Zurück in Virgin River (German Edition)
bewiesen hatte, dass er kein Kleinkrimineller mehr war. Er wusste, dass das der Preis war, den er dafür zahlen musste, dass er in den Drogenhandel eingestiegen war. Er hätte vielleicht sogar Hilfe von jemandem bekommen können, der immer noch Marihuana anbaute, doch Dan wollte diesen Weg nicht mehr einschlagen. Er meinte es absolut ernst damit, dass dieser Abschnitt seines Lebens der Vergangenheit angehörte.
„Na gut“, sagte Dan. „Hab’s kapiert. Und wie gesagt, es ist nicht dringend. Ich parke nachts auf dem Rastplatz. Da gibt es heißes Wasser und Toiletten. Wann machen Sie morgens die Bar auf? Ich brauche ab und zu ein warmes Essen und ein Lunchpaket, das ich mit zur Arbeit nehmen kann.“
„Darum können wir uns kümmern. Ich bin normalerweise um halb sieben hier, und Preacher wohnt sogar auf dem Grundstück. Er hat den Kaffee um sechs fertig. Wir haben bis neun Uhr abends geöffnet und manchmal auch länger, wenn man uns darum bittet. Sagen Sie Preacher einfach vorher Bescheid, dann macht er Ihnen schon ganz frühmorgens ein Lunchpaket. Falls Sie sonst noch irgendwas brauchen …“
In der Küche klingelte das Telefon. „Eine Sekunde. Ich bin gleich wieder da.“„Lassen Sie sich Zeit“, meinte Dan.
Während Jack telefonierte, fragte sich Dan neugierig, ob die Kasse verschlossen war. Hatte ihn Jack Sheridan mit einer offenen Kasse alleine gelassen? Wie weit vertraute er ihm? Ein bisschen? Oder gar nicht? Er würde es Jack nicht verübeln, wenn er noch ein wenig Zeit bräuchte, um mit ihm warm zu werden – schließlich standen sie ganz am Anfang ihrer wie auch immer gearteten Beziehung. Doch so ganz stimmte das nicht. Dan undJack hatten bereits eine gemeinsame Vergangenheit. Und die war alles andere als gut.
Das erste Mal hatten sich ihre Wege gekreuzt, als Dan nach einer missglückten Geburt auf einer illegalen Marihuana-Plantage die Hebamme zu Hilfe rufen musste. Diese Hebamme war Jacks Frau … Nicht gerade ein vielversprechender Start für eine Freundschaft.
Aber dann hatte er die Chance bekommen, sich zu rehabilitieren. Denn er war zufällig in der Nähe, als ein paar Leute nach Preachers Frau suchten, die von ihrem brutalen Exmann entführt worden war. Dan hatte sich diesen Tag zwar anders vorgestellt, allerdings schienen die Männer die Situation nicht in den Griff zu bekommen, und irgendwer musste schließlich etwas unternehmen. Also hatte er sich darum gekümmert – und den Exmann mit einer Taschenlampe unschädlich gemacht, ihn niedergeschlagen und somit die Rettung der Frau erheblich erleichtert.
Und im vorigen Sommer war auch noch die Geschichte bei diesem Waldbrand passiert. Jack saß völlig ausgetrocknet und verletzt am Straßenrand, wo Dan, der vor einem Haufen wahnsinnig gewordener Marihuana-Züchter flüchtete, ihn fand. Er nahm Jack mit und brachte ihn in Sicherheit.
Doch offenbar hatte Jack diese guten Taten verdrängt. Oder beschlossen, dass sie für ihn nicht gut genug waren und somit nicht zählten.
Kurz nach Ausbruch des Feuers hatte Dan erfahren, dass ein Haftbefehl gegen ihn vorlag, und meldete sich sofort freiwillig zum Einsatz. Da er sich so kooperativ gezeigt hatte, musste er nur sechs Monate seiner dreijährigen Haftstrafe absitzen. Dennoch war er von nun an für immer ein Exknacki.
Längst hatte er sein Bier ausgetrunken. Mit wem auch immer Jack Sheridan gerade telefonierte, die Person war ihm anscheinend sehr wichtig. Andernfalls hätte Jack ihn niemals alleine und unbeobachtet in der Bar sitzen lassen. Er hätte nicht mal sein Geld angenommen, wenn es nach …
Dan wurde jäh aus seinen Grübeleien gerissen, als ein leichenblasserJack aus der Küche zurückkehrte. Jack blieb im Türrahmen stehen, zerknüllte ein Stück Papier und starrte, ohne auf Dan zu achten, einfach vor sich hin.
„Hey, Mann“, sprach Dan ihn an. „Hey, Sheridan.“
Aber Jack reagierte nicht. Er schien Millionen Meilen weit weg. Dan stand auf und ging zu ihm. Jacks Blick wirkte eigenartig.
„Sheridan? Was ist los, Mann?“
Jacks Blick richtete sich ganz langsam auf Dan. Der Barbesitzer befeuchtete sich die Lippen, während er mehrfach blinzelte. „Mein Junge, Rick“, flüsterte er heiser.
„Was?“, fragte Dan mit einem Anflug von Verzweiflung. Er hatte selbst einmal einen Sohn gehabt. Bestimmt hatte er damals ganz ähnlich ausgesehen. „Was ist mit Ihrem Jungen, mit Rick?“
„Rick“, sagte Jack und zeigte ihm den Zettel, auf den er ein paar Notizen gekritzelt hatte.
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