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Zurueck ins Glueck

Titel: Zurueck ins Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Higgins
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einen schwarzen Pullover mit rundem Halsausschnitt und darunter ein hellblaues Jeanshemd. Auch im Haus trennte er sich nicht von seiner Baseballkappe; sie war gleichfalls schwarz, und auf der Vorderseite prangte der Werbeaufdruck einer Zigarettenmarke.
    Ihr Blick blieb auf seinem Gesicht haften. Obwohl sie sich nur schwach und noch dazu aus der Sicht eines Kindes an ihn erinnerte, wirkte er entschieden älter, als sie erwartet hatte. Mindestens zwanzig Jahre älter als James Judge, stellte sie fest, obwohl die beiden Männer beinahe gleichaltrig sein mussten. Pablo war in den Sechzigern, sah aber aus, als ginge er bereits auf die achtzig zu. Das Leben im Freien und die harte körperliche Arbeit hatten ihre Spuren hinterlassen, beruhigte sie sich. Aber warum
wies seine olivfarbene Haut dann einen ungesunden gräulichen Schimmer auf? War er am Ende etwa krank?
    »Setz dich doch«, riss er sie aus ihren Gedanken. Offenbar hatte er sich ihr zuliebe einige Mühe gemacht. Der Tisch war mit einer weißen Leinendecke gedeckt, darauf lag ein Laib frisches Brot, daneben standen Teller mit Wurst und Käse. Samantha unterdrückte ein leises Stöhnen. Wie sollte sie ihm klarmachen, dass sie morgens außer schwarzem Kaffee kaum etwas herunterbrachte?
    Pablo kam mit einer Platte mit kleinen Kuchen und einer großen Kanne mit starkem, schwarzem Kaffee an den Tisch und setzte sich zu ihr.
    »Der Kaffee riecht köstlich«, lobte sie.
    »Dann trink ihn, solange er heiß ist.« Pablo füllte den Becher neben ihrem Teller mit dem dampfenden Gebräu. »Und hier habe ich ein besonders gutes Stück Chorizo für dich. Und iberischen Schinken – den besten auf der Welt.« Seine Augen leuchteten vor Stolz. Samantha nickte schwach und nahm sich ein Stückchen Chorizo.
    Pablo starrte sie entgeistert an. »Mehr willst du nicht essen? Davon wird ja nicht mal ein Vogel satt!«
    Samantha sah ihn an und musste plötzlich lachen. Einen Moment lang fühlte sie sich nach Salthill zurückversetzt, sie war wieder ein kleines Mädchen, und genau dieser Mann versuchte, sie dazu zu bewegen, ein Fischstäbchen zu essen. »Das erinnert mich irgendwie an meine Kindheit«, erklärte sie ihm, doch er hatte schon begriffen und fing gleichfalls an zu lachen.
    »Ich freue mich so, dass du hier bist, meine kleine Sami. Ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen...« Er brach ab, streckte eine Hand aus und schob eine Locke hinter ihr Ohr zurück.

    »Was ist mit Enrique? Wie geht es meinem Sohn?«, fragte er dann. Seine Stimme klang stolzerfüllt und traurig zugleich; eine Mischung, die Samantha ins Herz schnitt.
    »Es geht ihm ausgezeichnet, Pablo. Er ist groß geworden, größer sogar als Pedro. Wusstest du, dass er als Gärtner arbeitet?«
    »Nein! Mein Junge – ein Gärtner?« Pablo nahm seine Kappe ab und fuhr sich mit der Hand durch das Haar.
    »Heutzutage nennen sie sich Landschaftsgestalter, damit sie mehr Geld scheffeln können, aber im Grunde genommen kommt es auf dasselbe heraus. Er liebt seinen Job sehr, und die Kunden reißen sich geradezu um ihn. Ich glaube, seine Arbeit macht ihm großen Spaß.«
    »Und du, mi cosa guapa ? Wie sieht dein Leben aus? Ist es von Liebe erfüllt?«
    Die Frage traf sie völlig unverhofft. Während des Fluges nach Spanien hatte Samantha beschlossen, Pablo auf keinen Fall mit ihren Problemen zu belasten. Sie würde weder das Fiasko ihres Hochzeitstages noch die Judges noch den erbärmlichen Zustand ihrer Mutter erwähnen – nichts von alledem; sie wollte ihm keinesfalls unnötig Kummer bereiten. Sie war alt genug, um selbst damit fertig zu werden. Doch als er sie nach Liebe in ihrem Leben fragte, war es um ihre Fassung geschehen. Ihre Augen begannen zu brennen, sie biss sich auf die Lippe, und er breitete die Arme aus, als sie in Tränen ausbrach. Samantha schmiegte sich Trost suchend an ihn.
    »Ach, Pablo, du ahnst ja gar nicht, was für ein Scherbenhaufen mein Leben ist. Ich glaube, ich habe alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann. Ich kann dir gar nicht sagen, wie furchtbar alles ist!«

    »Das musst du auch nicht«, seufzte er, über ihre langen blonden Locken streichend. »Ich sehe es in deinen Augen, chica . Dein Herz spiegelt sich darin wider.«
     
    Am Sonntagabend war Stephanie Judge so nervös wie ein Schulmädchen vor ihrer ersten Verabredung. Sie hatte fünf verschiedene Outfits probiert; drei davon hatte sie sich extra für den morgigen Tag gekauft. Es würde der erste Arbeitstag ihres Lebens

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