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Zurueck ins Glueck

Titel: Zurueck ins Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Higgins
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weiter.
    Samantha runzelte gereizt die Stirn. Für wen hielt sich dieser Kerl eigentlich? Für Pablos Kindermädchen? »Nein, das glaube ich nicht«, erwiderte sie. »Ich hoffe sogar, er wird sich freuen, mich zu sehen.«
    Pedro schien noch nicht überzeugt zu sein. »Pablo ist ein alter Mann. Ich möchte unliebsame Überraschungen nach Möglichkeit von ihm fernhalten. Er muss sich schonen.« Samanthas Verwirrung wuchs. Pablo konnte nicht viel älter als Kathleen sein, vielleicht Mitte sechzig, er hatte also noch einen guten Teil seines Lebens vor sich.
    »Wie ist Ihr Name?«, riss Pedro sie aus ihren Gedanken.
    »Samantha, Samantha White«, entgegnete sie. Sie konnte ja kaum damit herausplatzen, dass sie Samantha Garcia hieß.
    Pedro fuhr fort, sie eindringlich zu mustern, während er aß. Seine Tischmanieren stießen sie ab. Er nahm die Ellbogen beim Essen nicht vom Tisch und legte seine Gabel nicht ein einziges Mal ab. Bis zu diesem Moment war
ihr gar nicht bewusst gewesen, wie viel Wert sie auf gute Manieren legte. Hör jetzt auf damit, mahnte sie sich. Er gehört nun mal einem anderen Kulturkreis an.
    »Trinken Sie«, forderte Pedro sie brummig auf, dabei deutete er mit der Gabel auf den Wein, den er ihr eingeschenkt hatte. Weder er noch sonstwer in der Bar benutzte richtige Rotweingläser, stellte sie fest. Sie tranken aus kleinen, fußlosen, dickwandigen Gläsern, wie sie sie noch nie gesehen hatte. Samantha nippte vorsichtig an dem Wein, dann nahm sie einen großen Schluck. Es war der beste Wein, den sie je getrunken hatte.
    »Mein Gott, schmeckt der köstlich«, japste sie, während sie versuchte, das Etikett auf der Flasche zu erkennen.
    Pedro warf den Kopf in den Nacken und brach in Gelächter aus. Wenn er lachte, hellte sich sein ganzes Gesicht auf, seine Körpersprache änderte sich von Grund auf, und er wirkte plötzlich warmherzig und freundlich. Samantha fragte sich, ob es an dem Wein lag, den er mit solchem Genuss trank, oder ob sie etwas gesagt hatte, was ihn freute, auf jeden Fall hatte sich seine Laune bedeutend gebessert. Er füllte sein Glas erneut und bedeutete ihr, ihren Wein auszutrinken, damit er ihr nachschenken konnte.
    »Das ist der beste Wein hier in der Gegend.« Er lächelte breit. »Er stammt nämlich von Pablo.«
    Seine Worte versetzten Samantha einen Stich ins Herz. Sie trank den Wein ihres Vaters! Ihre Augen leuchteten auf, und Pedros Lächeln wurde noch wärmer. Anscheinend war er endlich zu der Überzeugung gelangt, dass sie doch keine potenzielle Axtmörderin war. Vielleicht würde er sich jetzt bereitfinden, ihre Fragen zu beantworten.

    Ein paar Minuten später entschuldigte Pedro sich und stand auf. Samantha nahm an, dass er die Toilette aufsuchen wollte, denn er verließ die Bar nicht durch den Vordereingang, sondern stieg eine Treppe im hinteren Teil des Raumes hinauf. Dank des Weines war ihre Nervosität verflogen, und die feindseligen Blicke, mit denen Maria sie von der Theke aus permanent durchbohrte, prallten wirkungslos an ihr ab. Sie wurde auch von keinem der anderen Männer mehr mit Annäherungsversuchen belästigt. Seit sie sich mit Pedro an den Tisch gesetzt hatte, schenkte man ihr keine Beachtung mehr.
    Pedro war rasch wieder zurück. »Kommen Sie«, forderte er sie auf und machte schon wieder auf dem Absatz kehrt.
    Samantha erhob sich und griff nach ihrer Tasche. Sie hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten, als er die Treppe hinaufstürmte. Zu ihrer Überraschung war der obere Stock hell und freundlich. Die großen Fenster gingen auf den Marktplatz der Altstadt hinaus, die, wie ihr allmählich dämmerte, offenbar mit La Herradura gemeint war. Die Tische waren mit weißen Tüchern und Leinenservietten gedeckt, und zu Samanthas Erleichterung befanden sich auch ein paar Frauen unter den Gästen, die sich trotzdem zu neunzig Prozent aus Vertretern des männlichen Geschlechts zusammensetzten. Wo stecken bloß all die anderen Frauen, wunderte sich Samantha, als sie Pedro zu einem der Tische am Fenster folgte.
    Er drehte sich zu ihr, als sie neben ihm stehen blieb.
    »Samantha, das ist Pablo Garcia«, stellte er vor, dabei nickte er zu dem Mann am Tisch hinüber.
    Samantha meinte, plötzlich zu Eis zu erstarren. »Pablo?«, flüsterte sie. Mit einem Mal kam sie sich so
vor, als wäre sie wieder fünf Jahre alt. »Ich bin es, Samantha.«
    Den Mann, der jetzt zu ihr aufblickte, hatte sie sich ganz anders vorgestellt. Er sah aus, als sei er schon weit in den Siebzigern, und

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