Zurück in Virgin River (German Edition)
Jack. „Ich musste einen Moment nachdenken, wer Lance Corporal Sudder sein soll. Lieber Gott, mein schlimmster Albtraum.“
„Setz dich hin“, befahl Dan. „Ich mache dir einen Kaffee.“ Jack sah Paige an. „Versuch bitte Mel zu erreichen, bevor sie losfährt. Sag ihr, ich komme gleich nach Hause.“
Paige ging, ohne ein Wort zu verlieren, in die Küche zurück, um zu telefonieren. Jack saß an der Bar, wo er normalerweise nie saß. Dan stand nun an Jacks Stelle hinter dem Tresen und servierte ihm einen großen Becher Kaffee. Er stellte keine weiteren Fragen, und das war auch nicht nötig.
„Ricky tauchte hier auf, als er dreizehn war und ich gerade angefangenhatte, in der Bar zu arbeiten. Sie war damals noch ein versifftes Loch. Während der Renovierung schlief ich auf der Baustelle. Rick war damals noch sehr klein. Sein Gesicht war voller Sommersprossen, und er konnte keine fünf Minuten die Klappe halten.“ Jack lachte und schüttelte bei der Erinnerung den Kopf. „Ich ließ ihn hier herumhängen, weil seine Mutter und sein Vater gestorben waren und er nur noch seine Großmutter hatte. Dieser kleine alberne Kerl hatte es mir angetan. Inzwischen ist er schon zwanzig, und er hat auch keine Sommersprossen mehr. Groß. Stark …“
„Du musst immer daran denken, dass er stark ist, Jack“, erinnerte ihn Dan. „Gib ihn nicht auf.“
„Er trat ins Marine-Korps ein, obwohl er das nicht hätte tun sollen, und war bei allen Übungen der Beste, er war einfach gut …“
„Ist“, korrigierte ihn Dan. „Kapier’s doch endlich, Mann.“
„Ist gut“, wiederholte Jack. Er trank einen Schluck von dem starken Kaffee. „Ich habe keine Ahnung, was ich Lydie und Liz sagen …“
„Du sagst ihnen, dass er schwer verwundet ist und im Krankenhaus liegt und dass du zu ihm fliegst. Das sagst du ihnen. Du wirst nicht zulassen, dass ihn irgendwer aufgibt. Falls das Schlimmste eintrifft, dann erzählst du es ihnen. Aber vorher erzählst du ihnen nichts Schlimmes.“
„Du hättest ihn sehen sollen, Mann“, sagte Jack und lächelte auf einmal. „Ich habe ihm beigebracht, wie man einen Hammer hält, wie man fischt, wie man schießt. Am Anfang war er so ein kleiner Kauz, voller Pickel und ständig am Kichern. Ich dachte, er würde immer so bleiben. Doch er wurde schnell erwachsen – wie sich herausstellte, sogar ein bisschen schneller, als gut für ihn war. Mensch, ich fühlte mich wie der Vater von diesem Kind …“
„Fühlst“, korrigierte ihn Dan schon wieder. „Du fühlst dich wie sein Vater …“
„Ja, so ist es. So fühle ich mich.“
In dem Augenblick streckte Paige den Kopf durch die Küchentür.„Sie ist schon unterwegs, Jack.“
„Ach, wir hätten sie nicht damit behelligen sollen.“
„Sie will bei dir sein“, sagte Dan. Paige zog sich wieder zurück und ließ sie alleine. „Sie hilft dir, mit der Großmutter und der Freundin zu sprechen. Und dann fliegst du zu Rick. Glaubst du, dass du es schaffst, nach Deutschland zu fliegen? Denn, falls du durchdrehst oder dich nicht im Griff hast, kannst du es vergessen. Dann erträgst du es nicht. Das wäre keine so gute Idee.“
Jack nahm einen letzten Schluck aus seiner Kaffeetasse und sah Dan nachdenklich an. „Ich werde ihn nicht im Stich lassen. Ich glaube, ich hatte einfach einen Schock im ersten Moment.“
„Ja“, stimmte ihm Dan zu. Er stand ganz natürlich hinter dem Tresen, während Jack wie ein Gast an der Theke saß. Dan schenkte ihm noch einmal Kaffee nach und holte anschließend für sich ein Heineken aus dem Kühlschrank. Sie sprachen ein paar Minuten lang ganz ruhig über Rick und was er Jack bedeutete. Und über den Brief, in dem er vor nicht allzu langer Zeit beschrieben hatte, wie gefährlich es in der letzten Zeit in Haditha gewesen war.
Draußen waren Schritte zu hören. Das Geräusch veranlasste Jack, sich vom Barhocker zu erheben und zur Tür zu gehen. Er öffnete sie und entdeckte Mel. Sie sah ihn traurig an und fragte atemlos: „Ricky?“
„Wurde im Irak verwundet. Man hat ihn operiert, um ihn zu stabilisieren, aber da bin ich mir nicht ganz sicher. Er hat Verletzungen am Bein, am Rumpf, am Kopf, überall, und deshalb haben sie ihn nach Deutschland ausgeflogen, in ein Militärkrankenhaus. Mel …“
„Wie geht es dir?“, wollte sie wissen.
„Ich komme schon klar. Die Nachricht hat mich erst mal völlig umgehauen. Wo sind die Kinder?“
„Mike von nebenan ist bei ihnen – sie schlafen.“
„Ich muss es
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