalten. Claire
zieht verzweifelt an meiner Hand und ich versuche, ihr zu folgen. Aber ich habe
kaum noch Kraft. Ich merke, wie meine Hand schlaff wird und langsam aus ihrer
gleitet. Instinktiv öffne ich den Mund, um nach ihr zu rufen, und gleich darauf
strömt bitteres Salzwasser hinein. Das war’s dann wohl. Ich höre auf, mich zu
wehren. Es hat ja doch keinen Zweck.
    Im nächsten
Moment knalle ich mit voller Wucht auf einen Felsen. Ich huste und spucke – und
merke erst dann, dass ich mich nicht mehr im Wasser befinde. Zwar bin ich
klitschnass und eiskalt, aber über mir sehe ich grauen Himmel. Meine Hand
krallt sich um Hartes, Rundes. Steine! Ich habe es an Land geschafft! Hektisch
setze ich mich auf, falle jedoch sofort wieder um. Doch das macht nichts. Ich
habe genug gesehen. Neben mir sitzt Claire. Auch sie hat es geschafft.
Erschöpft schließe ich die Augen.
    „He! Wollt ihr
beiden ein Schläfchen halten? Dafür ist jetzt wirklich nicht der richtige
Zeitpunkt! Da hinten kommt ein halbes Dutzend Wächter auf euch zu!“
    Ich schieße hoch
und springe auf, Claire immer noch an meiner

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