Zurück in die Zwischenwelt (German Edition)
sehen. Aber später, wenn man anfängt, diese Tatsache zu akzeptieren, dann stellt sich eine gewisse Ruhe ein. Bei mir war es jedenfalls so.“
„Und jetzt? Hast du alles aufgegeben und bist ruhig? Eine Vorstufe des Todes?“, fragte Rob ironisch.
Ich musste lachen. „Hör auf, Rob! Nein, ich habe einfach festgestellt, dass ich in gewisser Weise ohnmächtig bin: gegen das Leid der Menschen und Tiere, gegen die Umweltzerstörung und so weiter. Das bedeutet nicht, dass ich nichts mehr dagegen tue, aber ich habe es aufgegeben, zu glauben, dass ich alleine mit meinem Elan etwas Großes verändern kann.“
„Das klingt nach Kapitulation. Findest du mich denn blauäugig?“
„Sicher nicht! Aber ich war damals blauäugig. Was mir an der Jungend besonders gefällt, ist, dass junge Leute noch diese Energie, diesen Mut und diese starke Begeisterung haben, etwas zu unternehmen, um alles zu verbessern. Das finde ich toll. Und du bist auch so, du hast auch diese Energie. Was ich vorhin meinte, war einfach, dass ich mit achtzehn noch dachte, ich würde Pilotin oder Archäologin und ich würde dazu beitragen, alle Tierversuche abzuschaffen, ich würde in einem Haus mit Ehemann und drei Kindern leben und viele Freunde haben und so weiter. Ich konnte mir nicht vorstellen, jemals alt zu werden – Leute über dreißig waren für mich bereits Greise. Aber dann musste ich mir eingestehen, dass nicht immer alles nach Plan läuft und dass Freunde tatsächlich auch sterben können, manche sogar sehr früh. Von meinem geplanten Eigenheim – keine Spur! Geschweige denn eine Arbeit als Pilotin, dazu habe ich nicht mal die erforderliche Körpergröße. Es wurde mir bewusst, dass ich nicht alles erreichen kann, was ich mir vorgenommen hatte – insbesondere verstand ich, dass ich das Schicksal nicht zwingen kann. Und dass alles vergänglich ist.“
„Klingt immer noch deprimierend“, sagte Rob.
„Wenn alles gut läuft, dann sind die Vorteile des Alters die gewonnene Erfahrung, die Gelassenheit und der Pragmatismus. Zudem kann man sich besser einschätzen und man weiß, wo die eigenen Grenzen liegen. Vergänglichkeit hat übrigens auch etwas Gutes an sich. Wenn du dich in einer ungünstigen Situation befindest, dann weißt du immer: Nichts ist ewig, alles vergeht – auch die schlimmsten Momente!“
Ich wandte mich an Mona: „Wie ist denn deine Einstellung zum Thema Altern?“
Mona überlegte ein Moment und sagte dann: „Du bist so alt, wie du dich fühlst. Und wie du dich fühlst, darüber entscheiden deine Gedanken.“
„Aber die Gedanken kommen ganz von alleine.“
„Schon, aber du kannst sie beeinflussen. Das körperliche Befinden hat auch einen Einfluss auf die Gedanken. Wenn man zum Beispiel ständig von Schmerzen geplagt ist, dann kann man auch nicht frei denken. Und wenn du daran arbeitest, deinen Körper gesund zu halten, dann beeinflusst das auch deine Gedanken. Sogar die Art, wie wir atmen hat einen direkten Einfluss auf die Frequenz unseres Herzschlags. So beeinflussen sich Atmung, Gedanken und Körper gegenseitig. Ist das eine kaputt, kannst du dich auf die anderen beiden konzentrieren und versuchen, von dort aus die Heilung herbeizuführen.“
„Ja, das stimmt“, kommentierte ich. „Du, ich habe mal gelesen, dass man sich um die vierzig am unglücklichsten fühlt, aber dass sich dann um die sechzig bis hin zu den Siebzigern die größte Zufriedenheit einstellt und die Menschen sich am glücklichsten fühlen.“
„Na, dann warte ich einfach mal vierzig Jahre“, sagte Rob dazu, aber Mona intervenierte:
„Das Leben endet, wenn du nicht mehr träumst.“
„Genau!“, bestätigte ich.
Evolution
W ir wanderten den ganzen Tag lang. Es war heiß und ich war fürchterlich durstig. Und wegen der zwei Sonnen war mir die ganze Zeit über nicht klar, wie spät es eigentlich war.
„Auf der Erde herrschte auch nicht immer der 24-Stunden-Tagesrhythmus“, unterbrach ich die Stille. „Früher war die Erdrotation schneller: Die Dauer einer Umdrehung war kürzer und somit war auch die Tageslänge kürzer.“
„Woher weiß man das?“, fragte Rob.
„Man sieht es an den Wachstumsringen der Kalkskelette, die fossile Meeresorganismen besaßen: Es konnte festgestellt werden, dass vor etwa 310 Millionen Jahren ein Tag auf dem Planeten Erde nur 20 Stunden lang war.“
Endlich kamen wir bei der Schlucht an. Es fühlte sich seltsam an, dass die weite Ebene, auf der wir bis dahin gegangen waren, nun plötzlich zu Ende
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